Menschen stehen in der Abenddämmerung vor einem Polarsternfinder.
Einfach zu bedienen: Der Polarsternfinder in der Rhön. Bildrechte: Anna-Lena Bieneck

Lichtverschmutzung Licht aus, Sterne an: Neue Botschafter für Sternenpark Rhön

25. Juli 2022, 07:44 Uhr

Als eine von fünf Regionen in Deutschland darf sich die Rhön seit 2014 "Internationaler Sternenpark" nennen - dort ist es so dunkel wie selten in Mitteleuropa. Das wollen sich viele Besucher anschauen. Deshalb wurden jetzt 20 Sternenparkführer ausgebildet. Sie sollen als Botschafter des Schutzgebietes aber nicht nur den Himmel erklären, sondern auch dafür werben, Lichtverschmutzung zu reduzieren.

In der Rhön können Einheimische und Urlauber erleben, was mittlerweile selten geworden ist: Dunkelheit - und Sternenhimmel. Das liegt vor allem an der geringen Bevölkerungsdichte und hat der Region vor acht Jahren den Titel "Internationaler Sternenpark" der Organisation "Dark Sky Association" eingebracht. Der Sternenhimmel sei nicht nur ein beeindruckendes Naturerlebnis, sagt Simon Manger vom Verein Sternenpark Rhön, sondern auch "ein wichtiges Kulturgut für uns Menschen". Das zu vermitteln, sei ein Anliegen des Vereins und des Sternenparks.

Himmelsschauplätze mit Wellenliege

Dafür wurden im Unesco-Biosphärenreservat Rhön bereits sieben sogenannte Himmelsschauplätze errichtet. Zwei davon sind in Thüringen zu finden, auf dem Weidberg bei Kaltennordheim, im Außengelände der Erlebniswelt Rhönwald, sowie auf dem Gläserberg bei Dermbach. Dort gibt es jeweils einen einfach zu bedienenden Polarsternfinder, eine Sternenkarte, Informationstafeln und einen Aufsetzer für Ferngläser. Weitere Himmelsschauplätze sind geplant.

Und wer die Sterne entspannt betrachten möchte, kann sich auf eine Wellenliege legen. Auf der Hohe Geba finden Hobby-Astronomen eine Beobachtungsplattform, auf der sie Teleskope aufstellen können.

Mit Sternenparkführern durch die Nacht

Im Internet haben das Biosphärenreservat Rhön, die Rhön GmbH und der Verein Sternenpark Rhön zusätzliche Informationen zusammengestellt. Es finden sich auch Verhaltensregeln, denn wer nachts im Dunklen unterwegs ist, sollte möglichst weder die Natur noch andere Sternenbeobachter stören, sei es durch Licht, Lärm oder Müll.

Wer nicht alleine unterwegs sein will, kann eine Führung buchen. Weil die so stark gefragt waren, haben alle Sternenpark-Partner in diesem Jahr gemeinsam eine erste Ausbildung für Sternenparkführer auf die Beine gestellt, finanziert von den fünf Rhön-Landkreisen in Bayern, Hessen und Thüringen.

80 Unterrichtsstunden absolviert

20 Männer und Frauen aus den drei Bundesländern wurden seit März ausgebildet. An fünf langen Wochenenden hatten sie insgesamt 80 Stunden Unterricht - von Astronomie bis Recht, von Umwelt bis Didaktik und Rhetorik. Eine Hausarbeit musste geschrieben werden, an diesem Wochenende fanden die theoretischen und praktischen Prüfungen statt. Alle haben durchgehalten und bestanden.

Milchstraße vor Augen

Thomas Wehner aus Dermbach beispielsweise hatte sich schon als Schüler für Astronomie interessiert. Heute ist er Lehrer und ist immer noch fasziniert vom Himmel über der Rhön. "Ich war jetzt erst die Woche auf Klassenfahrt in Hamburg. Da habe ich gerade so das Sommerdreieck entdeckt, die Lichtverschmutzung ist da gewaltig. Wenn man aber hier auf den Bergen der Rhön steht, da sieht man wirklich die Milchstraße mit Tausenden von Sternen." Das Bewusstsein für den "einzigartigen Sternenhimmel in der Rhön" will er künftig bei Führungen schärfen.

