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Sieben Verhandlungstage hat das Landgericht Meiningen angesetzt. Bildrechte: imago images/ari

MeiningenFrau soll Chinesen nach Thüringen geschleust haben - Angeklagte weist Vorwürfe zurück

02. November 2022, 14:59 Uhr

Am Landgericht Meiningen hat am Mittwoch ein Prozess gegen eine mutmaßliche Schleuserin begonnen. Angeklagt ist eine gebürtige Chinesin, die die Vowürfe bestreitet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, Landsleuten über Scheinfirmen in Bad Liebenstein widerrechtlich Aufenthaltstitel in Deutschland verschafft zu haben. In der Sache waren ursprünglich auch zwei Kommunal-Politiker aus dem Wartburgkreis angeklagt. Ihre Verfahren wurden aber gegen Geldauflagen eingestellt.

von Dirk Reinhardt, MDR THÜRINGEN

Im Meininger Prozess wegen Einschleusens von Ausländern hat die Angeklagte die Vorwürfe bestritten. Über ihre Verteidigerin kündigte sie an, einen Freispruch anzustreben. Nach Angaben der Verteidigerin hatte die 58 Jahre alte Chinesin ihren Landsleuten mit ihrem Service lediglich angeboten, sich gewerbsmäßig in Bad Liebenstein niederzulassen.

Wenn sie danach andere Geschäfte gemacht hätten, sei dass nicht mehr in ihrem Verantwortungsbereich gewesen, so die Verteidigung. Das Gericht kündigte an, dass es eine umfangreiche Beweisaufnahme aufnehmen muss, um die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft aufzuklären.

Angeklagt sind 25 Fälle

Die Staatsanwaltschaft Gera wirft der Frau vor, sie habe Landsleuten durch die Gründung von Scheinfirmen in Bad Liebenstein im Wartburgkreis widerrechtlich Aufenthaltstitel in Deutschland verschafft. Angeklagt sind 25 Fälle. Die Anklage war im Sommer dieses Jahres nach gut zweijährigen Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft erhoben worden.

Firmen ohne Geschäftstätigkeit

Die Geschäftsfrau hatte im Jahr 2015 in Bad Liebenstein eine leerstehende ehemalige Kurklinik erworben und dort Geschäftsräume eingerichtet. Gleichzeitig warb sie in China um Landsleute, die in dem Bürokomplex Unternehmen gründen sollten.

Nach Recherchen von MDR THÜRINGEN reisten auch mehrere Personen aus China ein und gründeten in Bad Liebenstein Firmen. Laut Handelsregister waren insgesamt 14 Firmen mit Geschäftssitz in der Immobilie gemeldet. Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, dass diese Unternehmen nie eine wirkliche Geschäftstätigkeit entwickelt hätten, sondern nur als Vorwand dienen sollten, einen Aufenthaltstitel zum Zwecke der Erwerbstätigkeit zu erschleichen.

Geldauflagen wegen Geringfügigkeit der Schuld

Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich auch Anklage gegen den Bürgermeister von Bad Liebenstein, Michael Brodführer, und den stellvertretenden Landrat des Wartburgkreises, Udo Schilling, erhoben. Beiden wurde Beihilfe zum Erschleichen von Aufenthaltstiteln vorgeworfen. Als Beleg hierfür wurden offizielle Einladungen der Stadt Bad Liebenstein an die Existenzgründer gesehen.

Die Verfahren gegen die beiden wurden aber vor Prozessbeginn gegen Geldauflagen nach Paragraf 153a Strafprozessordnung eingestellt. Diese sieht Geldauflagen vor, wenn von einer Geringfügigkeit der Schuld ausgegangen wird. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN hatte das Gericht eine solche Auflage angeregt.

Sieben Verhandlungstage angesetzt

Die beiden Kommunalpolitiker hatten die Vorwürfe stets bestritten. Bürgermeister Brodführer hatte kurz nach Bekanntwerden des Ermittlungsverfahrens im Jahr 2019 von falschen Verdächtigungen gegen ihn und Schilling gesprochen, die durch eine Mitarbeiterin des Landratsamtes erhoben worden wären. Zu dem Prozess gegen die Geschäftsfrau sagte er MDR THÜRINGEN am vergangenen Mittwoch, er wolle dessen Ergebnis abwarten und sich danach "ausführlich zu dem Fall äußern".

Das Landgericht hat für das Verfahren insgesamt sieben Verhandlungstage bis Dezember angesetzt.

Mehr über den Schleuser-Fall in Bad Liebenstein

MDR (co)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 02. November 2022 | 06:00 Uhr