Verdacht auf Steuerhinterziehung Thüringer Behörden prüfen Fall aus den "Panama Papers"

12. Mai 2019, 06:00 Uhr

Es war eines der größten Datenleaks der vergangenen Jahre: Die "Panama-Papers" geben Einblick in ein weltweites Netzwerk von Briefkastenfirmen. Das Bundeskriminalamt wertet seit 2017 den Datensatz aus. Spuren führen auch nach Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Das Haus ist in türkisblau gehalten. Nichts deutet an dem kleinen zweistöckigen Gebäude darauf hin, dass es sich um den Sitz von zehntausenden Firmen handelt. Sie alle sind unter der Adresse De Castro Street/Wickhams Cay in Road Town zu finden, der Hauptstadt der British Virgin Islands in der Karibik.

Zu sehen ist das Gebäude auf einem Foto, das an einem Aprilabend vor wenigen Wochen in einem Sitzungssaal des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden an die Wand geworfen wurde. Dort berichteten die Ermittler der internen Arbeitsgruppe "OLET" über ihrer komplizierte Arbeit an einem der größten Datenlecks der vergangenen Jahre: den "Panama Papers".

Anwaltskanzlei Mossack & Fonseca hatte Briefkastenfirmen registriert

Dieses Gebäude in Road Town spielt dabei eine zentrale Rolle. Denn an dieser Adresse hatte die panamaische Anwaltskanzlei Mossack Fonseca zehntausende Briefkastenfirmen registriert. Sie dienten, so der Verdacht, einem weltweiten System von Steuerhinterziehungen. Die British Virgin Islands gelten als eine sogenannte Steueroase. Wer es sich leisten konnte, nahm die Dienste von Mossack Fonseca in Anspruch und versteckte dort Teile seines Vermögens in Briefkastenfirmen.

Öffentlich wurde das 2016, als die "Süddeutsche Zeitung" mit einem internationalen Mediennetzwerk über die „Panama Papers“ berichtet. Im Mai 2017 gelang es dem BKA, einen riesigen Datensatz von 49 Millionen Dokumenten zu kaufen. Rund 150 Verfahren und Prüffälle unter dem Verdacht der Steuerhinterziehung sind bundesweit inzwischen eingeleitet worden.

Steuerfahndung Gera prüft einen Fall

Auch an die Steuerbehörden in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hat das BKA Informationen aus dem Datensatz der "Panama Papers" gegeben. Das Thüringer Finanzministerium bestätigte MDR THÜRINGEN, dass es einen Verdachtsfall gibt. Dieser werde derzeit von der Steuerfahndung in Gera geprüft. Ob ein Steuerschaden entstanden ist, sei noch nicht klar.

Da sind die Steuerfahnder-Kollegen in Sachsen weiter. Sie haben nach Angaben des Finanzministeriums in Dresden elf Fälle aus dem Datensatz der "Panama Papers" geprüft und acht Strafverfahren eingeleitet. In einem Fall sei ein Strafbefehl erlassen worden. Rund 485.000 Euro Steuernachzahlung seien im Zusammenhang mit den "Panama Papers" gefordert worden, teilte das Ministerium MDR THÜRINGEN mit. In Sachsen-Anhalt gibt es derzeit zwei Verdachtsfälle, die geprüft werden. Auch hier kamen die Informationen vom BKA.

Zentrale Ermittlergruppe wertet Material aus

Die rund 150 bundesweiten Verfahren dürften nicht die letzten gewesen sein, die eingeleitet worden sind. Denn die Auswertung des Materials geht weiter. Dazu hat das BKA gemeinsam mit der Steuerfahndung in Kassel diese zentrale Ermittlergruppe "OLET" aufgebaut. Rund 20 BKA-Beamte und acht Steuerfahnder versuchen aus den Millionen von Dokumenten potenzielle Fälle von Steuerhinterziehung herauszufiltern und dann entweder selbst zu ermitteln oder an die Länder abzugeben.

Zur Auswertung habe das BKA sogar ein eigenes Computerprogramm auf Basis Künstlicher Intelligenz entwickelt, berichten die Ermittler bei der Vorstellung ihrer bisherigen Ergebnisse. Damit seien sie in der Lage, das Material zu analysieren. Beim BKA und der Steuerfahndung Kassel geht man davon aus, dass es noch bis Ende des Jahres dauert, um die gesamten Unterlagen aus den "Panama Papers" zu sichten.

Geldwäscheverdacht bei russischer Bank

Doch für die Fahnder ist das nicht das Ende. Denn dem BKA liegen weitere Datensätze über Briefkastenfirmen aus anderen Steueroasen vor. Darunter aus den Bahamas, Malta oder Zypern. In all diesen Fällen geht es immer um den Verdacht, dass über Dienstleister, wie beispielsweise Mossack Fonseca in Panama, Briefkastenfirmen gegründet worden sind, um Vermögen vor dem Fiskus zu verstecken.

Der neueste Datensatz, den das BKA in der Auswertung hat, stammt aus einer großen russischen Bank und ist bekannt unter dem Namen "Russian Laundromat" ("Russischer Waschsalon"). In diesen Fällen geht es um Geldwäsche. Gewinne aus kriminellen Geschäften werden über Konten weltweit so lange hin und her geschoben, bis niemand mehr ihre wahre Herkunft prüfen kann.

Dieses Transfersystem der Geldwäsche funktioniert nur, wenn Banken mitspielen. In diesem Fall, laut BKA, russische, lettische, dänische - und deutsche Banken. Ende Februar hatte das BKA und die Staatsanwaltschaft München bundesweit Gelder und Vermögen im Wert von 50 Millionen Euro beschlagnahmt. Darunter auch aus dem Verkauf einer Immobilie in Chemnitz. 

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 12. Mai 2019 | 05:00 Uhr

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