Rechtsstreit Kreis Hildburghausen unter Druck: Weiter Zoff um illegal gebaute Straße bei Eisfeld

24. November 2022, 13:53 Uhr

Der Landkreis Hildburghausen hat bei Eisfeld illegal eine Straße auf Flächen der Deutschen Bahn und ohne Prüfverfahren gebaut. Während der Landkreis unter Zugzwang gerät, bleibt Eisfelds Bürgermeister entspannt.

Der Landkreis Hildburghausen führte vor vier Jahren durchaus Gutes im Schilde. Die Einwohner des Eisfelder Ortsteiles Heid sollten eine bessere Straße bekommen. Die alte Zufahrt war schmal und nur noch eine Schlagloch-Piste.

Weil Straßen heutzutage breiter gebaut werden, hat der Kreis ein Stück der Straße verlegt. "So konnten wir eine Baumallee und mehrere sehr alte Eichen retten", sagt Eisfelds Bürgermeister Sven Gregor (Freie Wähler). Die Stadt war in den Bau eng mit eingebunden und stellte auch ihre Grundstücke zur Verfügung. Es sei mitnichten so gewesen, dass beim Bau der Naturschutz keine Rolle gespielt hätte, sagt Gregor. Was der Landkreis jedoch vor vier Jahren tatsächlich versäumt hatte, war eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Landkreis muss Verfahren nachholen

Dagegen hatte der Umweltverband Grüne Liga erfolgreich geklagt. Das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz erließ daraufhin einen Bescheid, der inzwischen rechtsgültig ist. Demnach muss der Landkreis nun ein sogenanntes Planfeststellungsverfahren nachholen.

Doch das Landesverwaltungsamt in Weimar sieht dafür keine Chance. Schriftlich teilte ein Sprecher MDR THÜRINGEN mit:

Die Deutsche Bahn möchte diesen Streckenabschnitt in Zukunft reaktivieren.

Landesverwaltungsamt Weimar

"Es gibt ein verfahrensrechtliches Hindernis: Die gebaute Trasse liegt teilweise auf der an dieser Stelle nicht mehr betriebenen Eisenbahnstrecke 6311 Eisenach - Lichtenfels. Um ein Planfeststellungsverfahren überhaupt durchführen zu können, müsste daher diese Fläche mit Zustimmung der Deutschen Bahn durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) von den Bahnbetriebszwecken freigestellt werden. Die DB möchte aber diesen Streckenabschnitt in Zukunft reaktivieren, sodass eine solche Freistellung durch das EBA momentan nicht möglich ist."

Straße ohne Absprache auf ehemaliger Bahntrasse gebaut

Das Landesverwaltungsamt hat dem Landratsamt in Hildburghausen deshalb empfohlen, sich mit der Deutschen Bahn und dem Eisenbahnbundesamt in Verbindung zu setzen. Damit eine Lösung gefunden wird, hat auch das Verwaltungsamt seine Unterstützung zugesagt.

Genauer gesagt geht es um rund 300 Meter Straße, die auf der ehemaligen Zugverbindung zwischen Eisfeld und Coburg in Bayern gebaut wurden. Gleise gibt es hier längst nicht mehr.

Als die damalige DDR die Grenze zur BRD dichtmachte, wurde auch die Bahnstrecke abgebaut. Wie die Kreisverwaltung reagiert und ob sie schon bei der Eisenbahn vorgefühlt hat, ist unklar. Landrat Thomas Müller (CDU) möchte dem MDR zu diesem Thema nichts sagen. Mit Verweis auf ein laufendes Verfahren.

Ein Mann steht vor dem Landratsamt Hildburghausen.
Landrat Thomas Müller (CDU) wollte sich nicht äußern. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Thüringen fordert Fördermittel zurück

Welches Verfahren er meint, ist unklar. Ärger gibt es nämlich auch mit dem Thüringer Landesamt für Bau und Verkehr. Das fordert jetzt rund 180.000 Euro Fördermittel zurück.

Diese Straße ist ein Schwarzbau und das hat der Kreis jetzt schwarz auf weiß.

