Forschung und Entwicklung Tüftler vom Uniklinikum Jena bauen Spezialtechnik für die medizinische Forschung

13. Oktober 2022, 05:00 Uhr

In einem Keller im Stadtzentrum von Jena entwickeln die Tüftler des Uniklinikums Unikate für die medizinische Forschung. Dabei ist ihr Geheimnis unter anderem eine "Schatzkammer" aus DDR-Zeiten.

In einem unscheinbaren Gebäude gleich gegenüber der "Keksrolle" - dem stadtbildprägenden Tower von Jena - haben besondere Werkstätten ihren Sitz. Hier entwickeln die Techniker der Werkstätten des Uniklinikums Jena (UKJ) all das, was in den Forschungsbereichen benötigt wird. Einzelstücke, die es nicht von der Stange zu kaufen gibt. Vorrichtungen, die für einen ganz bestimmten Einsatzzweck gedacht sind. In ihrem Reich im Keller machen die sieben Männer scheinbar Unmögliches möglich.

Hobby zum Beruf gemacht

"Wir sind alles Tüftler, die auch in ihrer Freizeit gerne an etwas herumbasteln", sagt Holger Ginter, der Chef der Werkstätten. Er und seine Kollegen hätten quasi ihr Hobby zum Beruf gemacht. So wie Peter Hachenburg, der seit 1985 in den Werkstätten arbeitet und damals seine Ausbildung zum Elektroniker hier absolviert hat. Gemeinsam mit seinem Kollegen Albrecht Pecker arbeitet er gerade an einer Vorrichtung, die die Belastbarkeit von Gesichtsmuskelfasern messen kann.

Wir sind alles Tüftler, die auch in ihrer Freizeit gerne an etwas herumbasteln.

Holger Ginter Chef der Werkstätten

Daran wollen die Forscher am Uniklinikum zum Beispiel die Arbeit mit Schlaganfallpatienten verbessern. Das Gerät ist fast fertig. Dort, wo später einmal die Muskelfaser eingespannt wird, hängt jetzt noch ein Musterfaden. Wenn Pecker an einer Schraube dreht, kann er auf dem Computermonitor sehen, wie sich die Belastungskurve verändert.

Technik für die ganz speziellen Fälle

Seit 1970 gibt es die Forschungswerkstätten in Jena, damals machte der Mangel an Geräten die Mitarbeiter erfinderisch. Seitdem haben sie hier Tausende Aufträge aus dem gesamten Uniklinikum bearbeitet.

Das war ganz schön kompliziert, hier eine Lösung für die verschiedenen Messungen zu finden.

Andreas Tümptner Spezialist für Feinmechanik

Die Feinmechanik ist das Reich von Andreas Tümptner. Hier gibt es verschiedene Drehmaschinen, auf denen Metallteile für die Apparaturen hergestellt werden. In der Mitte seiner Werkstatt steht eine komplizierte Vorrichtung, mit der am Uniklinikum das Verhalten von Knochen getestet wird. Dazu spannt Tümptner ein Unterschenkelmodell samt Fußknochen in die Halterung ein. An verschiedenen Reglern kann er einstellen, welcher Druck auf dem Unterschenkel lastet, außerdem kann das Sprunggelenk verdreht werden. "Das war ganz schön kompliziert, hier eine Lösung für die verschiedenen Messungen zu finden", sagt Tümptner. "Aber wir haben es geschafft."

Thomas Thierbach ist in den Werkstätten der Fachmann für Kunststoff und Bleche. Er stellt Gehäuse für verschiedene Bereiche am Uniklinikum her, zum Beispiel sogenannte "Faraday'sche Käfige". Sie werden an Spezialmikroskopen eingesetzt und wirken als elektrische Abschirmung. Unverzichtbar, wenn es zum Beispiel um Zellforschung geht.

"Schatzkammer" aus der DDR-Zeit

Doch auch einfachere Konstruktionen und auch Reparaturen erledigen die Mitarbeiter in den Werkstätten. Zum Beispiel an älteren Geräten, für die es eigentlich keine Ersatzteile mehr gibt. Dann gehen die Mitarbeiter in ihre "Schatzkammer" im Keller. Hier finden sich in großen alten Holzschränken mit Hunderten Schubkästen die besonderen Stücke: Widerstände, Spulen und Transformatoren, aber auch Kondensatoren oder kleine LED-Anzeigen, vor vielen Jahren noch in der DDR gebaut.

Egal, mit welchen Aufträgen die Forschungsbereiche in die Werkstätten kommen: Jedes Projekt wird im Team besprochen und gemeinsam geplant. Von den ersten Zeichnungen bis zum fertigen Gerät wird alles in Eigenregie entwickelt. Dazu gehören auch dreidimensionale Modelle und die Programmierung der Messelektronik.

"Genau wegen dieser Vielfalt arbeite ich gern hier", sagt Albrecht Pecker. "Das ist ein gutes Miteinander, und nur so funktioniert das auch."

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MDR (adr/cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 12. Oktober 2022 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

Karl Schmidt am 14.10.2022

Das könnten sogenannte "Augen" sein.

martin am 13.10.2022

Dass Sie diese spezielle Gesichtsvorrichtung nicht kennen (wollen), wundert mich in Anbetracht Ihrer Kommentare bei MDR Th nicht wirklich.

salzbrot am 13.10.2022

wahrscheinlich die schönsten Arbeitsplätze in Thüringen. Nette Leute, kreative Arbeit.

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