Schülerin mit ipad 3 min
Video: Auf den iPads können Schülerinnen und Schüler zum Beispiel Aufgaben lösen. Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Bildungswesen Nachgefragt - wie weit ist Thüringen mit dem Digitalpakt Schule?

18. September 2024, 07:45 Uhr

Die Digitalisierung revolutioniert den Unterricht an Thüringer Schulen, wie am Gymnasium "Am weißen Turm" in Pößneck sichtbar wird. iPads und interaktive Tafeln prägen dort den Schulalltag, doch die Umstellung bringt auch Herausforderungen wie technische Ausfälle und hohe Wartungskosten mit sich. Während der Digitalpakt wichtige Investitionen ermöglichte, stehen nun Verhandlungen für einen Digitalpakt 2.0 an, um die digitale Zukunft der Schulen weiter voranzutreiben.

Im Mathekurs von Marie-Theres Wolfram sitzen die Schülerinnen und Schüler der zwölften Klasse vor aufgeräumten Tischen. Keine Schulbücher, keine Hefte. Nur ein iPad. Inzwischen Hauptarbeitsgerät für die zukünftigen Abiturienten am Gymnasium "Am weißen Turm" in Pößneck. Die Lehrerin sitzt ebenfalls mit einem iPad am Tisch. Dort schreibt sie den Lehrstoff auf die Oberfläche. Quasi "in Echtzeit" kann die Klasse mitlesen - auf einem großen Bildschirm an der Wand.

Interaktive Tafeln gibt es im Gymnasium "Am weißen Turm" schon seit der Sanierung im Jahr 2014.
Interaktive Tafeln gibt es im Gymnasium "Am weißen Turm" schon seit der Sanierung im Jahr 2014. Bildrechte: MDR

Vorteile der digitalen Unterrichtsmethoden

"Das geht auch schön mit Arbeitsblättern, die man nicht mehr ausdrucken muss", sagt Marie-Theres Wolfram. "Und das Tafelbild kann ich in der nächsten Stunde einfach wieder aufmachen." Tafel abwischen gibt es im Gymnasium in Pößneck schon lange nicht mehr.

Interaktive Tafeln seit zehn Jahren im Einsatz

Zur großen Sanierung vor zehn Jahren zogen die ersten interaktiven Tafeln ein. Damals für die Lehrerinnen und Lehrer eine große Umstellung. Inzwischen wissen sie die Vorzüge der neuen Technik zu schätzen. Auch beim Wiederholen von Inhalten leisten die digitalen Helfer gute Dienste, wenn der Stoff nicht wieder komplett neu aufgeschrieben werden muss.

Auf den iPads können Schülerinnen und Schüler zum Beispiel Aufgaben lösen.
Auf den iPads können Schülerinnen und Schüler zum Beispiel Aufgaben lösen. Bildrechte: MDR

Digitalpakt bringt Thüringer Schulen 132 Millionen Euro

Der Digitalpakt zwischen Bund und Ländern hat für viele Investitionen in den Schulen gesorgt. 2019 musste dafür sogar das Grundgesetz geändert werden. Vorher durfte der Bund sich nicht an der Bildungspolitik der Länder beteiligen. Fördermittel eingeschlossen. Im Mai 2019 konnte der Digitalpakt endlich in Kraft treten. Insgesamt 132 Millionen Euro standen seitdem den Thüringer Schulen zur Verfügung.

Fördermittel für die Schulen in Thüringen aus dem Digitalpakt
  geplant ausgegeben
Staatliche Schulen 117,7 Mio. Euro 81,8 Mio. Euro
Freie Schulen 14,6 Mio. Euro 11,0 Mio. Euro

Verzögerungen bei der Umsetzung in einigen Landkreisen

Inzwischen sind alle Fördermittel verplant. In vielen Landkreisen wird allerdings noch Technik beschafft und in den Schulen installiert. Erst dann rufen die Landkreise das Geld beim Land Thüringen ab.

In vielen Schulen mussten im Rahmen des Digitalpaktes erst einmal die Voraussetzungen für die vielen digitalen Endgeräte geschaffen werden. Zum Beispiel ein leistungsfähiges Datennetzwerk.
In vielen Schulen mussten im Rahmen des Digitalpaktes erst einmal die Voraussetzungen für die vielen digitalen Endgeräte geschaffen werden. Zum Beispiel ein leistungsfähiges Datennetzwerk. Bildrechte: MDR

Oft müssen allerdings erst einmal die Voraussetzungen an den Schulen geschaffen werden. Im Altenburger Land fehlen zum Beispiel an vielen Schulen noch leistungsfähige Datenanschlüsse. Nach MDR-Informationen wurden im östlichsten Thüringer Landkreis deshalb nur rund 300.000 Euro statt der geplanten drei Millionen Euro ausgegeben. Immerhin konnte das Landratsamt den Schulen in den letzten Jahren 164 interaktive Tafeln zur Verfügung stellen.

