Hörer machen ProgrammSchließung der Sternbach-Klinik in Schleiz: Wer stellt Versorgung sicher?
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft warnt schon länger vor einer Insolvenzwelle der Krankenhäuser. Die Kliniken würden sich seit zwei Jahren in einer wirtschaftlichen Schieflage wie nie zuvor befinden. Immer wieder gehen einzelne Krankenhäuser insolvent oder müssen geschlossen werden. So auch die Sternbach-Klinik in Schleiz.
- Der Versorgungsauftrag für die stationäre Behandlung liegt beim jeweiligen Träger des Krankenhauses.
- In Schleiz ist der Träger der Sternbach-Klinik privat – dennoch setzt die Schließung die Stadt unter Druck.
- Sie muss entscheiden, ob sie die Klinik retten oder den Standort aufgeben will.
Die Sternbach-Klinik in Schleiz ist insolvent und wird geschlossen. Das treibt auch MDR AKTUELL-Hörer Jürgen Reuß aus Saalfeld um. "Bei der ambulanten Versorgung ist es so, dass die Kassenärztliche Vereinigung den Versorgungsauftrag hat", schreibt er und will wissen: "Wer hat denn den Versorgungsauftrag für die stationäre Behandlung – der Kreis, das Land, der Bund?"
Versorgungsauftrag liegt bei Träger des Krankenhauses
Eigentlich ist die Antwort einfach: Den Versorgungsauftrag hat der Träger des Krankenhauses: bei einer Uniklinik das Land, bei einem kommunalen Haus die Stadt oder der Landkreis, hinzu kommen private oder kirchliche Betreiber. Außerdem regelt das Land, welche Leistungen ein Krankenhaus anbietet.
Für Thüringen erklärt das Rainer Poniewaß, Geschäftsführer der dortigen Krankenhausgesellschaft. "Das geschieht über einen Krankenhausplan, der vom Sozialministerium erlassen wird. Wir haben in Thüringen gut 40 Krankenhäuser, die die Versorgung in den vier Versorgungsgebieten in Thüringen sicherstellen."
Sternbach-Klinik in Schleiz: Schließung setzt Stadt unter Druck
Wenn nun aber ein Krankenhaus seinen Auftrag nicht mehr erfüllen kann, wird die Antwort komplizierter. In Schleiz stehen durch die Schließung vor allem die Stadt und der Landkreis unter Druck, obwohl es hier um einen privaten Betreiber geht.
Gesundheitsökonom Boris Augurzky beschreibt das Problem: "Wenn es ein kommunales Krankenhaus ist, dann trägt die Kommune das Defizit. Das kann eine Belastung sein, die geht in die Millionen. Wenn es kein kommunales Krankenhaus ist – wir haben ja auch private Träger –, dann hat die Kommune erstmal nichts damit zu tun, außer dieser andere Träger möchte das Krankenhaus nicht mehr weiterbetreiben. Dann kann es passieren, dass das Krankenhaus irgendwie an die Kommune zurückfällt."
Kommune muss entscheiden: Retten oder aufgeben?
Die steht in beiden Fällen vor einer unangenehmen Entscheidung: Soll sie versuchen, die Klinik mit noch mehr Geld zu retten oder gibt sie den Standort auf? Das ist laut Gesetz möglich, wenn innerhalb von 30 Fahrminuten andere Krankenhäuser zu erreichen sind.
Ein Beispiel dafür ist Reichenbach im Vogtland. Seit 2023 gibt es dort keine stationäre Versorgung mehr. Was das bedeutet, erklärt Oberbürgermeister Henry Ruß. "Wir haben im Umkreis die Klinik in Greiz. Das nächste ist dann Zwickau, Rodewisch und Plauen. Und das ist durchaus auch mit Verzögerungen der Aufnahme verbunden, was natürlich auch die Bevölkerung so widerspiegelt, dass das ein kräftiger Rückschritt ist."
Thüringer Krankenhausgesellschaft: "Systematisches Problem in der Finanzierung"
Da aber immer mehr Krankenhäuser über Defizite klagen, wird nicht nur vor Ort nach Lösungen gesucht. In Schleiz hatte die Landesregierung noch im Frühjahr mit zwei Millionen Euro versucht zu retten, was nun nicht mehr zu retten ist. Für andere angeschlagene Häuser plant sie Darlehen in Höhe von insgesamt 100 Millionen Euro.
Rainer Poniewaß von der Thüringer Krankenhausgesellschaft sieht darin jedoch nur ein Herumdoktern an Symptomen. "Wir haben ein systemisches Problem in der Krankenhausfinanzierung – und das betrifft alle Krankenhäuser. Die ersten Auswüchse sehen wir: Wir haben Insolvenzen. Wir dürfen nicht die Ursache bei den einzelnen Häusern suchen, sondern wir müssen uns die Frage stellen: Wo muss der Gesetzgeber auch die systemischen Veränderungen schaffen, dass diese Unterfinanzierung endet?"
Damit nimmt Rainer Poniewaß auch den Bund in Verantwortung, spricht den Streit um die geplante Krankenhausreform an. Spätestens hier wird deutlich: Zwar gibt es die einfache Antwort auf die Frage von Hörer Jürgen Reuß – den Versorgungsauftrag hat der Träger des Krankenhauses –, doch sie gilt nur, solange alles nach Plan läuft. Und das tut es vielerorts nicht mehr.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 27. August 2024 | 06:24 Uhr