Bodo Ramelow (r., Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen, und Benjamin-Immanuel Hoff (l., Die Linke), Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei von Thüringen, während der Sitzung des Thüringer Landtags.
Unter Druck: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (rechts), und Staatskanzlei-Chef Benjamin-Immanuel Hoff (links, beide Die Linke) diskutieren während der Sitzung des Thüringer Landtags. Bildrechte: picture alliance/dpa | Martin Schutt

Landesregierung Untersuchungsausschuss überprüft Staatssekretärs-Affäre in Thüringen

27. April 2023, 21:23 Uhr

Der Thüringer Landtag hat am Freitag den Untersuchungsausschuss zur Einstellungspraxis für Staatssekretären eingesetzt. Dabei werden nicht nur die Ramelow-Regierungen untersucht. Profitieren könnte ausgerechnet die AfD.

Der Thüringer Landtag hat am Freitag den Untersuchungsausschuss "Postenaffäre" einstimmig eingesetzt. Dieser soll klären, ob die Landesregierung Fehler bei der Vergabe von wichtigen Beamten-Jobs gemacht hat. Während die rot-rot-grüne Landesregierung und die CDU streiten, jubelt die AfD.

Der Untersuchungsausschuss war seit Langem erwartet worden. Die Minderheitsregierung von Linke, SPD und Grünen ist seit Monaten massiver Kritik wegen ihrer Einstellungspraxis von Staatssekretären und anderen Spitzenbeamten ausgesetzt.

Die Thüringer AfD kann nun sehr zufrieden dem Untersuchungsausschusses sein: Denn die Regierungsfraktionen von Linke, SPD und Grünen wollten dort gleichzeitig auf die CDU-geführten Vorgängerregierungen schauen. Dem Änderungsantrag stimmten am Freitag in Erfurt neben den Regierungsfraktionen dann auch die Abgeordneten der AfD zu. Nach Darstellung der CDU-Fraktion kam die Mehrheit nur mit Hilfe der AfD zustande. Nach Angaben des Thüringer Landtags wurde das genaue Abstimmungsverhalten nicht protokolliert.

AfD spricht von "Vetternwirtschaft", die CDU vom "mutmaßlich größtem Untreueskandal"

Der AfD-Abgeordnete Stefan Möller sprach von einer "Vetternwirtschaft", die "nicht von Rot-Rot-Grün erfunden, sondern nur fortgesetzt" worden sei: "Vorher badete die CDU in diesem Sumpf." Er ergänzte: "Wir stehen da mit voller Freude zur Aufklärung bereit." Bei der Diskussion im Landtag hatte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, erklärt, der Untersuchungsausschuss sei der "nächste logische Schritt" zur Aufklärung. Es gehe um nicht weniger als den "mutmaßlich größten Untreueskandal in der Geschichte des Freistaates" wiederholte Bühl seine Einschätzung der Dinge.

Logo MDR 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Abstimmungen zusammen mit der AfD gelten als heikel. Die anderen Parteien halten stets die Abgrenzung zur ihr hoch, zumal die Thüringer AfD um ihren umstrittenen Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde. Möller ist stellvertretender Landesvorsitzender. In Thüringen wurde allerdings auch schon mal ein Gesetz mit Hilfe der AfD verabschiedet. Die anderen Stimmen kamen damals von CDU und FDP. Linke, SPD und Grüne hatten damals empört reagiert.

Rot-Rot-Grün seit Monaten in der Kritik

Die Thüringer Landesregierung steht seit Monaten massiv in der Kritik. Grund ist ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes, in dem der Landesregierung systematische und schwerwiegende Verstöße gegen Regeln zur Einstellung von Beamten vorgeworfen werden. Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) hatte einige Versäumnisse eingeräumt - etwa bei der Erfüllung der Dokumentationspflichten. Er hatte dabei betont, dass Rot-Rot-Grün eine andere Rechtsauffassung vertrete. Hoff erklärte zudem, die Landesregierung habe bereits Schlussfolgerungen aus dem Prüfbericht gezogen und will in der kommenden Kabinettsitzung "die nötigen Beschlüsse fassen".

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) führt eine Thüringer Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grünen. Die Koalition hat keine eigene Mehrheit im Parlament und ist auf Stimmen aus der Opposition angewiesen, die in der Vergangenheit meist von der CDU kamen. Manchmal wird Rot-Rot-Grün aber auch überstimmt - von CDU, AfD und FDP.

Mehr über die Staatssekretär-Affäre in Thüringen

MDR (co/rom)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 27. April 2023 | 12:00 Uhr

17 Kommentare

Freies Moria vor 51 Wochen

Untersuchungsausschuss = Verschleppungstaktik.
Die Opposition kann die Minderheitsregierung sofort stürzen und neu wählen. Kommt die Regierung aus dem Amt, sind zumindest die Staatssekretäre weg. Sofern die Opposition gewinnt. Die will aber nicht mit der AfD arbeiten. Und behält lieber die Staatssekretäre im Amt, die offenbar nicht dahin gehören. In Köln nennt man das Klüngel.

MDR-Team vor 51 Wochen

Darüber hinaus ist der vorliegende Bericht in seinem Detailreichtum ist nach unserer Kenntnis seit 1990 in Thüringen einmalig. Das heißt aber wie gesagt nicht, dass der Landesrechnungshof nicht auch die Vorgängerregierungen ähnlich geprüft, oder bei denen keine Missstände aufgedeckt hat.

Diesen und weitere Sonderberichte des LRH finden Sie hier: https://www.thueringer-rechnungshof.de/berichte/sonderberichte/

Mit freundlichen Grüßen aus der Online-Redaktion

Otto_ vor 51 Wochen

@Elxlebener: "Auch die Zeit der Regierung der CDU war nicht anders."

Nur weil sich auch andere in früheren Zeiten falsch verhalten haben, macht es das für mich nicht unbedingt weniger schlimm. Wenn jemand eine Straftat (z.
B. Steuerhinterziehung) begeht, dann könnte man ja sonst auch immer sagen "Macht nichts, es gab schon Leute, die haben noch in viel größerem Umfang betrogen."

Mehr aus Thüringen