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Debatte um NamensgebungProtest und Ausstellung zum "Mohrenfest" - Eisenberg arbeitet Geschichte auf

10. Juni 2023, 16:33 Uhr

Das Eisenberger "Mohrenfest" ist am Freitag eröffnet worden. Noch immer sorgt der Name für viel Kritik in der Gesellschaft. Deshalb protestierte die Initiative gegen rassistische Zustände am Samstag im Friedenspark. Neu in diesem Jahr ist eine besondere Ausstellung im Stadtmuseum. Darin hat die Stadt aufgearbeitet, wie die namensgebende Skulptur nach Eisenberg gekommen ist und was sie mit der Stadt verbindet.

von Danielle Haupt, MDR THÜRINGEN

Wann und wie kam die Skulptur "Mohr" eigentlich nach Eisenberg? Und wann wurde sie zum Eisenberger "Mohr"? Diesen Fragen geht die neue Ausstellung im Stadtmuseum auf den Grund. Pünktlich zum vierten Eisenberger "Mohrenfest" hat die Dauerausstellung am Samstagmorgen ihre Türen für alle Interessierten geöffnet.

Neben originalen Schriftstücken, wie der Baugenehmigung des Gasthofes "Zum Mohren" von 1687, zeigt die Ausstellung auch einige Fundstücke. Ein besonderer Blickfang ist der große, alte Grenzstein, in den der sogenannte Mohrenkopf eingearbeitet wurde. Mit 24 dieser Steine wurden vor rund vier Jahrhunderten die Grenzpunkte der Stadt gesetzt. Wer die Dauerausstellung besucht, der kann auch gleich seine Meinung dazu äußern. Dafür hat das Stadtmuseum Fragebögen verteilt.

Kritik am Namen "Mohrenfest" reißt nicht ab

Mit der Ausstellung ist die Stadt der Forderung der Kritiker nachgekommen, sich intensiver mit der Stadtgeschichte und der Geschichte des "Mohren" zu befassen. Für die Kritiker ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber noch lange nicht genug. Weil der Begriff "Mohr" rassistische Stereotype widerspiegelt, wird die Veranstaltung von vielen auch nur das M*-Fest genannt.

Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD), sagt, dass der Begriff zu keiner Zeit von den schwarzen Menschen und People of Color selbst gewählt worden sei. Vielmehr sei ihnen dieser Name unfreiwillig gegeben worden. Die Stadt solle sich lieber mit der Geschichte der Person beschäftigen, ohne den Begriff "Mohr" zu nutzen.

Eine reine Meinungsfrage?

Gemeinsam mit der Geraer Werbeagentur "Konzept Team" hat die Stadt den Namen 2019 entwickelt und vorgestellt. Bürgermeister Michael Kieslich (CDU) stand von Beginn an hinter dem Namen. "Es ist legitim und für uns nachvollziehbar, dass es auch kritische Sichtweisen gibt. Wir akzeptieren diese anderen Sichtweisen. Das erwarten wir aber auch von allen Akteuren, die möglicherweise eine andere Betrachtung haben", sagt er.

Für Tahir Della von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland ist das allerdings keine Frage der Ansicht. Der Name sei für viele schwarze Menschen und People of Color herabsetzend und erniedrigend. "Rassismus ist keine Meinung", sagt sie.

Rassismus ist keine Meinung.

Tahir Della | Sprecher der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland

Kundgebung kritisiert Eisenberger Stadtfest

120 Menschen beteiligten sich laut Polizei am Sonnabend an der von der "Initiative gegen den rassistischen Zustand" organisierten Gegenkundgebung im Friedenspark. Die Veranstalter sprachen von 200 Teilnehmenden. Sie richtete sich gegen den aktuellen Namen des Stadtfestes. Verschiedene Initiativen, wie "Decolonize! Jena", bezogen zum Problem Stellung.

"Wie kann die Stadt Eisenberg glaubhaft Vielfalt feiern, wenn sie die berechtigte Kritik von schwarzen Menschen und People of Color ignoriert? Eisenberg muss sich mit Rassismus und der kolonialen Vergangenheit auseinandersetzen", sagt eine Sprecherin der "Initiative gegen den rassistischen Zustand".

Keine Einigung in Sicht

In den vergangenen Jahren gab es mehrere Gespräche zwischen Bürgermeister Kieslich und den verschiedenen Initiativen - in Präsenz, digital und hybrid. Kieslich kritisiert jedoch, keinen festen Ansprechpartner gehabt zu haben. Vielmehr sei die Initiative selbst der Ansprechpartner gewesen. Das habe die Gespräche schwierig gestaltet.

Der Sprecher der "Initiative gegen den rassistischen Zustand" sagt, dass die Stadt zwar weitere Gesprächsbereitschaft signalisiert habe, aber mit den Jahren klar geworden sei, dass mit der Stadt aktuell nichts zu machen sei. Ein Kompromiss konnte also noch nicht gefunden werden.

Wenn es aber nach dem Bürgermeister geht, dann wird auch im nächsten Jahr wieder das Eisenberger "Mohrenfest" gefeiert.

MDR (dr)

Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 09. Juni 2023 | 19:00 Uhr

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