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TourismusTag der Sommerfrische: Gebäude im Schwarzatal vor dem Verfall retten

22. August 2022, 08:03 Uhr

Viele der früheren Sommerfrische-Häuser im Schwarzatal stehen seit Jahren leer und verfallen. Schon lange gibt es aber auch Ansätze, die Urlaubskultur zu retten. Und es gibt den Tag der Sommerfrische, an dem Besucher die Gebäude besichtigen können.

von Andreas Dreißel, MDR Thüringen

Lautes Stimmengewirr dringt von den Tischen im früheren Café des "Schwarzecks" in Bad Blankenburg im Kreis  Saalfeld-Rudolstadt. Doch die Tische sind leer, kein Gast, keine Gesellschaft zum Kaffee wie in früheren Zeiten. Seit 2004 steht das Waldsanatorium leer, und auch Café und Restaurant warten vergeblich auf Gäste.

Am Tag der Sommerfrische 2022 ist der Raum Teil einer Ausstellung, die Studentinnen und Studenten der Bauhaus-Universität Weimar nach Bad Blankenburg gebracht haben. Ihr Projekt: Kultur und Geschichte im ländlichen Raum erlebbar machen. Dafür sind die zukünftigen Pädagogen der Geschichte des Hauses auf den Grund gegangen.

Haus im Schwarzatal mit wechselhafter Geschichte

Seit 1901 gibt es hier das Waldsanatorium. Damals kamen immer mehr Großstädter ins Schwarzatal und suchten frische Luft und Erholung. Der Begriff der "Sommerfrische" prägte eine ganze Region. Im "Schwarzeck" entstand eine "Kuranstalt mit physikalisch-diätetischen Heilweisen".

Das Haus versorgte sich selbst. Es gab eine Milchviehwirtschaft, eine Fleischerei, auch Wasser und Strom kamen aus eigenen Anlagen. 1937 wechselte der Besitzer, aus dem Sanatorium wurde eine Luftwaffenschule, dann eine Rehaklinik. Zu DDR-Zeiten nutzte die SED das Haus als Parteischule. In den 1990er-Jahren wurde das "Schwarzeck" zum Hotel mit Restaurant. Dann kam der Leerstand.

So ging es vielen der früheren Sommerfrische-Häuser. Als Gäste- und Urlauberdomizil gebaut, wurden nach 1945 immer mehr zu Urlaubsquartieren für die volkseigenen Betriebe. Nach 1990 blieben die Urlauber aus, die Häuser verfielen.

Studentinnen beschäftigen sich mit Nutzung der Gebäude

Im früheren Speisesaal des "Schwarzeck" haben Fiene Freist und Hanna Bremerich ihre Installationen aufgebaut. Die beiden Lehramtsstudentinnen haben sich intensiv mit der früheren Nutzung der Gebäude beschäftigt. Während Fiene Freist mit dem Smartphone Filmaufnahmen von den alten Räumen machte und daraus Ansichtskarten fertigte, konzentrierte sich Hanna Bremerich auf die Funktion des alten Speisesaales.

Auf einer Acrylplatte hat sie Tische und Stühle eingeritzt und anschließend mit weißer Farbe sichtbar gemacht. Heute sehen die Besucher, wie der Raum früher auf die Gäste wirkte. "Ich möchte den Menschen die Möglichkeit geben, sich vorzustellen: Was passiert hier, was war hier mal, was könnte hier vielleicht auch wieder sein?", sagt Hanna Bremerich.

Und auch Fiene Freist ist überzeugt, dass man im Unterricht neue Wege gehen muss. "Man muss nicht immer in irgendwelche Großstädte fahren, um Geschichte zu erfahren", sagt sie.

Verein will Gebäude vor Verfall zu retten

Für den Verein "Schwarzeck-Freunde" ist das Studenten-Projekt ein Glücksfall, wie der Vorsitzende Gunter Bank sagt. Seit sieben Jahren ist der Verein am "Schwarzeck"aktiv und versucht, das Gebäude vor dem Verfall zu retten. Die Mitglieder wollen verhindern, dass das alte Sanatorium ins Vergessen gerät.

Zum Tag der Sommerfrische kommen viele Besucher ins "Schwarzeck". Darunter viele ältere Bad Blankenburger, die das Haus noch aus früheren Jahren kennen. Doch die Gäste kommen auch von weiter her. "Man stellt sich so vor, wie das hier früher gewesen ist", sagt Constanze Wagner aus Geratal. "Ein bisschen gruselig kommt es einem auch vor."

Aus historischem Gebäude soll Gästehaus werden

Zehn Kilometer weiter in Schwarzburg treffen sich zur gleichen Zeit viele Gäste am Haus "Bräutigam". Eines der früheren Sommerfrische-Häuser. Auch dieses Haus stand lange leer. Seit 2019 ist hier ein Verein aktiv. Die 15 Mitglieder kümmern sich um das 1906 erbaute Gästehaus.

Vor Kurzem haben sie die historische Fachwerkfassade fertig saniert. Mit Fördermitteln vom Land Thüringen und einer "Muskelhypothek", denn die Mitglieder packen fleißig selbst mit an. Aus dem historischen Gebäude soll wieder ein Gästehaus werden. Zum Wohnen und Arbeiten auf Zeit, ein zweites Leben also. Bis dahin müssen die Vereinsmitglieder noch den Innenausbau stemmen.

"Es gab auch viele Tiefpunkte", sagt Christine Dörner beim Rundgang mit den Besuchern. "Aber jetzt sind wir erst mal froh, dass das Gerüst weg ist und man die schöne Fassade sehen kann." Schon beim nächsten Tag der Sommerfrische in einem Jahr sollen die Besucher die nächsten Fortschritte sehen.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 21. August 2022 | 19:00 Uhr

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