200 Mitarbeiter betroffenKrankenhaus in Schleiz wird geschlossen
Ende August schließt die Sternbach-Klinik in Schleiz im Saale-Orla-Kreis. Rund 200 Angestellte sind betroffen. Neue Patienten werden nicht mehr aufgenommen. Die Defizite gingen in die Millionen. Derzeit befinden sich mehrere Kliniken in Thüringen in finanziellen Schwierigkeiten.
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Die Sternbach-Klinik in Schleiz im Saale-Orla-Kreis wird zum 31. August geschlossen. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN wurden die Mitarbeiter am Mittwoch über die Entscheidung informiert. 200 Arbeitsplätze sind gefährdet.
Neue Patienten werden nicht mehr aufgenommen. Bis zur Schließung der Klinik müssen laut Land die Bestandspatienten versorgt und geordnet in andere Kliniken verlegt werden. Dafür sei allein der Träger verantwortlich und dies habe er zugesichert.
Vom Rettungsdienst hat sich das Krankenhaus bereits abgemeldet. Auch die Notfallaufnahme ist geschlossen. Das führt zu Befürchtungen, dass sich die Gesundheitsversorgung in der Region verschlechtert. "Wo sollen wir denn hin, wenn man krank ist", fragte etwa Regina Fischer, deren 84-jähriger Mann erst am Dienstag eingeliefert worden war.
Wo sollen wir denn hin, wenn man krank ist?
Regina Fischer
Engpässe in Notfallversorgung befürchtet
Drei Jahre lang hatte das Krankenhaus unter dem neuen Eigentümer die Grundversorgung gesichert. Steigende Bettenzahlen sorgten zuletzt bei den Mitarbeitern nach langer Durststrecke mit geschlossenen Abteilungen zunächst wieder für Optimismus.
Kostendeckend war der Betrieb allerdings nie. Mit der Insolvenz in Eigenverwaltung wollte die Geschäftsführung nach eigenen Angaben die Finanzen ordnen und einen Partner für den Weiterbetrieb suchen, etwa das SRH-Waldklinikum Gera. Wie sich nun zeigt, ein vergeblicher Versuch.
Zum Aufklappen: Was ist eine Insolvenz in Eigenverwaltung?
Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung ist das Ziel, das Unternehmen zu sanieren und weiterzuführen. Dabei bleiben die bisherigen Geschäftsführer im Amt, allerdings unter der Aufsicht eines neu eingesetzten Sachwalters. Im herkömmlichen Insolvenzverfahren wird die Kontrolle über die Unternehmensführung an den Insolvenzverwalter abgegeben.
Mit der Schließung in zwei Wochen befürchten der Schleizer Bürgermeister Marko Bias (CDU) und der frühere DRK-Rettungsdienstchef Hartmut Jacobi Engpässe bei der Notfallversorgung in der Region. Auch bei Großveranstaltungen auf dem Schleizer Dreieck oder bei Unfällen auf der nahe gelegenen Autobahn.
Klinik äußert sich zu Gründen für Schließung
Wir haben nicht alle unsere Ärzte tariflich anstellen können. Das produziert Kosten. Und wir sind den notwendigen Patientenzahlen immer auch ein Stück weit hinterhergelaufen.
Arne Ballies | Geschäftsführer Sternbach-Klinik Schleiz
Neben strukturellen Problemen im Gesundheitssystem sieht die Klinik-Geschäftsleitung die Ursachen vor allem im zu langsamen Wachstum des Schleizer Hauses. "Wir haben nicht alle unsere Ärzte tariflich anstellen können, sondern viele außertariflich. Das produziert Kosten. Und wir sind den notwendigen Patientenzahlen immer auch ein Stück weit hinterhergelaufen", sagte Arne Ballies. Geschäftsführer der Schleizer Sternbach-Klinik.
Ministerin sagt Landrat Unterstützung zu - Land unterstützte Klinik mit Millionen
Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) zeigte sich betroffen von dem Aus. Es sei alles unternommen worden, um diesen Schritt zu verhindern. So habe die Landesregierung im Frühjahr kurzfristig zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Zudem habe sich Thüringen beim Bund für Überbrückungszahlungen eingesetzt, so Werner.
