Waldbrandgefahr Trockenheit in Thüringen: Immer mehr Einsätze für die Feuerwehr

06. Juli 2022, 12:15 Uhr

Aufgrund der Trockenheit brennen in Thüringen immer öfter Felder und Wälder. Bisher blieb es bei kleinen Bränden, aber die Löscheinsätze dauerten oft stundenlang. MDR THÜRINGEN sprach darüber mit einem Einsatzleiter und dem Feuerwehrverband.

Nico Weichold aus Stadtilm läuft auf einem schmalen Pfad durch den Wald bei Dörnfeld nahe Stadtilm. Der Boden ist bedeckt mit trockenen braunen Fichtennadeln, die Äste und Zweige vieler Bäume hier wirken verdorrt. Etwa 200 Meter vom Waldrand entfernt stoppt Nico Weichold und zeigt auf verkohlte Baumstämme.

Feuerwehr: Kleine Brandstelle im Wald bei Stadtilm

"Hier", sagt er, "hat es vor zwei Wochen gebrannt." Es ist nur eine kleine Stelle, etwa 200 Quadratmeter groß, aber sie lässt erahnen, wie es nach einem größeren Waldbrand aussähe. Nico Weichold ist Kreisbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr im Ilmkreis. Er war an dem Samstagnachmittag, als es hier brannte, der zuständige Einsatzleiter.

"Wir waren in der Summe 40 Mann." Ein Anwohner hatte gegen halb vier Rauch im Wald bemerkt und gemeldet, die Freiwilligen Feuerwehren aus Gräfinau-Angstedt, Stadtilm, Gehren und Ilmenau rückten aus, um das Feuer zu löschen. Es war heiß an diesem Tag, 35 Grad zeigte das Thermometer an.

In der Tiefe glimmt es weiter.

Nico Weichold Kreisbrandmeister Ilmkreis

Glücklicherweise waren die Flammen schnell gelöscht. Dennoch dauerte der Einsatz vier Stunden. Denn überall hätten sich Glutnester bilden und erneut aufflammen können, und die mussten beseitigt werden. "Das sieht aus wie jetzt, man sieht gar nichts, aber in der Tiefe glimmt es weiter", erzählt Nico Weichold.

Mit speziellen Hacken, der Brandmeister nennt sie Waldbrandhacken, hackten die Feuerwehrleute vor allem den Rand um den verbrannten Waldabschnitt auf und den Boden rund um die Bäume. Dann schwemmten sie Wasser ein. "Das Löschen geht relativ schnell, aber die Arbeit im Nachgang ist sehr zeitaufwändig."

"18 Uhr waren wir fertig, bis 21 Uhr haben wir noch Brandwache gehalten, um ganz sicher zu gehen, dass nichts wieder aufflammt." Die Ursache für das Feuer war nicht feststellbar.

Thüringen im Juni trockenstes Bundesland

Im Ilmkreis seien solche Einsätze bisher selten, sagt Nico Weichold. "Bis jetzt sind wir immer glimpflich davongekommen." Doch insgesamt nehmen Einsätze aufgrund von Feld- und Waldbränden zu, erzählt Michael Schwabe, Vorstandsmitglied des Thüringer Feuerwehrverbandes.

Schuld ist die große Trockenheit: Der Freistaat war im Juni das trockenste Bundesland, es fielen nur 28 Prozent der normalen Niederschlagsmenge. Erst am Wochenende waren mehrere Felder in ganz Thüringen abgebrannt. Eine Waldbrandwarnung ist längst ausgerufen.  

Michael Schwabe vom Thüringer Feuerwehrverband
Michael Schwabe vom Thüringer Feuerwehrverband: "Die Feuerwehren stellen sich immer mehr auf Feld- und Waldbrände im Sommer ein." Bildrechte: Thüringer Feuerwehrverband

Da sind die Feuerwehrleute - und der Großteil von ihnen macht das ehrenamtlich - rund um die Uhr in Einsatzbereitschaft. "Grundsätzlich ist das eine Entwicklung, die in Thüringen in den letzten Jahren zugenommen hat", sagt Michael Schwabe. "Die Feuerwehren stellen sich immer mehr darauf ein."

Das ist eine Mehrbelastung für die Feuerwehren.

Michael Schwabe Thüringer Feuerwehrverband

"Natürlich haben wir in letzter Zeit vermehrt Einsätze zu Flächenbränden", erzählt der Feuerwehrmann weiter. Einsätze, die es früher eher nicht gegeben habe. "Von daher ist es eine Mehrbelastung für die Feuerwehren." Zudem: Feldflächenbrände seien oft selbst verursacht. "Es kommt häufig vor, dass die Mähdrescher heißlaufen."

