RepressionenPfarrer aus Thüringen in Russland wieder freigelassen
Der aus Thüringen stammende Pfarrer ist nach seiner Festnahme in Russland wieder frei. Ob er weiter in Sankt Petersburg arbeiten darf, ist noch unklar. Auch andere Glaubensgemeinschaften stehen seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine unter Druck.
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Wird der aus Thüringen stammende Pfarrer der evangelischen Kirche aus Russland ausgewiesen, oder darf er weiter in Sankt Petersburg arbeiten? Darum ringen derzeit Vertreter der evangelischen Kirche und deutsche Diplomaten mit russischen Behörden. Der Geistliche Michael Schwarzkopf war am Dienstag in Russland festgenommen worden. Aus dem Polizeigewahrsam ist er inzwischen freigekommen. Wie die Katholische Nachrichten-Agentur aus Kirchenkreisen erfuhr, muss er aber bestimmte Auflagen der russischen Strafverfolger erfüllen.
Schwarzkopfs Gemeinde der Sankt Petersburger Petrikirche teilte am Freitag mit, die Justiz führe ein Verfahren wegen einer mutmaßlichen Ordnungswidrigkeit gegen ihn. Angaben zu den Vorwürfen machte sie nicht. Laut russischen Medienberichten wird der Pfarrer beschuldigt, für einige Zeit an einem Ort gewohnt zu haben, ohne sich dort offiziell angemeldet zu haben. Ihm drohen demnach die Ausweisung aus Russland und eine Geldbuße.
Thüringer Pfarrer seit 2013 in Russland
Michael Schwarzkopf wuchs laut dem evangelischen Magazin "Chrismon" in der DDR auf, studierte Mathematik und arbeitete zunächst als Programmierer. Von 1991 an studierte er Theologie in Berlin, Jerusalem und Heidelberg. 2000 wurde er Vikar in Erfurt, 2002 Pfarrer im Thüringer Wald und 2007 Gefängnisseelsorger.
Seinen Dienst in Russland begann er 2013 an der Petrikirche. Sie liegt an der Sankt Petersburgs Prachtstraße, dem Newski-Prospekt. Der 62-Jährige ist seit 2014 als Propst für die Gemeinden im Nordwesten Russlands verantwortlich.
Auswärtiges Amt warnt vor Reisen nach Russland
Dem Magazin "Spiegel" zufolge vermuten deutsche Diplomaten, die Vorwürfe gegen Schwarzkopf seien fingiert worden, um ihn einzuschüchtern und bei anderen deutschen Staatsbürgern Unruhe zu stiften. In der Vergangenheit hatten die russischen Behörden mehrfach Deutsche willkürlich festgenommen.
Einige von ihnen wurden erst bei einem großen Gefangenenaustausch Anfang August freigelassen. Das Auswärtige Amt warnt seit Längerem vor Reisen nach Russland, da dort jederzeit Verhaftungen und Verurteilungen aufgrund konstruierter Vorwände erfolgten und inhaftierte Deutsche als "politisches Druckmittel" eingesetzt werden könnten.
Religionsgesetz in Russland 2021 verschärft
Nur ein kleiner Bruchteil der russischen Bevölkerung gehört der evangelisch-lutherischen Kirche an. Im europäischen Teil Russlands wird die Zahl auf etwa 15.000 geschätzt.
Der leitende Erzbischof der Kirche, Dietrich Brauer, war im März 2022 aufgrund staatlicher Repressionen mit seiner Familie aus Moskau nach Deutschland geflohen.
2021 wurde das Religionsgesetz verschärft. Für ausländische Kirchenmitarbeiter reicht seither nicht mehr eine Ausbildung in ihrer Heimat aus, wenn sie in Russland Gottesdienste leiten oder eine missionarische oder Bildungstätigkeit aufnehmen wollen. Es wird von ihnen eine zusätzliche Ausbildung in Russland verlangt, in deren Mittelpunkt die Grundlagen der Beziehungen zwischen Staat und Religionsgemeinschaften in dem Riesenreich stehen. Auch eine entsprechende Prüfung müssen sie bestehen.
Auch andere Religionen in Russland unter Druck
Auch der damalige Oberrabbiner der jüdischen Gemeinde in Moskau, Pinchas Goldschmidt, verließ 2022 das Land. Die Mitglieder der Gemeinde seien von Behörden unter Druck gesetzt worden, den Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen, erklärte er. Dem habe er sich widersetzt.
Russische Gerichte verurteilten seit der Invasion russischer Truppen in der Ukraine im Februar 2022 auch mehrere orthodoxe Priester zu Geldbußen, weil sie den Krieg öffentlich kritisiert hatten.
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MDR (mm/jn)/kna
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 26. September 2024 | 12:00 Uhr