Kurz vor LandtagswahlNach Demo gegen AfD in Jena: Kritik an Polizeieinsatz - Höcke-Auftritt abgesagt
Aufgeheizte Stimmung in Jena kurz vor der Landtagswahl: Am Dienstagabend haben rund 2.000 Demonstranten gegen eine AfD-Veranstaltung mit Landeschef Björn Höcke protestiert. Der Auftritt wurde nach Blockaden abgesagt.
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Die Stadt Jena hat den Polizeieinsatz am Rande einer AfD-Veranstaltung am Dienstagabend als angemessen bewertet. Der stellvertretende Oberbürgermeister Christian Gerlitz (SPD) sagte MDR THÜRINGEN, es sei zwar während des Einsatzes zu Konflikten gekommen. Das Verhalten der Polizei sei aber angemessen gewesen.
Größtenteils friedliche Proteste gegen AfD
Die AfD hatte am Dienstagabend einen so genannten Bürgerdialog im Stadtteil Jena-Lobeda angemeldet. Dabei sollte auch AfD-Chef Björn Höcke auftreten. Laut Polizei hatten sich bis zu 2.000 Gegendemonstranten versammelt. Höcke wurde wenige Meter vor dem Veranstaltungsort daran gehindert, mit seinem Auto weiterzufahren.
Die Veranstaltung wurde daher abgebrochen. Gerlitz sprach von einem beeindruckenden Gegenprotest, der zum weit überwiegenden Teil friedlich gewesen sei. Die Polizei habe den Auftrag gehabt, der AfD ihre Veranstaltung zu ermöglichen. Bei dem Versuch, das Versammlungsrecht durchzusetzen, sei es wohl aber etwas rabiater geworden. "Aber die Beamten haben nicht versucht, das Versammlungsrecht um jeden Preis durchzusetzen", so der SPD-Politiker.
Kritik von Thüringer AfD
Die Thüringer AfD reagierte dagegen mit Kritik. Landessprecher Torben Braga sagte MDR THÜRINGEN, es sei offenkundig, dass die Polizei nicht über den notwendigen politischen Rückhalt verfüge, um das Demonstrationsrecht der stärksten Oppositionspartei in Thüringen zu gewährleisten.
"Der Thüringer Innenminister sollte der Polizei ein Zeichen geben, dass dieses Recht durchzusetzen ist", sagte Braga. Seinen Angaben nach haben die Gegendemonstranten möglicherweise weitere Verstöße gegen das Strafgesetzbuch begangen - wie etwa Landfriedensbruch und Nötigung.
AfD-Sprecher Stefan Möller sprach in den sozialen Medien von Zuständen wie in der Weimarer Republik, nur, dass die Gewalt ausschließlich von linken Anhängern der Regierung ausgehe.
Bündnis: Polizei ging zu harte gegen Protestierende vor
Kritik am Polizeieinsatz gibt es auch aus dem Lager der Demonstrantinnen und Demonstranten. Das Bündnis "Rechtsruck stoppen" sprach von einem Polizeieinsatz mit schockierender Härte. "Teilweise wurde Demonstranten von den Polizisten ins Gesicht geschlagen", sagte Bündnissprecherin Lena MDR THÜRINGEN.
Zu möglicherweise gewaltbereiten Gegendemonstranten kann sie nach eigenen Angaben nichts sagen. Das Bündnis habe vor der Demonstration zu friedlichen Protesten aufgerufen. Mit dem Ergebnis der Gegendemonstration sei sie aber sehr zufrieden: "Das war ein sehr großer Erfolg. Wir haben uns dem Auftritt des Faschisten Höcke in Jena widersetzen können. Er konnte nicht auftreten dank des sehr breiten und bunten zivilgesellschaftlichen Protestes."
Auch Linken-Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss kritisierte den Polizeieinsatz und forderte Aufklärung vom Innenminister. Wer gegen Nazis kämpfe, könne sich auf den Staat überhaupt nicht verlassen, sagte die Linke-Politikerin mit Blick zum Vorgehen der Polizei.
Polizei weist Kritik zurück
Die Polizei wehrt sich gegen die Kritik von Links und Rechts. Daniel Müller von der Landespolizeiinspektion Jena sagte MDR THÜRINGEN, der größte Teil der Gegendemonstranten sei zwar friedlich gewesen. "Aber eine hohe zweistellige Zahl von Demonstranten war gewaltbereit - und auch gewalttätig gegenüber Polizisten", so Müller.
Seinen Angaben nach versuchten Gegendemonstranten, auf das Veranstaltungsgelände der AfD zu gelangen und dabei auch eine Kette von Beamten zu durchbrechen. Es sei versucht worden, die Situation mit Worten zu deeskalieren. "Bei einigen half das aber nicht, so dass einfache körperliche Gewalt in Form von Wegschieben angewandt wurde. Und als ultima ratio wurden auch vereinzelt Schlagstöcke und Pfefferspray eingesetzt."
Höcke von Demonstrierenden aufgehalten
Nach Angaben von Müller traf AfD-Chef Höcke kurz vor 19 Uhr am Veranstaltungsort ein. Als er mit seinem Auto auf das Gelände fahren wollte, seien sofort etliche Demonstranten auf das Auto zugelaufen, so Müller.
Es sei versucht worden, das Versammlungsrecht der AfD durchzusetzen. Wegen der Gefahr, die von den gewaltbereiten Demonstranten ausging, habe die Veranstaltung aber abgebrochen werden müssen. Das sei in Absprache mit dem Personenschutz von Höcke entschieden worden.
Thüringen wählt am 1. September neuen Landtag
In Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. Die AfD steht in jüngsten Umfragen bei rund 30 Prozent und könnte somit stärkste Kraft werden. Das Landesamt für Verfassungsschutz stuft die AfD in Thüringen als gesichert rechtsextrem ein.
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MDR (vle/cfr)/dpa/epd
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 21. August 2024 | 08:30 Uhr
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