Sechs Studierende sitzen auf dem Campus der TU Ilmenau 3 min
Im Video: Die Technische Universität Ilmenau schrumpft. Die Zahlen sind drastisch: In den vergangenen 20 Jahren hat die Uni 40 Prozent der Studierenden verloren. Eine Entwicklung, von der auch andere Hochschulen betroffen sind. Bildrechte: MDR/Marlene Drexler

Hochschulen Was weniger Studierende für Universitäten in Thüringen bedeuten

14. April 2025, 08:00 Uhr

Die Studierendenzahlen an öffentlichen Thüringer Hochschulen nehmen in Summe ab. Nicht alle Standorte sind jedoch gleichermaßen betroffen. Und es gibt Hoffnung, dass sich der Trend auch wieder umkehrt.

Die Zahl der Studierenden an öffentlichen Hochschulen in Thüringen geht tendenziell weiter zurück. Laut dem Bildungsministerium setzt sich dieser Trend seit mittlerweile über zehn Jahren fort. Thüringen sei bundesweit betrachtet jedoch keine Ausnahme. Abseits von Bayern und Berlin seien überall sinkende Zahlen zu verzeichnen.

Hauptgrund ist demnach die Demografie. Sinkende Geburtenzahlen führten zu sinkenden Studierendenzahlen. Laut dem Bildungsministerium haben es zudem ländliche Standorte, die vor allem Studierende aus der Region anziehen, im Wettbewerb mit Großstädten schwieriger.

Führen sinkende Studierendenzahlen unmittelbar zu Kürzungen für die Hochschulen?

Die finanzielle Ausstattung von Universitäten ist zwar auch an die Studierendenzahl geknüpft - sie stelle jedoch keinen zentralen Faktor dar, so das Bildungsministerium. Die Zahl der Studierenden, die durch die Uni erworbenen Drittmittel und welche Fächer gelehrt werden, ist mit insgesamt 20 Prozent gewichtet. 80 Prozent der Finanzierung ergeben sich laut Bildungsministerium aus historisch gewachsenen Umständen.

Beispiel Technische Universität Ilmenau

Ein Beispiel für sinkende Studierendenzahlen ist die Technische Universität Ilmenau. Sie ist im vergangenen Jahrzehnt um etwa 40 Prozent geschrumpft. 2013 waren es noch knapp 7.000, heute zählt die TU noch exakt 4.134 Studierende. Der Anteil internationaler Studierender liegt nach Angaben der Universität bei circa 48 Prozent.

Universitäten brauchen genug Nachwuchs, um dem gesetzlichen Auftrag zur Grundlagenforschung nachzukommen.

Anja Geigenmüller TU Ilmenau

"Universitäten brauchen genug Nachwuchs, um dem gesetzlichen Auftrag zur Grundlagenforschung nachzukommen", beschreibt Anja Geigenmüller, Vizepräsidentin der Universität, die Herausforderung. Außerdem hätten die Hochschulen auch die Aufgabe, genug Fachpersonal für den Arbeitsmarkt auszubilden.

Eine Frau in einem Büro
Anja Geigenmüller, Vizepräsidentin der TU Ilmenau Bildrechte: MDR/Marlene Drexler

Gleichwohl sei es auch nicht unbedingt sinnvoll, nur die Studierendenzahlen ins Visier zu nehmen, so Geigenmüller. Wichtig sei zu schauen, wie viele junge Menschen ihr Studium auch erfolgreich beenden.

Warum Grundlagenforschung wichtig ist Grundlagenwissen ist die Basis für angewandte Forschung, zum Beispiel in der Entwicklung von Medikamenten. Sein Ziel ist es, allgemeines Wissen zu schaffen. Grundlagenforschung ist also ein öffentliches Gut, an dem jeder teilhaben kann.

Ilmenauer Uni-Vizepräsidentin: "Wir tun viel, um attraktiv zu sein"

Die TU Ilmenau tue zudem viel, um den sinkenden Einschreibungszahlen entgegenzuwirken, so die Vizepräsidentin der Universität. Kontinuierlich werde evaluiert, wie das Studium verbessert und attraktiver gemacht werden kann. Die Lehrpläne werden laut Geigenmüller stetig überarbeitet, neue Prüfungsformen, Flexibilitäten und Wahlfreiheiten geschaffen.

Auch pflege die TU gute Kontakte zur Industrie, sodass Studierende leicht Praktikumsplätze finden könnten. Darüber hinaus biete die Uni ihren Studierenden modernste Lehrräume und Labore. Auch das Betreuungsverhältnis an der TU sei gut - zumal der individuelle Betreuungsbedarf gestiegen sei. Das hänge mit veränderten Studienfähigkeiten und Voraussetzungen von Studienanfängern zusammen. Die TU habe letztlich trotz weniger Studierender keinen geringeren Finanzbedarf.

Kleinere Unis haben auch Vorteile

Fabia Kohlhoff, die sich im Ilmenauer Studierendenrat engagiert, schätzt den kurzen Draht zu den Professorinnen und Professoren. Für sie sei zudem der gute Ruf der Universität und der kompakte Campus ausschlaggebend gewesen. Fabia Kohlhoff weist auch auf eine gute Einweisung der neu eingeschriebenen Studierenden durch eine vielseitige Orientierungswoche hin.

