Sitzendorf Erlaubt oder nicht? Der Streit um die Goldwäsche im Schwarzatal

09. Juni 2022, 19:12 Uhr

Seit einigen Jahren herrscht im Schwarzatal Goldgräberstimmung. Doch es gab auch Ärger. Einige Hobby-Goldsucher sollen sich nicht an die Vorschriften gehalten haben. Deshalb hatte die Umweltbehörde die Erlaubnis für die Goldwäsche in der Schwarza Ende 2021 nicht mehr verlängert. Inzwischen gab es Gespräche und ein Signal, dass wieder Gold gewaschen werden darf. Allerdings sieht das der Naturschutzbund kritisch.

Die Schwarza in Sitzendorf: Ein etwa acht Meter breiter Fluss, flaches Wasser, Kiesbett. Naturschutzgebiet. Zurzeit ist dort weit und breit kein Mensch zu sehen. Auch nicht auf dem etwa 90 Meter langen Stück des Flusses, am Ortsrand, für das die Umweltbehörde bis zum vergangenen Jahr eine Sondergenehmigung für Hobby-Goldwäscher erteilt hatte. Ruhig sei es im Fluss in den vergangenen Jahren nicht immer gewesen, sagt Frank Koch. Er wohnt in Sitzendorf, ist dort aufgewachsen. "Zu viele Menschen, zu lange und zu oft", sagt er, hätten im Fluss nach Gold gesucht. Statt in dem erlaubten Bereich des Flusses seien sie auch weiter flussabwärts an anderen Stellen auf die Suche gegangen. Statt nur einer Pfanne zum Goldwaschen hätten sie auch anderes Werkzeug mitgebracht. Statt Handschaufeln zum Beispiel auch große Spaten, mit denen das Flussbett umgegraben worden sei.

Umweltschützer kritisieren Goldwäsche-Veranstalter

Frank Koch habe die Hobby-Goldsucher darauf aufmerksam gemacht. "Schließlich ist hier Naturschutzgebiet", sagt er. Allerdings hätten die Goldwäscher darauf nicht reagiert. Deshalb machte er die Gemeinde darauf aufmerksam, wandte sich an die Umweltbehörde und rief sogar die Polizei. Die habe Anzeigen aufgesetzt, die später wieder fallen gelassen worden seien. "Das ist wie ein Freifahrtschein", meint Frank Koch. In Kochs Augen liegt die Verantwortung vor allem auch beim Veranstalter der Goldwäsche in der Schwarza in Sitzendorf: Unternehmer Christian Kreibich aus Weimar. Ihm hatte die Gemeinde die Erlaubnis vor einigen Jahren übertragen. Kreibich aber sieht die Sache anders. MDR THÜRINGEN sagte er: "Ich habe mich an die Vorschriften gehalten. Die Anzeigen haben mich nicht betroffen."

Dass es jetzt wegen der Hobby-Goldwäscherei "böses Blut" gebe, könne er nicht verstehen. "Die Touristen werden doch gebraucht." Kreilich räumt aber ein: "Es gibt auch Menschen, die die Goldwäsche auf eigene Faust gemacht haben. Dafür bin ich aber nicht verantwortlich."

In den vergangenen Jahren ist das schon ausgeufert, weil alle denken, dass sie das dürfen.

Christian Kreibich, Veranstalter der Goldwäsche in der Schwarza in Sitzendorf

Zu manchen Zeiten seien an Katze und Schwarza mehrere hunderte Goldwäscher gleichzeitig unterwegs gewesen. Zu viel für die Natur - kritisiert Lutz Reißland vom Naturschutzbund Nabu: "Der Lebensraum und die Nahrungskette der Vögel und der Fische wird gestört". Die Fischbruten von Bachneunauge und Bachforelle würden beeinflusst. Der Lärm und die Bewegungen stören, sagt er, auch Vögel, die am Fluss brüten.

