Zwei Radfahrer auf einer Landstraße
Der Abzweig Strandweg in Richtung Saaldorf auf der Bundesstraße 90 - ein gefährliches Pflaster für Radfahrer. Bildrechte: Initiative Saale Rad Forum/Jan Hartmann

Bad Lobenstein Initiative kämpft für bessere Radwege am Thüringer Meer

07. September 2024, 13:50 Uhr

Die Bürgerinitiative "Saale Rad Forum" aus Bad Lobenstein will die Bedingungen für Radfahrer im Süden des Bleilochstausees verbessern. Ihre Petition für einen Radweg auf einer alten Trasse der B90 hat der Petitionsauschuss jetzt aber abgelehnt. Über die Hindernisse und Formalien, Radwege nachträglich zu schaffen.

Stück für Stück entwickeln der Saale-Orla-Kreis und der Landkreis Saalfeld-Rudolstadt mit der Arbeitsgemeinschaft Thüringer Meer die Infrastruktur für Radfahrer an der Bleilochtalsperre und dem Hohenwartestausee. So sind in Saalburg Ladestationen für E-Bikes entstanden, bei Reschwitz wurde der Saaleradweg erneuert, ebenso in Gräfenwarth.

Doch es gibt noch viel zu tun. Vor allem auf den Wegen zu den beiden Stauseen. Davon sind die dreizehn Mitglieder der Initiative "Saale Rad Forum" aus Bad Lobenstein überzeugt. 2021 haben sie ihre Bürgerinitiative gegründet.

Sie wollen die Bedingungen für Radfahrer auf den Straßen zu den Stauseen verbessern. "Die Situation für die Radfahrer ist insgesamt nicht sehr gut", sagt Jan Hartmann, einer der Gründer der Initiative. "Vor allem was die Verkehrssicherheit angeht."

Mann steht hinter seinem E-Bike
Jan Hartmann aus Bad Lobenstein ist seit seiner Kindheit in der Region mit dem Fahrrad unterwegs. Bildrechte: Initiative Saale Rad Forum/Jan Hartmann

Radfahrer auf Bundesstraßen unterwegs

"Einzelne Stücke Radwege gibt es, zum Beispiel den auf dem ehemaligen Bahndamm von Saalburg nach Schleiz", sagt er. "Was aber fehlt, sind sinnvolle Lückenschlüsse, gerade auf den unsicheren Strecken." Radfahrer seien immer noch auf Bundesstraßen und stark befahrenen Landstraßen unterwegs, weil es keine Alternativen gebe. Oft fehlen Beschilderungen, auf welchen Wegen es mit dem Fahrrad am besten weitergeht.

"Was das angeht, sind wir hier wirklich ein Entwicklungsland, und das ist schade, denn wir sind ja am Thüringer Meer", sagt Hartmann, der in Bad Lobenstein aufgewachsen ist. Der Initiative geht es um mehr Sicherheit, aber auch darum, bisher ungenutzte Chancen für den Fahrradtourismus anzukurbeln.

Was das angeht, sind wir hier wirklich ein Entwicklungsland, und das ist schade, denn wir sind ja am Thüringer Meer.

Jan Hartmann

Eine dieser Chancen haben sie darin gesehen, aus einem fünf Kilometer langen Stück der alten, nicht mehr genutzten B90 zwischen Saaldorf und Frössen einen Radweg zu machen. Die Idee: einen Streifen der alten Trasse zu erhalten und als Radweg zu nutzen.

"In einem Radwegenetz ist das ein wichtiges Schlüsselelement", meint Hartmann. "Es würde die Kommunen Bad Lobenstein, Hirschberg, Gefell und Tanna miteinander verbinden und einen Zugang zum Stausee schaffen, der sicherer ist."

Wege oft nicht ausgeschildert

Denn bisher fahren Radfahrer südlich des Stausees zwischen Saalburg und Bad Lobenstein vor allem über vielbefahrene Straßen, sagt Hartmann. Zum Beispiel über die Strecke der Bundesstraße 90 bei Saaldorf, die zurzeit ausgebaut wird.