Grit Tetzel Grüne Liga

"Zurecht", sagte Grit Tetzel von der Grünen Liga. "Diese Straße ist ein Schwarzbau und das hat der Kreis jetzt schwarz auf weiß." Dass die Eisenbahn die 300 Meter freigibt, auf der jetzt die Straße liegt, glaubt sie nicht. "Da würde sie sich das Eisenbahnbundesamt aber massiv selbst widersprechen." Denn die Bahn will die Strecke reaktivieren.

Eisfelds Bürgermeister pokert

Bürgermeister Gregor geht pragmatisch an die Sache ran. "Na, wenn es tatsächlich so sein sollte, dass die Bahnlinie genau hier wieder auf der alten Strecke gebaut werden soll, dann müssten wir unsere Straße halt wieder an eine andere Stelle bringen. Aber das sehe ich noch nicht so. Erstens weil es noch mindestens 15 Jahre dauert und zweitens noch überhaupt nicht feststeht, wo die Bahn genau langgeht."

Für die Reaktivierung der Bahnlinie von Eisfeld nach Coburg muss tatsächlich ein aufwendiges Raumordnungsverfahren durchgezogen werden. Darin werden dann verschiedene Trassen geprüft. Alle Institutionen, Betroffene und auch Umweltverbände müssen gehört werden.

Die Trassensuche wird spannend. Denn im Lautertal auf bayerischer Seite stehen zahlreiche Häuser auf der einstigen Stecke. "Dort wurde die Strecke als Eisenbahn längst entwidmet", so Sven Gregor. "Nur auf Eisfelder Seite eben nicht."

Offen, wie es weitergeht

Grit Tetzel wäre es am liebsten, wenn die Straße wieder zurückgebaut wird. "Es war ein erheblicher Eingriff in die Natur, der so nicht hätte passieren dürfen." Sven Gregor gesteht ein: "Vielleicht hätte man die Straße dort sanieren sollen, wo sie einst entlanggeführt hat. Dann halt schmaler und ohne Fördermittel". Aber hinterher sei man halt immer schlauer.

Vielleicht hätte man die Straße dort sanieren sollen, wo sie einst entlanggeführt hat.

Sven Gregor Bürgermeister von Eisfeld

Offen bleibt immer noch die Frage, wie es mit der Straße nun weitergeht. Hier ist jetzt offensichtlich das Eisenbahnbundesamt am Zug. Von dort kam auf MDR THÜRINGEN-Anfrage bisher jedoch noch keine Antwort.

MDR (dst)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | THÜRINGEN JOURNAL | 23. November 2022 | 19:20 Uhr

31 Kommentare

Harka2 am 26.11.2022

@mensrea
Ja, die Gesetze behindern mitunter Investitionen - nur, das ist auch gut so. Wir leben zum Glück nicht in Zeiten, in denen Umweltschutz und Rechtsschutz keine Rolle spielten. Es gelten inzwischen Gesetze die für eine Ausgewogenheit in solchen Fällen gültig sind.

mensrea am 25.11.2022

@Harka: ich hatte auf den Kommentar reagiert, der die Grüne Liga auffordert auf Rückbau zu klagen, sollte das nicht von selbst passieren. Da setzte meine ursprüngliche Kritik an, dass sowas nach Rechthaberei und nicht nach Lösung klingt. Und ja, zur Fehlerkultur gehört zu schauen, wie der Fehler passieren konnte. Aber auch die Gesamtschau, ob die Gesetze im Land überhaupt tun, was sie sollen, umsetztbar sind und nicht behindern, was sie fördern wollen.

Harka2 am 25.11.2022

@mensrea
Ich glaube, sie verstehen etwas nicht. Es geht nicht darum, die Straße abzureißen - das wird nicht passieren. Der Skandal ist doch eher, dass da jemand eine Straße baut ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse zu nehmen. Wie kann so ein Fehler passieren?!

Was wenn das ihr Land gewesen wäre, dass man ungefragt asphaltiert hätte?

Was wenn dort ein Schutzgebiet für Gott weis was gewesen wäre? Einfach mal eben Tatsachen schaffen kann ja schwerlich der richtige Weg sein. Es gibt in diesem Land Gesetze an die man sich zu halten hat. Wer dagegen verstößt muss die Verantwortung dafür übernehmen.

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