Medizinische Versorgung 2.000 Patienten in Hildburghausen suchen neuen Hausarzt

23. August 2022, 17:03 Uhr

Am 5. September schließt in Hildburghausen eine Hausarztpraxis für immer. Einen Nachfolger gibt es nicht. Die Patienten suchen nun einen neuen Arzt. Für Menschen auf dem Land leichter gesagt als getan. Denn dort fehlt der Nachwuchs.

Ein Hausarzt muss vor allem gut zuhören können und möglichst immer freundlich sein. Fehler darf er sich auch im größten Stress nicht erlauben, es geht schließlich um Menschenleben. In Hildburghausen hat ab dem 5. September eine Hausarztpraxis für immer geschlossen. Per Telefonansage und mit einem Schild an der Praxistür hat der Mediziner seine Patienten informiert. Die schätzungsweise etwa 2.000 Patienten müssen sich nun einen neuen Hausarzt suchen.

Unter anderem heißt es da: "Einen Nachfolger haben wir nicht finden können. Wir können nicht mehr." Derzeit ist der Mediziner im Urlaub, danach ist für ihn Schluss als ambulanter Arzt. Wie ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung MDR THÜRINGEN sagte, hat der Mediziner seine Praxis bereits abgemeldet. 

Einen Nachfolger haben wir nicht finden können. Wir können nicht mehr.

Aus dem Schreiben des Hausarztes

Eine Absage nach der anderen 

Für die meisten seiner Patienten kam das Aus jedoch völlig überraschend. Auch für Sabine aus dem etwa zehn Kilometer entfernten Stressenhausen. "Ich habe es aus dem Internet erfahren und konnte es erst gar nicht glauben", erzählt sie. Sie und ihr Mann gehen seit Jahren zu dem Arzt und sind außerordentlich zufrieden mit seiner Arbeit.

Noch haben die beiden keinen neuen Hausarzt gefunden. "Ich habe schon ein paar Ärzte abtelefoniert, aber immer wieder eine Absage bekommen", sagt sie. 20 bis 25 Kilometer Fahrstrecke sei schon drin. "Wenn sich keiner findet, müssen wir halt noch weiter fahren. Hauptsache, wir finden jemanden, bei dem die Chemie stimmt." Denn so ein Hausarzt sei eben auch jemand, dem man vertrauen müsse.

Kassenärztlichen Vereinigung hilft bei der Arztsuche 

Rund um Hildburghausen gibt es nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) rund 40 niedergelassene Allgemeinmediziner. Sieben davon praktizieren in der Stadt. Wie ein Sprecher der KV MDR THÜRINGEN sagte, ist ein gravierender Engpass für Patienten daher nicht zu befürchten. Unter der Rufnummer 116117 können sich Patienten bei der Suche nach einem neuen Arzt helfen lassen. "Ich denke, das wird sich schon irgendwie verteilen", sagt auch der Mediziner Michael Donner.

Auch er betreibt in der Hildburghäuser Innenstadt eine Hausarztpraxis und nimmt nach wie vor noch Patienten auf. Auch wenn sie an manchen Tagen durchs ganze Treppenhaus Schlange stehen. "Wir schicken niemanden weg. Aber das bedeutet eben auch, dass die Patienten häufiger länger warten müssen", so Donner. Die Praxis hat bereits reagiert.

Unangemeldete Patienten können täglich zwischen 8 und 11 Uhr in die Sprechstunde kommen. Ansonsten kommt nur zum Doktor, wer vorher einen Termin vereinbart hat. Eine gewisse Struktur in der Praxis sei sehr wichtig.  

Mehr Studienplätze für Bewerber vom Land 

Für Donner ist die Landflucht eines der größten Probleme. "Die meisten jungen Ärzte wollen in die Stadt. Wer sich hier als junger Landarzt niederlässt, kommt auch meist von hier", so Donner. Darauf sollten seiner Meinung nach die Universitäten reagieren. Sie müssten deutlich mehr Studienplätze anbieten und bei der Auswahl der Bewerber neben dem Abiturzeugnis auch die Herkunft berücksichtigen.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war von 200 Patienten die Rede. Wir bitten für den Fehler um Nachsicht und haben die Zahl korrigiert.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 23. August 2022 | 16:30 Uhr

29 Kommentare

ElBuffo am 24.08.2022

Echt jetzt? Jederzeit sofort ein Facharzttermin und alle Behandlungen und Medikamente, derer es bedurfte? Und wenig Alkohol, kein Rauchen, viel Bewegung und gesunde Ernährung gab es da? Wann und wo war das denn?

ElBuffo am 24.08.2022

Nicht jeder, der eine Arztpraxis aufsucht, will den Arzt sehen. Gerade die Flitzpiepen, die unbedingt am ersten Tag des Quartals auf der Matte stehen, wollen nur ihre Quartalsdosis abholen, obwohl die letzte noch gar nicht verbraucht ist. Da spielen sich mitunter kuriose Szenen ab und selbst Lahme können plötzlich wieder laufen

ElBuffo am 24.08.2022

Wenn man sich unter Ärzten umhört, dann vor allem zuviel dummes Gequatsche von Patienten, die alles besser wissen, trotz dieses Wissens erst kurz vor der Angst kommen und dann natürlich sofort und vor allen anderen dran kommen müssen, um dann dem Doktor zu erklären, dass er zu doof ist und nur ein Sklave der Pharmaindustrie. Sowas geht dann mit der Zeit tierisch auf den Keks, zumal während solche Monologe längst der nächste Patient hätte behandelt werden können. Die Bürokratie hält sicher niemanden von Gedanken über Praxischließungen ab.

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