Ein Funke genügt

Ein Funke genüge, um ein ausgetrocknetes Feld zu entflammen. "Da muss wieder ein Umdenken kommen", sagt Schwabe. Zu DDR-Zeiten hätten die Agrarbetriebe jeweils einen Traktor mit Pflug und Wasserfass mit auf das Feld geschickt. Der konnte dann im Notfall das Feuer löschen. "Die haben sich schon selbst zu helfen gewusst."

Brände dauern oft stunden- oder tagelang

Für die Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehr sind die Löscharbeiten während der Sommerhitze, wenn es heiß und trocken ist, körperlich enorm anstrengend. Die Feuerwehrleute müssen Schläuche legen, mit Feuerpatschern Brände am Boden löschen, mit Haken und Hacken den Boden aufreißen, um an die Glutnester zu kommen. Die Brände dauern oft stundenlang, größere Waldbrände mehrere Tage lang.

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Stand: 06.07.2022 Quelle: MDR/ThüringenForst

Waldbrandgefahrenstufen

Stufe 1 sehr geringe Waldbrandgefahr Stufe 2 geringe Waldbrandgefahr Stufe 3 mittlere Waldbrandgefahr Stufe 4 hohe Waldbrandgefahr Stufe 5 sehr hohe Waldbrandgefahr

Bei Zimmer- und Wohnungsbränden sei der Einsatz der einzelnen Kameraden auf 20 Minuten beschränkt. Länger dürften sie die Atemmaske nicht tragen. Entsprechend sei die Ausrüstung der Feuerwehrleute auf die Bekämpfung von Zimmerbränden ausgerichtet, "dicke, massive, schwere Schutzkleidung, die auch kurzzeitiger Beflammung standhält", sagt Michael Schwabe.

Dünnere Schutzkleidung für Löscharbeiten im Sommer

Die schwere Schutzkleidung während stundenlanger Löscharbeiten im Sommer auf dem offenen Feld oder im trockenen Wald zu tragen, sei sehr belastend. Doch allmählich finde ein Umdenken statt, erzählt Schwabe. Manche Gemeinden, die für die Ausrüstung zuständig seien, kauften inzwischen dünnere Schutzkleidung. Sie habe weniger Stofflagen, sei wesentlich leichter, es gebe auch leichtere Helme.

Vorerst wünsche er sich vor allem eines, sagt Michael Schwabe: Regen. Und "dass alle umsichtig sind." Kreisbrandmeister Nico Weichold sagt: "Man sollte es vermeiden, in den Wald zu gehen. Es kann jederzeit ein Brand entstehen." Ansonsten hofft auch er auf Regen, um aufatmen zu können. Am Donnerstag soll es endlich soweit sein: Der Wetterbericht verspricht für diesen Tag ergiebigen Landregen für Thüringen.

MDR (caf)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 06. Juli 2022 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

martin am 08.07.2022

@anni22: Klar gab es früher auch "heiß und trocken" - welch neue Erkenntnis! Trotzdem waren die Böden längst nicht so "durchgetrocknet" wie in den letzten Jahren.

martin am 08.07.2022

Bei Waldbrand gebe ich Ihnen recht. Allerdings denke ich durchaus, dass mit Pflug und Wasserfass vor Ort durchaus etliche Entstehungsbrände auf dem Feld eingedämmt werden könnten. Da aber beim Maschinenbrand der Verlust der Maschine (egal ob Mähdrescher oder Presse) am teuersten ist, spart man sich die zusätzlichen Kosten und wartet auf die kostenlose, ehrenamtliche Freiwillige Feuerwehr.

Bei höherer Waldbrandstufe steht bei der hiesigen Landwirtschaft aber immer einen großer gefüllter Wasseranhänger bereit, der dann zur Unterstützung der Feuerwehr schnell an den Brandherd gebracht werden kann. Das könnte dann zum Ablöschen eines Entstehungsbrands reichen. Wenn die Brandausbreitung aber schon größer ist, bedarf es in der Tat einer größeren "Tankerkette", wobei die Landwirtschaft auch mit ihrer Technik unterstützt und nicht nur die Tanker der Feuerwehren im Einsatz sind.

Eulenspiegel am 07.07.2022

Hallo Anni
Ich denke sie schätzen die Situation total falsch ein. Mit einem Wasserfass auf dem Traktor klappte se zur DDR Zeiten. Heute brauchen sie eine Reihe von Tanklaster die rund um die Uhr Felder und Wälder mit Wasser versorgen um ein Minimal an Bodenfeuchtigkeit zu erreichen.

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