Einen sichereren alternativen Weg gebe es zwar entlang eines Waldes. Dieser Weg sei aber nicht ausgeschildert und werde deshalb von Touristen kaum genutzt. "Häufig nehmen die Radurlauber dann die Landesstraße 1095, die vielbefahren ist. Radtouristen sind sich der Gefahr oft gar nicht bewusst, weil sie die Strecke nicht kennen", meint Hartmann. Er denkt, es sei Glück, das da noch nichts passiert ist.

Ortseingang Pöritzsch
Die Landesstraße 1095 bei Pöritzsch in Richtung Saalburg: Radfahrer haben laut dem Saale Rad Forum keine Alternative, wenn sie in Richtung Stausee fahren wollen. Bildrechte: Initiative Saale Rad Forum/Jan Hartmann

Die Initiative "Saale Rad Forum" hatte deshalb etwas mehr als 3.000 Unterschriften gesammelt und im Dezember 2023 eine Petition beim Petitionsausschuss des Thüringer Landtags eingereicht, mit dem Ziel das fünf Kilometer lange Stück der alten B90 als Radweg umzunutzen.

Inzwischen haben sich die Mitglieder des Ausschusses beraten. Jetzt hat die Initiative die Antwort erhalten: Der Petitionsausschuss hat ihren Antrag abgelehnt. Mit der Begründung, dass das Planfeststellungsverfahren für die neue B90 bereits im Jahr 2017 abgeschlossen wurde und bis dahin kein straßenbegleitender oder trassennaher Radweg vorgesehen war.

Der Radweg wäre nicht nur nützlich gewesen, sondern hätte auch ein einzigartiges Panorama über das Thüringer Schiefergebirge und den Bleilochstausee geboten.

Jan Hartmann

Petitionsausschuss lehnt Petition aus formalen Gründen ab

Auch die Träger öffentlicher Belange und die Gemeinden seien damals ordnungsgemäß beteiligt gewesen, teilt der Petitionsausschuss in seiner Begründung mit. "Mit Blick auf die Radwegeführung habe es keine Forderungen der Kommunen gegeben", heißt es. Auf der alten Trasse gebe es zudem Steigungen von bis zu 3,7 Prozent, die für Radfahrer nicht zu bewältigen seien.

Außerdem werde neben der B90 bei Saaldorf auf etwas mehr als einem Kilometer auch ein Radweg gebaut. Dadurch werde das sichere Befahren der Etappe des offiziellen Saaleradweges an dieser Stelle ermöglicht, und damit auch die Radverkehrsinfrastruktur verbessert, so der Ausschuss.

Die Initiative "Saale Rad Forum" kann die formale Begründung des Petitionsausschusses nachvollziehen. "Wenn das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen ist, gibt es nachträglich wenig Spielraum für Änderungen", sagt Hartmann. Er weiß, dass das Planungsrecht das so vorsieht.

Andererseits zeigen andere Großprojekte wie der Flughafen Berlin Brandenburg oder Stuttgart 21, dass sich auch in dem langen Zeitraum, bis die Bauarbeiten beginnen, noch Änderungen ergeben können. "Das hatte uns Hoffnung gegeben, mit der Petition hier noch etwas zu erreichen."

Einer der schönsten Radwege in Deutschland: der Saaleradweg. 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Seit 2017 hat sich viel geändert: E-Bikes spielen inzwischen eine wichtige Rolle

Hoffmann ist dennoch enttäuscht. Er hätte sich gewünscht, dass auf ihre Vorschläge mehr eingegangen werde. "Auch an einen Tisch hätte man sich doch setzen und gemeinsam nach einer Lösung suchen können." Immerhin hätten die Petition ja in wenigen Wochen mehr als 3.000 Menschen unterschrieben. "Das zeigt doch, wie wichtig den Menschen hier dieses Anliegen ist", sagt er.

