EhrenamtFeuerwehrleute gesucht: Infoveranstaltung in Kaltennordheim wird zum Reinfall
Die Feuerwehr in Kaltennordheim in der Thüringer Rhön braucht dringend neue Mitglieder, zu wenig Jugendliche aus der Jugendfeuerwehr können gehalten werden. Rund 200 Frauen und Männer hat die Stadt persönlich angeschrieben und zu einer Infoveranstaltung eingeladen. Doch der Rücklauf wurde zur riesigen Enttäuschung.
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Wenn es brennt oder jemand nach einem Unfall im Auto eingeklemmt ist, kommt die Feuerwehr und hilft. Davon zumindest gehen wir aus. In Kaltennordheim gerät diese Gewissheit gerade ins Wanken. Die dortige Freiwillige Feuerwehr ist unterbesetzt und sucht dringend Nachwuchs.
Stadt und Feuerwehr haben daher zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Das Ziel: Werbung für das ehrenamtliche Engagement zu machen. Immerhin wird eine kostenlose Fachausbildung geboten mit vielfältigen Chancen, sich persönlich weiterzuentwickeln.
Stuhlreihen fast leer
Es ist Mittwochabend. Die Stühle im Saal des Bürgerhauses sind ordentlich aufgereiht, auf einem Tisch stehen Getränke bereit. Der Beamer für die Präsentation, die gleich folgen soll, ist schon eingeschaltet. Als es dann um 18 Uhr losgehen soll, fehlt nur eines: die Gäste. Lediglich zwei interessierte Frauen sind gekommen. Zwei von rund 200 Frauen und Männern, die die Stadt gezielt per Post eingeladen hatte.
Wir haben gedacht, mit einer persönlichen Einladung können wir Leute erreichen.
Erik Thürmer | Bürgermeister Kaltennordheim
Soll Bürgermeister Erik Thürmer den Vortrag überhaupt halten? Fragt sich die kleine Runde enttäuschter Gesichter, die hauptsächlich aus Feuerwehrkameraden besteht. Naja, immerhin zwei Interessierte gibt es ja zu gewinnen.
Feuerwehr verfehlt nötige Truppenstärke
In den folgenden Minuten ist zu erfahren: In Kaltennordheim standen im laufenden Jahr für Einsätze durchschnittlich knapp sieben Kameraden zur Verfügung. Um das Einsatzfahrzeug zu belegen, braucht es aber mindestens neun. Den Maschinisten, der das Fahrzeug fährt. Einen Gruppenführer sowie einen Melder, die gemeinsam die Koordination übernehmen. Außerdem die drei zweiköpfigen Trupps: Angriffstrupp, Wassertrupp und Schlauchtrupp.
Bisher konnte die Unterbesetzung laut dem Kaltennordheimer Einheitsführer Daniel Fiekers noch kaschiert werden: "Aber angenommen wir haben einen Großbrand, dann müssen wir sofort nach der Alarmierung Mannschaft und Gerät anderer Feuerwehren anfordern." Die durch längere Anfahrtswege verlorenen Minuten können im Zweifel über Leben und Tod entscheiden.
Zu wenige Jugendliche können gehalten werden
Laut Bürgermeister Erik Thürmer ist die Kaltennordheimer Jugendfeuerwehr eigentlich erfolgreich, das Problem sei, die Jugendlichen zu halten. Von 25 Ausgebildeten, sind zuletzt nur zwei in die Freiwillige Feuerwehr eingetreten.
Jeder erwartet, dass wenn man selbst oder die eigene Familie in Not ist, die Feuerwehr kommt und hilft. Wenn aber im Gegenzug niemand bereit ist etwas zurückzugeben, funktioniert das System nicht mehr.
Erik Thürmer | Bürgermeister Kaltennordheim
Hintergrund sei oft die individuelle Lebensplanung. Dem Ehrenamt kommen Ausbildung, Studium, Wegzug oder Familiengründung dazwischen. Daher hat die Stadt Kaltennordheim bei der jüngsten Offensive gezielt Menschen zwischen 30 und 40 Jahren angeschrieben. Menschen, die schon im Leben stehen und in der Region verwurzelt sind.
Bürgermeister mit Appell
Das war wohl nicht der richtige Weg, gesteht Bürgermeister Erik Thürmer ein: "Wir haben gedacht, mit einer persönlichen Einladung können wir Leute erreichen. Aber so ein Schreiben transportiert wahrscheinlich zu wenig Emotionen." Der Bürgermeister appelliert an die Bevölkerung: "Jeder erwartet, dass wenn man selbst oder die eigene Familie in Not ist, die Feuerwehr kommt und hilft. Wenn aber im Gegenzug niemand bereit ist etwas zurückzugeben, funktioniert das System nicht mehr."
Der 40-Jährige geht mit gutem Beispiel voran. Er selbst ist seit fast zwanzig Jahren bei der Feuerwehr. Auch bei den Feuerwehrkameraden trifft der geringe Rücklauf auf Frustration, teilweise auch auf Wut: "Was ist das für ein armseliges Bild, was die Stadt hier heute Abend abgibt?", fragt einer verärgert. Klar ist, je kleiner die Truppe, desto mehr Belastung entsteht für den Einzelnen.
Mitgliedermangel kein landesweiter Trend
Probleme wie in Kaltennordheim sind in Thüringen offenbar trotzdem eher die Ausnahme. Laut des Thüringer Feuerwehrverbands haben sich die Mitgliederzahlen in den letzten fünf Jahren im Land mehr oder weniger als stabil erwiesen. In der Regel seien altersbedingte Austritte gut durch die Zahl von Übertritten aus der Jugendfeuerwehr kompensiert worden, so Verbandsvorsitzender Karsten Utterodt.
Gut möglich jedoch, dass es ländliche Regionen wie Kaltennordheim aufgrund der Bevölkerungsentwicklung insgesamt schwieriger haben. Auch die kleine Stadt Lauscha im Landkreis Sonneberg kämpfte in der Vergangenheit mit Nachwuchssorgen.
In Kaltennordheim wollen Stadt und Feuerwehr nun Wege finden, Menschen persönlich anzusprechen. Immerhin: Die zwei Frauen, die als einzige zur Informationsveranstaltung gekommen sind, wollen tatsächlich Mitglied werden. Sie wären damit zugleich die ersten Frauen in der Kaltennordheimer Truppe.
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MDR (nir)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 19. September 2024 | 18:25 Uhr
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