Sommerinterview Anja Siegesmund von den Grünen im Portrait

Anja Siegesmund ist Mitglied der Landesregierung und gleichzeitig Frontfrau eines alles anderen als monothematischen Grünen Landesverbandes. Von der Popularität von Habeck und Baerbock können die Thüringer Grünen aber nach wie vor nicht wirklich proifitieren - obwohl die 45-Jährige Siegesmund 2019 als zielstrebige Einzelkandidatin antrat: Nach wie vor sind die Umfrageergebnisse ihrer Partei aber nur einstellig. Am 16. August um 11 Uhr steht Anja Siegesmund Rede und Antwort.

Anja Siegesmund ist eine gefragte Frau dieser Tage: Als Ministerin fallen in den Verantwortungsbereich der Grünen-Politikerin sowohl der Umweltschutz als auch die Energiepolitik. Oder anders ausgedrückt: Wer über die aktuellen Probleme und Herausforderungen der Zeit in Thüringen sprechen will, kommt an der 45-Jährigen nicht vorbei.

Siegesmund gilt in Partei und Landesregierung als ambitionierte Vordenkerin. Dabei gleicht das erfolgreiche Umsetzen all ihrer Aufgaben und Ziele, als Mitglied der Landesregierung und gleichzeitig Gesicht ihrer Partei nach außen, der Quadratur des Kreises; derart unterschiedlich sind die Positionen quer durch Land, Partei und Regierung.

Die Grünen sind bundesweit im Dauer-Höhenflug. Mehr als 20 Prozent Wählerzustimmung sind fast schon Standard geworden in den Umfragen. Im Bund ist die Partei wieder an der Regierung beteiligt und stellt in Wirtschaftsminister Robert Habeck und Außenministerin Annlena Baerbock zwei Gesichter, die vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen signifikant Politik prägend sind.

Landesgrüne hinken Bundestrend hinterher

Geschadet hat der Partei die Regierungsbeteiligung bislang nicht. Jedoch: Der Thüringer Landesverband scheint von dieser Entwicklung nur marginal zu profitieren, obwohl es zwischen Landes- und Bundes-Partei durchaus Parallelen gibt. In Thüringen sitzen die Grünen seit nunmehr 2014 mit in der Regierung. Und auch in Thüringen haben in Umweltministerin Anja Siegesmund und Migrationsminister Dirk Adams zwei prominente Partei-Gesichter öffentlichkeitswirksame Aufgabenbereiche. Allerdings: Trotz dieser Umstände können die Thüringer Grünen von Zustimmungswerten wie auf Bundesebene nur träumen.

Versuch eines Neuanfangs 2019

Dabei hat sich Anja Siegesmund zumindest vorgenommen, die Grünen im Freistaat auch im ländlichen Raum wahrnehm- und wählbarer zu machen. Nach der verkorksten Landtagswahl 2019, als die Grünen mit 5,2% gerade so den Wiedereinzug ins Parlament schafften, kündigte die studierte Politikwissenschaftlerin, die die Partei zusammen mit Dirk Adams als Spitzenkandidaten-Duo in den Wahlkampf geführt hatte, eine schonungslose Aufarbeitung desselben an.

Ergebnis: Die Führung des Landesvorstandes wurde komplett ausgetauscht. Und: Siegesmund wollte und sollte es als Einzelkämpferin besser machen. Für die geplante, aber dann doch geplatzte vorgezogene Neuwahl sollte Siegesmund als alleinige Spitzenkandidatin ins Rennen gehen. Ein Novum in der Thüringer Grünen-Historie. Doch verändert hat sich an der Zustimmung zu Thüringens Grünen seit dem Beinahe-Wahldebakel von 2019 kaum etwas. In den Umfragen sind die Werte nach wie vor nur einstellig.

Frontfrau eines progressiven Landesverbandes

Und das, obwohl die Thüringer Grünen alles andere als eine monothematisch Natur- und Umweltschutz-Partei sind. Zur Bewältigung der aktuellen Krise schlug die Partei um Frontfrau Anja Siegesmund zuletzt mehrere Sondervermögen für Thüringen vor. In den Bereichen Bildung, Klimawandel und Mobilität wollen die Grünen demnach mehrere hundert Millionen Euro pro Jahr zusätzlich zum Landeshaushalt ausgeben, um das Land neu aufzustellen. Allein: Der Vorstoß blieb, was beispielsweise Laufzeit und Volumen anging, zunächst unkonkret und so hagelte es Absagen.

Die CDU-Fraktion wies den Grünen-Vorstoß mit der Begründung zurück, keine weiteren Schattenhaushalte mittragen zu wollen. Und Finanzministerin Heike Taubert (SPD) verwies auf verfassungsrechtliche Hürden, die die Einrichtung von Sondervermögen in Thüringen faktisch unmöglich machen. Doch das Beispiel zeigt: Die Thüringen Grünen sind bemüht, das Image der Verbotspartei abzulegen; nicht nur im Bereich Umwelt- und Naturschutz.

In Madeleine Henfling hat der Landesverband beispielsweise auch eine Innenpolitikerin, die ihr Feld mindestens ebenso akribisch bearbeitet, wie Anja Siegesmund das Umwelt- und Energie-Ressort im Kabinett. Henfling scheut auch den innerparteilichen Streit nicht. Als es einmal mehr um die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität in Thüringen ging, nahm sie den dafür als Justizminister mitverantwortlichen Parteikollegen Dirk Adams hart in die Kritik. In Thüringen fehle es an einer Gesamtstrategie, so Henfling. Und wörtlich weiter: "Ich würde mir wünschen, dass wir unseren Ministerien nicht ständig hart auf den Füßen stehen müssten, wenn es um dieses Thema geht." Klare Kante gegen die eigene Partei – auch das goutieren Wähler allerdings nicht immer.

Staatssekretär-Personalie brachte Erklärungsnot

Doch da ist noch eine Personalie, die vor allem Anja Siegesmund zuletzt arg in Erklärungsnot brachte. Ende April wurde bekannt, dass die Umweltministerin ihren Energie-Staatssekretär in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Ausgerechnet Olaf Möller. Und ausgerechnet mitten in der größten Energiekrise der jüngeren Geschichte. Der 60-Jährige saß seit 2014 mit am Kabinettstisch. Eine konkrete Antwort auf die Frage, warum Möller nun gehen musste, blieb Siegesmund bislang schuldig.

Fakt ist: Der Staatssekretär galt unter Beobachtern der Thüringer Landespolitik als fähiger Mann auf dem Gebiet der Energiepolitik. Sein Nachfolger dagegen war bis zu seiner Ernennung eher als Experte auf einem anderen Gebiet bekannt: dem Natur- und Umweltschutz. Burkhard Vogel ist der Ehemann einer langjährigen Weggefährtin Siegesmunds und wechselte vom BUND ins Ministerium.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 29. Juli 2022 | 16:30 Uhr

Mehr aus Thüringen

Ausgehobene Schützengräben auf einem Feld 1 min
Bildrechte: MDR/Melanie Lal
1 min 25.04.2024 | 18:17 Uhr

Anwohner und Spaziergänger wundern sich über seltsame Bauten zwischen Feld und Wald. Nahe des kleinen Ortes Zaunröden in Nordthüringen hat jemand Schützengräben ausgehoben.

Do 25.04.2024 18:04Uhr 01:19 min

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/nord-thueringen/unstrut-hainich/schuetzengraeben-unstruttal-zaunroeden-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Mehr aus Thüringen