LandesregierungUntersuchungsausschuss überprüft Staatssekretärs-Affäre in Thüringen
Der Thüringer Landtag hat am Freitag den Untersuchungsausschuss zur Einstellungspraxis für Staatssekretären eingesetzt. Dabei werden nicht nur die Ramelow-Regierungen untersucht. Profitieren könnte ausgerechnet die AfD.
Der Thüringer Landtag hat am Freitag den Untersuchungsausschuss "Postenaffäre" einstimmig eingesetzt. Dieser soll klären, ob die Landesregierung Fehler bei der Vergabe von wichtigen Beamten-Jobs gemacht hat. Während die rot-rot-grüne Landesregierung und die CDU streiten, jubelt die AfD.
Der Untersuchungsausschuss war seit Langem erwartet worden. Die Minderheitsregierung von Linke, SPD und Grünen ist seit Monaten massiver Kritik wegen ihrer Einstellungspraxis von Staatssekretären und anderen Spitzenbeamten ausgesetzt.
Die Thüringer AfD kann nun sehr zufrieden dem Untersuchungsausschusses sein: Denn die Regierungsfraktionen von Linke, SPD und Grünen wollten dort gleichzeitig auf die CDU-geführten Vorgängerregierungen schauen. Dem Änderungsantrag stimmten am Freitag in Erfurt neben den Regierungsfraktionen dann auch die Abgeordneten der AfD zu. Nach Darstellung der CDU-Fraktion kam die Mehrheit nur mit Hilfe der AfD zustande. Nach Angaben des Thüringer Landtags wurde das genaue Abstimmungsverhalten nicht protokolliert.
AfD spricht von "Vetternwirtschaft", die CDU vom "mutmaßlich größtem Untreueskandal"
Der AfD-Abgeordnete Stefan Möller sprach von einer "Vetternwirtschaft", die "nicht von Rot-Rot-Grün erfunden, sondern nur fortgesetzt" worden sei: "Vorher badete die CDU in diesem Sumpf." Er ergänzte: "Wir stehen da mit voller Freude zur Aufklärung bereit." Bei der Diskussion im Landtag hatte der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, erklärt, der Untersuchungsausschuss sei der "nächste logische Schritt" zur Aufklärung. Es gehe um nicht weniger als den "mutmaßlich größten Untreueskandal in der Geschichte des Freistaates" wiederholte Bühl seine Einschätzung der Dinge.
Abstimmungen zusammen mit der AfD gelten als heikel. Die anderen Parteien halten stets die Abgrenzung zur ihr hoch, zumal die Thüringer AfD um ihren umstrittenen Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde. Möller ist stellvertretender Landesvorsitzender. In Thüringen wurde allerdings auch schon mal ein Gesetz mit Hilfe der AfD verabschiedet. Die anderen Stimmen kamen damals von CDU und FDP. Linke, SPD und Grüne hatten damals empört reagiert.
Rot-Rot-Grün seit Monaten in der Kritik
Die Thüringer Landesregierung steht seit Monaten massiv in der Kritik. Grund ist ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes, in dem der Landesregierung systematische und schwerwiegende Verstöße gegen Regeln zur Einstellung von Beamten vorgeworfen werden. Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) hatte einige Versäumnisse eingeräumt - etwa bei der Erfüllung der Dokumentationspflichten. Er hatte dabei betont, dass Rot-Rot-Grün eine andere Rechtsauffassung vertrete. Hoff erklärte zudem, die Landesregierung habe bereits Schlussfolgerungen aus dem Prüfbericht gezogen und will in der kommenden Kabinettsitzung "die nötigen Beschlüsse fassen".
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) führt eine Thüringer Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grünen. Die Koalition hat keine eigene Mehrheit im Parlament und ist auf Stimmen aus der Opposition angewiesen, die in der Vergangenheit meist von der CDU kamen. Manchmal wird Rot-Rot-Grün aber auch überstimmt - von CDU, AfD und FDP.
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MDR (co/rom)/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 27. April 2023 | 12:00 Uhr
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