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WirtschaftBauprojekt Batterie-Recycling-Fabrik in Rudolstadt: Gegenwind wird stärker

03. Februar 2023, 07:53 Uhr

Im Industriegebiet Rudolstadt-Schwarza ist eine Batterie-Recycling-Fabrik geplant. Die Bedenken gegen den Bau sind groß. Einwohner, Umweltorganisationen und Nachbarorte befürchten erhebliche Nachteile für die Umwelt.

von Stefanie Reinhardt, MDR THÜRINGEN

"43 Unternehmen mit zusammen rund 1.200 Mitarbeitern sind heute hier ansässig", heißt es zum Industrie- und Gewerbepark in Rudolstadt-Schwarza auf den Internetseiten der Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen. Zum Beispiel: Unternehmen, die Kunststoffe und Papier herstellen. Nach Angaben der Landesentwicklungsgesellschaft entwickelte sich der frühere Chemie-Standort seit 1994 zum umweltfreundlichen Industrie- und Gewerbepark.

Umweltfreundlich - genau darum machen sich die Anwohner jetzt Sorgen. Genauer gesagt, seitdem die beiden südkoreanischen Konzerne Samsung C&T Deutschland GmbH und Sungeel angekündigt haben, hier auf einer freien Fläche eine Fabrik bauen zu wollen. Eine Fabrik, in der Lithium-Ionen-Batterien recycelt werden sollen. 62 Millionen Euro wollen die Konzerne in den Bau stecken. Beim Thüringer Landesamt für Umwelt (TLUG) läuft jetzt ein Genehmigungsverfahren.

Sorgen um Luftqualität und mögliche Schadstoffe

Doch vielen Einwohnern bereitet das Vorhaben Bauchschmerzen. Vieles ist noch unklar. "Es gibt so viele Fragezeichen", sagen Nadine Weidensee und Silke Nielsen, die am Rand des Industrie- und Gewerbeparks wohnen. Sorgen machen ihnen vor allem die dreizehn Schornsteine, die zu der Fabrik gehören werden. "Ob die mit knapp 30 Metern wirklich hoch genug sind, dass die Abgase aus dem Tal ziehen können?" Die Anwohner haben Zweifel.

Sie machen sich Sorgen um die Luftqualität und mögliche Schadstoffe. "Was passiert mit der schwarzen Masse, die entsteht?" Auch die Zahl der Lkw zum Transport der Batterien und Abfallstoffe, Zufahrtswege, mögliche Unfälle, Zwischenfälle und deren Folgen - all das beschäftigt sie.

Warum wird das alles aus Asien geholt und warum werden nicht die eigenen Leute genommen? Es gibt doch auch hier Batterie-Recycling-Spezialisten.

Silke Nielsen | Anwohnerin

Die Anwohner haben deshalb eine Bürgerinitiative gegründet. Rund 120 Menschen haben sich angeschlossen. Sie kommen aus Schwarza und Volkstedt, aber auch aus Saalfeld und der Region. "Das betrifft das ganze Städtedreieck", meint Nadine Weidensee. 1.500 Unterschriften habe sie bereits gesammelt und in der Außenstelle des Landesamtes für Umwelt in Weimar abgegeben.

Außerdem recherchieren sie im Internet, suchen nach Informationen über die Firma Sungeel. Die offenen Fragen bleiben. Silke Nielsen meint: "Warum wird das alles aus Asien geholt und warum werden nicht die eigenen Leute genommen? Es gibt doch auch hier Batterie-Recycling-Spezialisten."

Keine zweite Verbrennungsanlage erwünscht

Auch in den Orten Oberpreilip und Unterpreilip, die oberhalb des Industrie- und Gewerbegebiets in der Hauptwindrichtung liegen, sieht man das Bauprojekt kritisch. Laut Ortsteilbürgermeister Thomas Hahn sprechen sich die Anwohner gegen die Batterie-Recycling-Fabrik aus. "Wir sind schon durch die Verbrennungsanlage, die es hier bereits gibt, belastet", sagt er.

Außerdem befürchten die Bewohner, dass es Wechselwirkungen geben könnte - mit den Altlasten, die sich noch aus DDR-Zeiten hier befinden könnten. "Wir hatten hier bis zur Wende immerhin 100 Jahre lang Chemieproduktion."

Die Staubmenge, mit der Sungeel plant, wäre deutlich höher als die der Betriebe hier bisher.

Steffen Post | Kreisvorsitzender des BUND

Die Umweltschutzverbände Nabu und der BUND im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt lehnen eine zweite Verbrennungsanlage im Industriegebiet in Schwarza ab. Steffen Post, Kreisvorsitzender des BUND, sagt: "Die Staubmenge, mit der Sungeel plant, wäre deutlich höher als die der Betriebe hier bisher." Da komme noch eine große Belastung mehr auf die Anwohner zu, meint er.

Rainer Hämmerling vom Nabu befürchtet außer möglicher Schadstoffe in der Luft auch eine höhere Belastung der Saale mit Abwasser. Um den Bau der Fabrik zu verhindern, wolle der Nabu auch vor Gericht gehen.

Nachbarorte im Städtedreieck beunruhigt

In Saalfeld und Bad Blankenburg, den Nachbarorten Rudolstadts im Städtedreieck, wächst derweil die Angst, dass sich die Luftqualität verschlechtern könnte. Die Stadtoberhäupter fürchten um ihre Titel als Erholungs- und Kurorte. Mit dem Verlust des Prädikates "Staatlicher anerkannter Ort mit Heilstollenkurbetrieb" würde Saalfeld ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden entstehen, so die Stadträte.

Ziel ist es, ein Mitspracherecht beim Genehmigungsverfahren zu bekommen.

Steffen Kania (CDU) | Bürgermeister von Saalfeld

Sie haben deshalb am Mittwochabend entschieden: Die Stadt soll ihre Einwände gegen das Bauprojekt vorbereiten und dann beim Land Thüringen abgeben. "Ziel ist es, ein Mitspracherecht beim Genehmigungsverfahren zu bekommen", sagt Bürgermeister Steffen Kania (CDU).

Die Stadt Bad Blankenburg hatte ihre Einwände bereits im Dezember eingebracht. Nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Umwelt sollen diese geprüft werden. Beide Städte, Bad Blankenburg und Saalfeld, waren ursprünglich nicht an dem Verfahren beteiligt.

Die Öffentlichkeit kann noch bis zum 23. Februar Einwände und Stellungnahmen zum geplanten Bau der Batterie-Recycling-Fabrik abgeben. Die Beteiligung der Öffentlichkeit wird zurzeit wiederholt, mit Unterlagen, die bei der ersten Runde im Dezember gefehlt hatten.

Einwendungen werden im April öffentlich erörtert

Nach Angaben des Landesamtes für Umweltschutz sollen rechtzeitig und formgerecht erhobene Einwendungen am 25. April, 10 Uhr, im Innovations- und Kommunikationszentrum des Thüringischen Instituts für Textil- und Kunststoff-Forschung in Rudolstadt-Schwarza vorgestellt werden. Die Erörterung sei öffentlich.

Auch die Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) will die Bürger öffentlich über das Bauvorhaben informieren. Ein Termin ist noch nicht bekannt. In Rudolstadt soll die geplante Batterie-Recycling-Fabrik am Donnerstagabend im Stadtrat diskutiert werden. Auch dort gibt es Bedenken.

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MDR (co)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 02. Februar 2023 | 11:30 Uhr

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