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Zum MitnehmenPfandgefäße in der Gastronomie: Neue Regeln und noch viele Fragen

02. November 2022, 08:08 Uhr

Es wird vielfältiger in der Gastronomie mit einer Verordnung, die Mehrwegangebote verlangt. Ab kommendem Jahr gilt sie mit Einweg-, Mehrweg-, Pfand- und Mitbringvarianten. Was bedeutet das für Gastronomen, etwa in Jena?

von Olaf Nenninger, MDR THÜRINGEN

Durch die ab 1. Januar 2023 geltende Mehrwegangebotspflicht muss die Gastronomie ihren Kunden Pfandbehälter für Getränke und Essen anbieten. Parallel dazu soll es aber weiterhin Einwegverpackungen geben dürfen. Die Kundschaft kann sich dann entscheiden, ob sie nach dem Essen die Verpackung wegwerfen oder zurückbringen will.

Die Verordnung betont dabei ausdrücklich, dass es für die Kunden keinen Preisunterschied zwischen Produkten in Einweg- oder Mehrwegverpackungen geben dürfe. Kleine Betriebe mit maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche und nicht mehr als fünf Beschäftigten, also beispielsweise Imbissbuden, sollen ihre Produkte auch in von den Kunden mitgebrachte Behältnisse abfüllen dürfen.

Gastroverband sieht noch viele offene Fragen

Der Gastroverband Dehoga Thüringen hat ein nach eigener Aussage "gespaltenes Verhältnis" zur kommenden Mehrwegangebotspflicht. Hauptgeschäftsführer Dirk Ellinger sieht im Gespräch mit MDR THÜRINGEN zwar auch dringenden Handlungsbedarf mit Blick auf die gewaltigen Mengen Mülls durch Einwegverpackungen, dennoch seien viele Fragen nicht geklärt.

Wie sollen die Mehrwegsysteme vor Ort so gut gereinigt werden, dass sie anschließend wieder über den Tresen gehen können? Außerdem: Wer haftet bei Schäden, die durch mitgebrachte Kundenbehälter entstehen? Soll heißen, angenommen ein Kunde bekäme eine Lebensmittelvergiftung nach dem Verzehr aus dem eigenen Behälter, lag es dann am Fleischsalat oder an möglichen Lebensmittelresten in der Tupperdose?

Jenaer Gastronom: Bisher nichts passiert

Bei diesem mittlerweile recht alten Zankapfel der Gastroszene winkt Thomas Günther ab. Sein Restaurant Liebstöckel.tagesbar in Jena nimmt seit Langem auch Behälter von Kunden entgegen. Sie nehmen ihr Mittagessen dann zumeist mit ins Büro. Passiert sei bisher nichts. Das Personal nehme die privaten Boxen natürlich vorher in Augenschein. Sind sie verdreckt, dann fülle das Personal auch nichts hinein. Für Günther ist das alles "eine Frage des gesunden Menschenverstands".

Gastronomie & Verpackungsmüll770 Tonnen Verpackungsmüll am Tag entstehen allein durch Take-Away-Produkte der Gastronomie. Diese Zahl hat das Bundesministerium für Klimaschutz kürzlich veröffentlicht. Laut Naturschutzbund Deutschland waren es 2017 sogar noch 350.000 Tonnen, umgerechnet also mehr als 950 Tonnen täglich, die durch Einweggeschirr, Transportbehälter oder Kaffeebecher aus Pappe anfielen. Mit einer neuen Verordnung will die Bundesregierung diesen gewaltigen Müllberg ab kommendem Jahr weiter verringern.

Wenn sie es nicht bereits getan haben, müssen sich nicht nur die Thüringer Gastronomen demnächst mit unterschiedlichen Mehrwegverpackungssystemen auseinandersetzen. Bei Kaffeebechern ist seit Jahren das Recup-System ein vertrautes Bild in vielen Cafés. Vom selben Anbieter gibt es auch Mehrwegverpackungen für Speisen.

Viele weitere Unternehmen wollen auf dem hart umkämpften Mehrweg-Markt mitspielen. Egal für welchen Anbieter sich ein Gastrobetrieb entscheidet, er zahlt eine fixe Systemgebühr für die Nutzung des Geschirrs. Die Kunden wiederum hinterlegen Pfand, wenn sie ihren Cappuccino oder die Pommes in wiederverwendbarem Plastik verpackt haben wollen. Bei Bechern ist das zumeist ein Euro. Für sogenannte Bowls, also Schalen mit Deckel, können bis zu fünf Euro Pfand fällig werden.

Je mehr Gastrobetriebe sich einem System anschließen, desto leichter setzt sich bei den Kunden ein derartiges Pfandsystem durch, da die wenigsten Menschen immer wieder in denselben Laden laufen wollen, um ihren Becher zurückzugeben. Allerdings kann auf diese Weise ein System schnell eine marktbeherrschende Stellung einnehmen.

Verschiedene Modelle bei McDonald's und Burger King

Auch die großen Fastfood-Ketten müssen ab 2023 Mehrwegverpackungen anbieten. McDonald's testet seit geraumer Zeit in ausgewählten Berliner und Münchner Filialen ein selbst entwickeltes System, das Ende des Jahres bundesweit eingeführt werden soll. Laut eigener Darstellung soll jede Verpackung einen Euro Pfand kosten.

Burger King hat sich für die kommende Mehrweg-Epoche mit dem Verpackungshersteller Interseroh zusammengetan. Getestet werden in Filialen in Köln und Frechen aber derzeit nur Ein-Euro-Pfandbecher für Heißes und Kaltes. Burger King gibt an, dass durch bis zu 60.000 in Umlauf gebrachte Pfandbecher Hunderttausende Einwegbecher gespart werden können.

Thema Einweg&Mehrweg

MDR (csr)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | Thüringen Journal | 01. November 2022 | 19:00 Uhr

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