Außerdem habe das Land Investitionsmittel in Höhe von rund 9,4 Millionen Euro bewilligt. Dass nun kein neuer Eigentümer gefunden wurde, müsse nun zur Kenntnis genommen werden. Werner sagte dem Landrat des Saale-Orla-Kreises, Christian Herrgott (CDU), Unterstützung zu, um die Versorgung der Region sicherzustellen. Dafür würden nun die umliegenden Krankenhäuser kontaktiert.
Im Saale-Orla-Kreis gibt es noch in Pößneck ein Krankenhaus mit einer Abteilung für Innere Medizin. Geplant ist dort ein ambulantes OP-Zentrum und eine Notaufnahme. Weiter Krankenhäuser befinden sich in der Region in Saalfeld. Rudolstadt, Hof, Naila oder Greiz.
Schleizer Landrat schließt Krankenhaus-Übernahme aus
Herrgott sprach von einem schmerzhaften und schwer zu akzeptierenden Einschnitt für den Saale-Orla-Kreis. Aber es habe keinen Interessenten für das Haus gegeben. Das Krankenhaus habe für den gesamten Landkreis nicht nur eine wichtige medizinische, sondern auch eine große gesellschaftliche Bedeutung.
Ihm seien die dramatischen Zahlen erst in der vergangenen Woche zur Verfügung gestellt worden. Demnach stehen monatliche Einnahmen von 1,5 Millionen Euro Ausgaben von 2,1 Millionen Euro gegenüber. Im Vorjahr habe das Defizit fünf Millionen Euro betragen - ein Drittel des Jahresumsatzes.
Er schloss angesichts der Zahlen und der fehlenden Aussicht auf Verbesserung eine Übernahme des Krankenhauses in kreiseigene Strukturen aus. Eine Übernahme hätte keine nennenswerten Einspareffekte und der Saale-Orla-Kreis sei auch nicht in der Lage, jährlich mehrere Millionen Euro Verlust mit Steuergeldern zu kompensieren.
Kritik an Klinikleitung
Kritik gab es an der Klinikleitung. Es sei für Herrgott unbegreiflich, dass die dramatische wirtschaftliche Lage so lange nicht offen kommuniziert wurde. Herrgott bedankte sich bei der Belegschaft, die den Krankenhausbetrieb in schwierigen Zeiten aufrechterhalten habe. Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium werde nun daran gearbeitet, die medizinischen Versorgungskapazitäten geordnet herunter zu fahren.
Aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion zeigt das Aus der Klinik deutlich, dass der Rettungsschirm der Landesregierung keinen Schutz biete. Stattdessen bräuchte es einen dauerhaften Krankenhaustransformationsfonds, so der gesundheitspolitische Sprecher Christoph Zippel. Zudem müsse die Landeskrankenhausplanung regelmäßig überprüft und fortentwickelt werden. Das Land Thüringen hat ein Bürgschaftsprogramm über 100 Millionen Euro angekündigt, um Kliniken in wirtschaftlicher Not zu helfen.
Die Linkspartei wies die CDU-Vorwürfe als haltlos zurück. Landeschef Christian Schaft sprach sogar von "billiger Propaganda": Es widere ihn an, "dass Herr Zippel von der CDU auf dem Rücken der Patienten Wahlkampf macht." Gemeinsam hätten CDU-Landrat Herrgott und die Landesregierung versucht, das Krankenhaus zu retten. "Die Verantwortung für die gescheiterte Rettung liegt beim kommerziellen Betreiber", heißt es in der Erklärung.
Mehrere Thüringer Kliniken in Schwierigkeiten
Die Sternbach-Klinik ist nicht der einzige Fall einer Klinik-Insolvenz in Thüringen. Zu Jahresbeginn hatte die länderübergreifende Klinikgruppe Regiomed mit einem Dutzend Standorten in Bayern und Thüringen Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Der Konzern soll nun zerschlagen werden, wobei Landkreise, private Unternehmen oder auch Wohlfahrtsverbände wie Awo oder ASB Teile übernehmen wollen.
Auch das Jenaer Uniklinikum, das vom Land Thüringen getragen wird, kämpft mit finanziellen Problemen. Die Landesregierung hat hier finanzielle Unterstützung versprochen - genauso wie etwa dem Kreis Sonneberg, das die Klinik-Standorte von Regiomed in Neuhaus und Sonneberg übernehmen will.
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MDR (ad/gh)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 14. August 2024 | 15:00 Uhr