Und auch wenn die Stadt selbst nicht so viele Anlaufstellen für junge Leute biete und dadurch vielleicht im Vergleich zu Großstädten weniger attraktiv wirke, gebe es zahlreiche Uni-Vereine, die Angebote schaffen.

Eine Studentin während eines Interviews
Die Studentin Fabia Kohlhoff engagiert sich im Studierendenrat der TU Ilmenau. Bildrechte: MDR/Marlene Drexler

FH Schmalkalden als Gegenbeispiel

Die Hochschulrektorenkonferenz, ein freier Zusammenschluss deutscher Hochschulen, sieht die Lage bundesweit deutlich positiver als das Thüringer Bildungsministerium. Die Studierendenzahlen lägen insgesamt auf einem sehr hohen Niveau. Statistisch gesehen handle es sich um ein Hochplateau.

Gleichwohl gebe es regional teils große Unterschiede, die nicht monokausal erklärt werden könnten und auch unberechenbaren Schwankungen unterlägen. Illustrieren kann das für Thüringen die Fachhochschule Schmalkalden. Sie ist ebenfalls - wie die TU Ilmenau - ländlich gelegen und technisch ausgerichtet. Durch ihre Lage müsste auch sie es im Wettbewerb schwieriger haben, kann ihre Studierendenzahlen aber trotzdem stabil halten.

Seit 20 Jahren liegt die Zahl zwischen 2.500 und knapp 3.000. Wobei der Anteil internationaler Studierender kontinuierlich gestiegen ist und heute bei 55 Prozent liegt. Parallel dazu sei auch das Angebot englischsprachiger Studiengänge ausgeweitet worden, so die Fachhochschule. Diese Studiengänge würden "boomen".

Bundesweiter Hochschulverband gibt positive Zukunftsprognose

Mit Blick in die Zukunft geht die Hochschulrektorenkonferenz in den nächsten zwei Jahren zwar in der Gesamtschau mit einer (für manche Standorte anhaltenden) Delle in der Studierendenstatistik aus.

Ab 2027 rechnet sie dann aber wieder mit steigenden Studierendenzahlen - weil dann wieder geburtenstärkere Jahrgänge kommen. Bis 2035 könnten die Zahlen dann sogar das heutige Niveau übertreffen, so der Zusammenschluss der Hochschulen.

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MDR (med/jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 13. April 2025 | 19:00 Uhr

117 Kommentare

Anita L. vor 1 Wochen

"Das zeigen Zahlen des Bundesfinanzministeriums, sowie eine Aufstellung einer Arbeitsgruppe der 16 Länderfinanzminister."

Und dieser Zahl stellen Sie die Ausgaben allein des Bundesfamilienministeriums entgegen? Auch das ist schief "gerechnet" und somit nichtssagend: Rechnen Sie erstens die Ausgaben der Länder mit hinzu (wie bei den Ausgaben für Migration ebenfalls getan) und alle Ausgaben für Familie und (!) Bildung (denn auf die beziehen Sie sich oben ebenfalls). Allein vom Bund kommen somit bereits Ihre 14,44 Mrd. plus 22,32 Mrd. für Bildung = 36,72 Mrd. Euro zusammen. Die Ausgaben der Länder (Bildung ist Länderaufgabe) wären noch hinzuzufügen (ich spare mir diese Recherchearbeit jetzt). Thüringen liegt übrigens im Ländervergleich, was die Ausgaben pro Schüler_in im Verhältnis zu den Gesamtausgaben pro Einwohner_in mit knapp 170 Prozent auf Platz eins.

goffman vor 1 Wochen

@Nudel81:
Falsch. „Die Thüringer“ wollten genau diese Regierung. Sie haben die Parteien schließlich gewählt und die Parteien haben getan, was mit dem Wahlergebnis möglich war. Mag sein, dass unter den Studierenden die Parteien Präferenz von der Gesamtheit der Wähler abweicht.

goffman vor 1 Wochen

Prinzipiell stimme ich Ihnen voll zu, wir sollten uns aber davor hüten gegen Handwerker „zurückzubashen“.
Handwerksmeister haben meist durchaus Ahnung von Ihrem Fach und sind auch nicht weniger wichtig.
„Wir gegen die“ ist die Masche der Populisten. Informatiker, Soziologen, Ingenieure, Tischlermeister, Maurer, Kassierer, Pädagogen, Ärzte, Theologen, Putzkräfte, - Akademiker, Meister, Gesellen, Ungelernte - sie alle sind wichtig für uns als Gesellschaft und wir sollten sie alle in ihrem Beruf gleichermaßen achten.

Aber ich verstehe, was Sie meinen und ja, im Handwerk genauso wie unter Akademikern gibt es Leute die von ihrem Fach keine Ahnung haben, beim Handwerker sieht mans vielleicht eher. Und oft ist es gar nicht das Know-how sondern der Preisdruck, der zu Murks führt.

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