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Familienlotsen in JenaBabys und der Alltag: Projekt hilft bei schwierigem Start ins neue Leben

24. März 2023, 11:13 Uhr

Selig schlummert der kleine Kuno in seinem Bettchen. Erst vor einer Woche im Uniklinikum Jena geboren und schon der ganze Stolz von Mama Nicole Stein und deren Mann. Kuno wird es gut haben, hat Mama und Papa, die sich liebevoll um ihn kümmern werden. Doch ganz so idyllisch wie bei Nicole Stein aus Kahla ist der Alltag mit einem Baby nicht in jeder Familie. Dennoch müssen sich werdende Eltern aus Jena und Umgebung nicht alleine fühlen, ein neues Projekt soll sie bei Problemen unterstützen.

von Juliane Maier-Lorenz, MDR THÜRINGEN

Familienlotse nennt sich das Projekt, bei dem alle Schwangeren, die am Uniklinkum Jena entbinden wollen, beim Aufnahmegespräch im Kreißsaal einen Fragebogen ausfüllen müssen.

Freiwillig können auf diesem Angaben zum Beziehungsstatus, eventuellen Alkohol- und Drogenproblemen, zum Migrationshintergrund, traumatischen Geburtserlebnissen bei schon geborenen Kindern und dem Gesundheitszustand des Neugeborenen gemacht werden.

Das alles hilft Familienlotsin Liane Menke, die werdenden Eltern frühzeitig an passende Ansprechpartner zu vermitteln. "Je früher wir den Unterstützungsbedarf erkennen, umso eher können wir darauf reagieren", erklärt die Sozialpädagogin ihre Arbeit seit Januar.

Ein Baby: Alltag einer Familie ändert sich

Dabei greift sie auf ein großes Netzwerk zurück. Für das Projekt wurden zahlreiche Kooperationspartner - etwa die Stadt Jena, die Frühen Hilfen, Psychologen und Sozialarbeiter - mit ins Boot geholt. Etwa 250 Schwangere haben den Fragebogen seit Januar ausgefüllt, 45 von ihnen eine Beratung in Anspruch genommen.

"Wenn in der Familie ein Kind erwartet wird, eine Frau schwanger ist, ändert sich ja wirklich alles, das ganze Leben muss neu strukturiert werden. Es entstehen viele Fragen, auf die einfach Antworten gesucht werden", weiß Liane Menke. Gibt es psychische Probleme bei der Frau, gibt es gar Gewalt in der Familie? All das kann mit Hilfe des Fragebogens und Gesprächen mit den werdenden Müttern erfasst werden.

Mehr sozial gefährdete Familien in der Betreuung

Der Bedarf dafür sei durchaus vorhanden, hat auch Professor Ekkehard Schleußner, Direktor der Klinik für Geburtsmedizin, festgestellt. Die Schere zwischen Arm und Reich werde in Deutschland immer größer, das mache sich auch besonders in Thüringen mit seinen ländlichen Regionen bemerkbar.

"Ich habe schon das Gefühl, dass wir mehr sozial gefährdete junge Familien hier bei uns in Betreuung haben. Natürlich sind das auch Familien mit einem Migrationshintergrund, aber auch solche, die nicht mehr den sozialen Rückhalt und auch nicht die ökonomischen Möglichkeiten haben, eine junge Familie zu gründen", berichtet Schleußner.

Großes Problem: Alkohol während der Schwangerschaft

Auch sei der Konsum von Drogen insbesondere von Amphetaminen wie Crystal in Thüringen in den vergangenen zehn Jahren gestiegen. Alkohol während der Schwangerschaft spiele eine immer größere Rolle.

"Das sind alles Puzzle-Teile, die in der Summe ein Gesamtbild ergeben, das eben zeigt, dass auch in einer wohlhabenderen Stadt wie Jena solche Unterstützungsmaßnahmen dringlich sind", sagt der Chef der Geburtsklinik.

Das Projekt in Jena ist vorerst auf ein Jahr angelegt und soll nach den Willen der Initiatoren danach in den Klinikalltag übergehen. Auch in Saalfeld, Sömmerda und Mühlhausen gibt es mit den "Babylotsen" solche Unterstützungshilfen für werdende Eltern.

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MDR (co)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 24. März 2023 | 19:00 Uhr

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