Von Enttäuschung bis AufbruchWie es nach der Abwahl des Bürgermeisters in Hildburghausen weitergeht
Nach seiner Abwahl führt Hildburghausens bisheriger Bürgermeister Tilo Kummer (Linke) die Amtsgeschäfte zunächst weiter. Nun strebt er einen geordneten Übergang an. Doch auf seinen Nachfolger wartet eine schwere Aufgabe. Er oder sie muss versuchen, den zerstrittenen Stadtrat zu einen.
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In Hildburghausen ist das Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister Tilo Kummer (Linke) erfolgreich gewesen. Beim Bürgerentscheid am Sonntag ist das sogenannte Quorum von mindestens 30 Prozent aller Walberechtigten in der Kreisstadt erreicht worden, die für eine Abwahl des Stadtchefs stimmen mussten, um ihn aus dem Amt zu heben.
Jetzt stehen in Hildburghausen die Zeichen auf Neubeginn. Tilo Kummer, der im März 2020 überraschend schon im ersten Wahlgang die Mehrheit erreicht hatte, muss seinen Schreibtisch räumen.
Bürgermeister Kummer: "Konnte Stadtrat nicht einen"
Auch einen Tag nach der bitteren Niederlage, tritt Kummer seinen Dienst im Rathaus an. "Na klar, wo soll ich sonst sein?", fragt er. Schließlich sei er so lange im Amt, bis das Wahlergebnis festgestellt ist. "Ich will die Amtsgeschäfte ordentlich übergeben und angesichts der vielen Probleme in der Stadt gibt es noch viele Dinge zu regeln." Die Enttäuschung sitzt tief. Das sieht man dem 54-Jährigen an. "Man grübelt natürlich, wie es zu einem so klaren Ergebnis kommen konnte", sagt er.
"Eine Sache ist mir einfach nicht gelungen, was die Menschen von mir erwartet haben: Nämlich den Stadtrat zu einen und damit wirklich ein gemeinsames Handeln für die Stadt hinzubekommen." Hoffentlich gelinge das dem Nachfolger und hoffentlich gehe der Stadtrat mit dem etwas freundlicher um.
Für Tilo Kummer geht eine 23 Jahre lange Ära als Berufspolitiker zu Ende. Jetzt will er sich mehr um die Familie und seinen kleinen Land- und Forstwirtschaftsbetrieb kümmern. Die Ämter im Vorstand des Regionalverbundes Thüringer Wald und des Naturparks will er weiter ausführen. Eine Kandidatur als Bürgermeister schließt er aber kategorisch aus.
Kritik: Bürgermeister hat Zugang zu Bürgern verloren
Darüber ist Pro-HBN-Stadträtin Brigitte Wütscher heilfroh. "Weil einfach nichts mehr funktioniert hat", sagt sie. Der Bürgermeister habe einfach keinen Zugang mehr zum Stadtrat gefunden. "Und zu den Bürgern schon gleich gar nicht." Wütscher setzt alle Hoffnungen in den künftigen Bürgermeister. "Wobei wir wohl alle auch ein kleines bisschen an uns arbeiten müssen, dass eine solche Situation nicht wieder passiert." Sobald man merke, das Vertrauen schwindet, müssten sofort alle Alarmglocken läuten.
Landes- versus Kommunalsicht: "Flurschaden" für wen?
Kaum jemand hat in dem ganzen Verfahren um die Abwahl des Bürgermeisters so viel Schelte abbekommen wie SPD-Stadtrat Ralf Bumann. Noch am Abend des Bürgerentscheids sprach Innenminister Georg Maier (SPD) von einem "Flurschaden", der durch die Abwahl entstanden sein soll. "Aus Landessicht mag das ja so sein, wenn man einen Koalitionspartner hat, dem das vielleicht nicht so gefällt. Da ist man ja in einer Zwickmühle. Aber Flurschaden? Hier in Hildburghausen sehe ich den nicht", so Bumann. Im Gegenteil hätten jetzt die Bürger darüber abgestimmt, ob sie den Bürgermeister behalten wollen oder nicht. Das sei Demokratie.
Trotzdem lasse ich mir nicht vorschreiben, wie ich abstimme. In der Kommunalpolitik hat Parteipolitik nichts zu suchen.
Ralf Bumann | SPD-Stadtrat in Hildburghausen
Kritisiert wird von der SPD-Landesspitze, dass das Abwahlverfahren im Dezember auch mit den Stimmen der SPD-Stadträte in Gang gesetzt worden ist. Außer den Mitgliedern der Linksfraktion hatten alle Stadträte zugestimmt. Auch die von AfD und dem rechtsradikalen Bündnis Zukunft Hildburghausen. Bumann rechnet deshalb mit einem Partei-Ordnungsverfahren der Thüringer SPD. "Trotzdem lasse ich mir nicht vorschreiben, wie ich abstimme." In der Kommunalpolitik habe Parteipolitik nichts zu suchen. Hier gehe es einzig und allein um die Sache und das Wohl der Stadt.
Voraussichtlich noch im Frühjahr wird in Hildburghausen ein neuer Bürgermeister gewählt. Auch die SPD wird laut Bumann einen Kandidaten aufstellen. "Aber egal wer es wird: Als allererstes muss der sich mit dem Stadtrat zusammensetzen und der Kontakt darf dann auch nie wieder abbrechen", so Bumann.
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MDR (Bettina Ehrlich, Oliver Leiste)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGENJOURNAL | 27. Februar 2023 | 19:00 Uhr