Riesige Forschungsmöglichkeiten Jenaer Wissenschaftler rekonstruieren Bakterien aus der Steinzeit
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04. Mai 2023, 20:14 Uhr
Wissenschaftler haben es geschafft, Naturstoffe neu herzustellen, die vor 100.000 Jahren von Bakterien produziert wurden. Weltweit ist das eine Sensation, denn dadurch eröffnen sich riesige Forschungsmöglichkeiten.
Erstmals ist es Forschern gelungen, Bakterien aus der Steinzeit zu rekonstruieren und deren Naturstoffe wiederherzustellen. Dieses Ergebnis wurde nun in der renommierten Wissenschaftszeitschrift "Science" veröffentlicht. Beteiligt waren Forscher vom Jenaer Leibniz-Institut für Naturstoffforschung und Infektionsbiologie und vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie.
Die Wissenschaftler haben es geschafft, Naturstoffe neu herzustellen, die vor 100.000 Jahren von Bakterien produziert wurden. Dafür nutzten sie den Zahnstein von Neandertalern und Frühmenschen und isolierten daraus einzelne DNA-Fragmente von Bakterien. Mit Hilfe modernster bioinformatischer Methoden wurden diese Bruchstücke dann, wie bei einem enormen Puzzlespiel, wieder zusammengesetzt. Selbst unbekannte Gene konnten so rekonstruiert werden. Das Ergebnis sind Erbinformationen längst ausgestorbener Bakterien.
Riesige Forschungsmöglichkeiten
Die DNA dieser uralten Bakterien wurde dann synthetisiert, kloniert und in moderne, heutige Bakterien eingefügt. Diese sind in der Lage, denselben Naturstoff zu produzieren, wie die uralten, bisher unbekannten Bakterien. Weltweit ist das eine Sensation, denn dadurch eröffnen sich riesige Forschungsmöglichkeiten. Durch die neue Methode kann die chemische Vielfalt von Mikroben genutzt werden, die im Laufe der Erdgeschichte lebten. Wichtig ist das für die Suche nach neuen Antibiotika.
Bakterien stellen eine Vielzahl spannender Chemikalien her, sogenannte Naturstoffe, darunter auch Antibiotika und therapeutische Wirkstoffe. Bisher suchten Forscher nur in heute lebenden Bakterien danach. Mit der neuen Methode kann nun auch in ausgestorbenen Bakterien danach gefahndet werden. Der Vorteil: Gegen die uralten Naturstoffe bestehen hoffentlich noch keine weit verbreiteten Resistenzen.
Neues Forschungsfeld der Paläobiotechnologie
An diesem Forschungserfolg sind im Wesentlichen zwei Forschergruppen beteiligt: Eine vom Jenaer Leibniz-Institut für Naturstoffforschung und Infektionsbiologie um den Chemiker Pierre Stallforth und eine um Christina Warinner vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie aus Leipzig.
Erstmals haben nun Archäologen, Bioinformatiker, Chemiker und Molekularbiologen fachübergreifend zusammengearbeitet. Und zwar so erfolgreich, dass sich daraus das neue Forschungsfeld der Paläobiotechnologie entwickelte. Dieser Forschungsbereich wird noch bis 2030 von der Werner-Siemens-Stiftung gefördert.
MDR (sar)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 05. Mai 2023 | 19:00 Uhr
weils so nicht unwidersprochen bleiben darf am 05.05.2023
Naja. DNA-Bruchstücke einbauen, "Naturstoffe", also wohl Proteine synthetisieren lassen - ein schon etwas älterer Hut. "Weltweit eine Sensation"? Eher schon ein weiterer Beitrag auf einem Forschungsgebiet, auf dem man zur Zeit "weltweit" schnell Fortschritte macht.
Bruchstücke "aus der Steinzeit" zur Antibiotika-Gewinnung?
Klar - es ist MÖGLICH, dass man grade in so einem "Bruchstück" zufällig etwas Nutzbares findet. Aber man sucht da eine Nadel ausgerechnet in einem sehr abgelegenen und schwer zu erreichenden Heuhaufen - ohne Indiz dafür, dass grade in diesem Haufen die Wahrscheinlichkeit, etwas zu finden, besonders hoch wäre. Sicher ist nur der höhere Aufwand.
Aber: ein Forschungsbeitrag, mutzbar in Archäologie, Paläobiologie etc. - durchaus. Gratulation an die Forscher.
Hobby-Viruloge007 am 05.05.2023
Gab es nicht gerade im Zusammenhanfǵ mit Gain of Function Forschung eine Sicherheitsdiskussion?
Was passiert wenn die Bakterien freigesetzt werden?
Germinator aus dem schoenen Erzgebirge am 04.05.2023
Na dann schmecken lassen. Lach
☝️🍀