"Seit 2017 hat sich außerdem viel geändert. Wir haben jetzt eine andere Situation", sagt er. Es gebe inzwischen viel mehr E-Bike-Fahrer, sagt er. Für die seien auch viele Steigungen kein Problem mehr. E-Bikes spielen für den Fahrradtourismus inzwischen eine wichtige Rolle. "Der Radweg wäre nicht nur nützlich gewesen, sondern hätte auch ein einzigartiges Panorama über das Thüringer Schiefergebirge und den Bleilochstausee geboten."

Doch auch immer mehr Einheimische würden das E-Bike nehmen, um zur Arbeit zu fahren. "Dafür brauchen wir die richtige Infrastruktur. Das setzt voraus, dass alles miteinander gedacht wurde, wie man mit dem Rad von A nach B kommt, ganz ohne Straße. Das haben wir hier nicht. Das fehlt hier."

der Thüringer Meer Stausee  im Saaletal
Das Thüringer Meer ist Anziehungspunkt für viele Touristen, die die Natur suchen. Bildrechte: IMAGO / Wirestock

Stauseen als Mittelpunkt für sinnvolle Radwege-Verbindungen

Jan Hartmann und die anderen Mitglieder der Initiative "Saale Rad Forum" wollen deshalb weitermachen und ein Radwege-Netzwerk für die Region aufbauen. Mithilfe der Universität Jena haben sie vorhandene Radwege digitalisiert und entwickeln eine App. Außerdem wollen sie Impulse geben und die Kommunen zusammenbringen. "Mittelpunkt ist für uns der Stausee, von dort wollen wir sinnvolle Verbindungen für Radfahrer schaffen. Wir wollen die vielen Teilstücke miteinander verbinden."

Außerdem möchte sich die Initiative am Radwegekonzept beteiligen, das der Saale-Orla-Kreis entwickeln will. Für das Konzept hat der Landkreis im März 2024 beim Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft insgesamt 100.000 Euro Fördergelder beantragt.

Mittelpunkt ist für uns der Stausee, von dort wollen wir sinnvolle Verbindungen für Radfahrer schaffen.

Jan Hartmann

Wenn das Land die Fördergelder zusagt, dann könnte 2025 damit begonnen werden, eine Bedarfsanalyse aufzustellen, teilte ein Sprecher des Landratsamtes in Schleiz auf Nachfrage von MDR THÜRINGEN mit. Dann sollen auch Städte und Gemeinden des Landkreises eng einbezogen werden, um auf die Bedürfnisse von Einheimischen und Touristen, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, einzugehen.

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MDR (dvs)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 27. August 2024 | 11:30 Uhr

21 Kommentare

randdresdner vor 4 Wochen

Da wir ich wohne gibt es auch keine Radwege. Also müssen sich die Autos hinter mir anstellen. Das finde ich nicht schön, weil sie beim Überholen sehr knapp an mir vorbei fahren und die Autofahrer sind ebenfalls nicht begeistert.
Das kann man sich sparen, wenn es Radwege gibt.

D.L. vor 4 Wochen

Also um die Hohenwarte finde ich mit MTB mehr als sportlich; gerade Paska.
Es gibt mehr als Nachholbedarf.
Und wenn dann die geplante Brücke statt Fähre noch mehr Autoverkehr anzieht - gute Nacht auf Rad.

Grooveman vor 4 Wochen

Das Niveau in den Foren bei MDR war auch schon mal besser. Zum Teil wird es einem ja bei einigen Beiträgen richtig übel.
Aber, Zitat "Wenn das Land die Fördergelder zusagt, dann könnte 2025 damit begonnen werden, eine Bedarfsanalyse aufzustellen" Das sagt eigentlich schon alles. Thüringen ist das absolute Schlußlicht in Deutschland, was Radwege betrifft. Ziehe ich von den wenigen vorhandenen noch die ab die nur so deklariert sind, aber eigentlich eine ganz normale Landstraße, im zum Teil katastrophalen Zustand (z.B. um den Hohewarte- Stausee, um beim Thema zu bleiben) befindlich ist ab, dann bleibt noch weniger übrig, was man Radweg nennen könnte.

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