Nutzung digitaler Tafeln im Spanisch-Unterricht

Die kommen auch im Gymnasium in Pößneck zum Einsatz. Zum Beispiel im Spanisch-Unterricht bei Antje Kusche. Die Klasse 7c soll heute verschiedene Redewendungen zuordnen. Dafür gehen die Schüler nacheinander an die Tafel und kennzeichnen dort die Textbausteine. Videos abspielen, Grafiken zeigen: der Unterricht ist interessanter, sagt Antje Kusche, die auf die interaktive Tafel schwört. "Ich kann nach wie vor an die Tafel schreiben", sagt sie. "Und ich kann die Schüler hier arbeiten lassen."

Technische Ausfälle und veraltete Geräte

Allerdings sind die Tafeln in Pößneck inzwischen in die Jahre gekommen. Zum Teil mussten die Computer oder die Beamer ausgetauscht werden. Trotzdem streikt die Technik manchmal. "Das passiert so zwei bis drei mal im Monat", sagt Timo Fröhlich aus der 7c. "Einmal musste der Unterricht fast ausfallen."

Hohe Wartungskosten als Belastung für die Landkreise

Die Reparaturen und die Wartung der vielen Geräte stellt die Landkreise vor neue Herausforderungen. Denn die Folgekosten müssen die Landkreise als Schulträger selbst bezahlen. Für viele ist das eine hohe zusätzliche Belastung. "In den nächsten zehn Jahren sind das rund drei Millionen Euro", sagt CDU-Landrat Christian Herrgott aus dem Saale-Orla-Kreis. "Kann sein, dass wir das Projekt in den nächsten Jahren zurückfahren müssen."

Hoffnung auf einen Digitalpakt 2.0

Für Schüler und Lehrer unvorstellbar. Und auch die Landkreise hoffen auf einen Digitalpakt 2.0. Dazu verhandeln seit Monaten Bund und Länder. Allerdings bisher ergebnislos, heißt es aus dem Thüringer Bildungsministerium. Der Bundeshaushalt sei das Problem und der Sparzwang von Finanzminister Christian Lindner. Laut Bildungsministerium in Erfurt sind die Länder durchaus kompromissbereit, allerdings müsse sich der Bund in den nächsten Verhandlungen endlich bewegen.

Noch im September sollen die nächsten Gespräche in Berlin stattfinden. Ein nahtloser Übergang von Digitalpakt auf Digitalpakt 2.0 ist nicht mehr möglich. Länder und Kommunen hoffen, dass es trotzdem zügig zu einer Einigung kommt, damit auch die restlichen Schulen in die digitale Zukunft starten können.

MDR (dkn)

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 17. September 2024 | 19:30 Uhr

10 Kommentare

MDR-Team vor 3 Wochen

Wir lesen das fast schon als Anmeldung für das nächste Treffen, das wir so grob für den Dezember im Funkhaus ins Auge fassen (nur bitte die Erwartungen ans Schmausen nicht in Sterne-Höhe hängen - einige Beteiligte hier wissen Bescheid ;-)

MamaEF vor 3 Wochen

Schlimm ist an sich das Gemurkse beim Digitalpakt. Wenn eine Schule keine Manpower hat für Anträge und Projekte, plus jemanden, der sich dann um die Technik kümmert ist es schnell vorbei mit der Digitalisierung. Solche Geräte müssen nicht nur gekauft sondern auch gewartet werden. Dafür ist im Anschluss wohl kein Geld eingeplant bzw. vorhanden.
Zudem ist es doch meist so, dass viele die vor der Klasse stehen weniger Erfahrung mit bzw. Interesse an digitalen Möglichkeiten haben, als die die in den Bänken sitzen. Da ist noch viel Luft nach oben.
Die Anwendung digitaler Unterrichtsbestandteile sollte aber nur eine zusätzliche Möglichkeit der Wissensvermittlung sein, sie ist nicht der "Stein der Weisen" in der Bildung. Die Bildung der Kinder muss in die Mitte der Gesellschaft und von Lehrern, Gesellschaft und Familien in als zentrale Herausforderung verstanden und gelebt werden. Das passiert heute immer weniger, eben auch durch die Ablenkung digitaler "Parallelwelten".

MDR-Team vor 3 Wochen

@Nico Walter Sie lesen hier ja sicher oft genug, wie wir für alles Mögliche blitzschnell der fehlenden Neutralität usw. geziehen werden. Wir verzichten schon so weit wie möglich bei der Wiedergabe auf "Kerniges", was Ihnen allen viel freier zur Verfügung steht ;-)

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