Goldwäsche in der Schwarza wie Bulldozer im Vorgarten

"Das wäre so, als würde in unseren Vorgärten jemand mit einem Bulldozer rumfahren." Viele Stressoren wirkten ja bereits auf die Tiere und Natur ein. "Wir sollten deshalb wirklich vermeiden, unnötig in die Natur einzugreifen." Darüber sollten Menschen, die meinen, sie müssten nach Gold suchen, auch nachdenken, sagt Reißland. "Es gibt doch wichtigere Dinge als Gold waschen."

Die Schwarza habe noch andere Probleme: Zu wenig Wasser, zu geringe Fließgeschwindigkeit und in der Folge zu warme Wassertemperaturen. Viele Fischarten seien deshalb verschwunden. Frank Koch erinnert sich: "2020 durfte man schon kein Wasser mehr aus der Schwarza entnehmen, aber das Goldwaschen ging."

In dem rund 90 Meter langen Stück der Schwarza zum Beispiel hätten sich höchstens 20 Menschen für maximal vier Stunden aufhalten dürfen. So schreibt es das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz in seiner Sondererlaubnis vor.

Es bleiben aber auch Unklarheiten: So bezieht sich die Umweltbehörde bei diesen Zahlen auf eine Veranstaltung, nicht auf einen Tag. Der Nabu fordert deshalb jetzt von der Umweltbehörde klarere Vorgaben. "Außerdem muss die Behörde strenger kontrollieren", sagt Lutz Reißland.

Wir fordern bis zu 50.000 Euro Strafe, wenn sich die Goldwäscher nicht an die Regeln halten.

Lutz Reißland, Naturschutzbund NABU

Zudem sollten an der Schwarza Hinweisschilder aufgestellt werden, die klarmachen, wo die Goldwäsche erlaubt ist - und wo nicht. "Wir sind nicht dafür, aber wenn es genehmigt wird, dann werden wir darauf schauen, dass die Regeln auch eingehalten werden." Die Naturschützer fordern: Wenn Goldwäsche in der Schwarza, dann müssen Nachhaltigkeit und Umweltschutz im Vordergrund stehen.

Gemeinde will Goldwäsche-Tradition behalten

Seine Forderungen hat der Naturschutzbund Ende Mai beim Thüringer Landesamt für Umwelt eingereicht. Die Behörde hatte die Hobby-Goldwäsche Anfang 2019 in Sitzendorf erlaubt. Ende 2021 lief die Erlaubnis aus. Seitdem hat sie die Umweltbehörde noch nicht wieder erneuert. Der Bürgermeister von Sitzendorf, Martin Friedrich (CDU), will die Goldwäsche-Tradition erhalten. Ende April gab es zwischen der Umweltbehörde und Friedrich Gespräche. Dabei habe die Behörde signalisiert, dass das Goldwaschen zwar weiterhin stattfinden könne, so ein Sprecher. Aber: es müsse im Sinne des Natur- und Gewässerschutzes besser reguliert werden, und solle dazu mit bestimmten Auflagen versehen werden.

Hobby-Goldwäsche künftig unter strengeren Auflagen erlaubt

Laut der Umweltbehörde muss die Gemeinde künftig dafür sorgen, dass der Natur- und Gewässerschutz bei der Goldwäsche auch eingehalten wird.

Bei den Auflagen geht es im Wesentlichen darum, dass Goldwäsche nur innerhalb organisierter Veranstaltungen erlaubt sein wird - zu festgelegten Zeiten, an bestimmten Orten und mit begrenzter Teilnehmerzahl.

Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz

Die Gemeinde Sitzendorf will laut Bürgermeister Friedrich außerdem die Goldwäsche unter fachkundiger Anleitung neu ausschreiben. Laut der Umweltbehörde werden die Bescheide für die Erlaubnis der Goldwäsche in der Schwarza in den nächsten zwei Wochen verschickt.

MDR (mab)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Nachmittag | 26. Mai 2022 | 14:41 Uhr

1 Kommentar

Harka2 am 09.06.2022

Ich frage mich, was die Goldwäscher dort erwarten. Taubeneiergroße Nuggets? Der ganze Fluss ist seit Jahrhunderten längst einmal durchgesiebt worden. Dort gibt es bestenfalls ein paar goldene Sandkörner.

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