Ein ganz wichtiger Aspekt ist, dass viel unnützes Licht Tieren schadet in der Nacht.

Daniela Sell Zertifizierte Sternenparkführerin

Die Lichtverschmutzung beschäftigt Daniela Sell aus Unteralba schon seit einigen Jahren. Sie ist zertifizierte Natur- und Landschaftsführerin und hatte sich für die Weiterbildung beworben, um ihren Horizont zu erweitern, wie sie sagt. Und um über Lichtverschmutzung besser aufklären zu können: "Dass Licht, was unnütz ist, den Tieren nachts schadet, das ist ein ganz wichtiger Aspekt", sagt sie. "Das wissen viele noch nicht, und da fühlen wir uns als Botschafter, um das in die Breite zu bringen."

Die Nacht ist ein sehr wichtiger Lebensraum, den wir als tagaktive Menschen gar nicht wahrnehmen.

Simon Manger Verein Sternenpark Rhön

Im Sternenpark geht es um mehr als um einen prachtvollen Sternenhimmel - es geht um den Schutz der Dunkelheit, um die natürliche Nachtlandschaft. "Die Nacht ist ein sehr wichtiger Lebensraum, den wir als tagaktive Menschen gar nicht wahrnehmen", sagt Simon Manger vom Sternenparkverein.

Die Hälfte aller Arten sei nachtaktiv, viele brauchten die Dunkelheit zum Schutz, zum Regenerieren, zur Fortpflanzung. Kunstlicht sei "ein schädlicher Umweltfaktor", so Ulrike Schade, die Leiterin der Thüringer Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön. Es bedeute Stress für Tiere, für die es entweder eine Barriere darstelle - oder sie anziehe. Licht in der Nacht sei ein Faktor für das Insektensterben. Es lasse Menschen nicht schlafen und Pflanzen bis spät im Jahr Blätter bilden, sodass sie leichter Frostschäden erlitten.

Intelligent beleuchten

Was also tun? Nicht auf Licht vollständig verzichten, sagt Ulrike Schade, aber es sinnvoll und intelligent einsetzen. Weniger reiche auch, denn Städte und Regionen seien "überbelichtet". Und in Zeiten von knapper Energie sei es ohnehin angeraten, sich Gedanken zu machen.

Licht genauer dorthin werfen, wo es gebraucht wird, rät Simon Manger, auf den Gehweg beispielsweise. Kein blendendes Licht, das heller ist als benötigt, warme Farbtemperaturen wählen, also eher orange-rotes Licht mit geringem Blauanteil. Und Licht nur nach Bedarf einsetzen, nicht die ganze Nacht über leere Plätze bestrahlen.

Sternenparkwochen im August

Mit dem Titel als Sternenpark haben sich die Gemeinden in der Rhön verpflichtet, Lichtverschmutzung zu reduzieren. Dass auch jeder einzelne etwas tun kann, werden die neu ausgebildeten Sternenparkführerinnen und -führer vermitteln. Denn nur wenn die Nacht weiter geschützt wird, ist auch der klare Rhöner Sternenhimmel zu erleben: Licht aus - Sterne an.

Und nur wer etwas kennt, wird es auch schützen, sagt Simon Manger. Zum Kennenlernen gibt es im August wieder viele Gelegenheiten bei den dritten Sternenparkwochen in der Rhön. Da reicht das Angebot von Führungen und Wanderungen über kulinarische Erlebnisse bis zum Picknick unterm Sternenzelt.

Mehr zur Faszination des Weltalls

Ein blauer leuchtender, kugelrunder Stern, im Vordergrund eine schwarze Kugel, die ein Schwarzes Loch darstellt.
Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie das Doppelsternsystem VFTS 243 aussehen könnte, wenn wir es aus der Nähe beobachten würden. Das System, das sich im Tarantelnebel in der Großen Magellanschen Wolke befindet, besteht aus einem heißen, blauen Stern mit der 25-fachen Masse der Sonne und einem schwarzen Loch, das mindestens die neunfache Masse der Sonne hat. Die Größen der beiden binären Komponenten sind nicht maßstabsgetreu: in Wirklichkeit ist der blaue Stern etwa 200 000 Mal größer als das schwarze Loch. Bildrechte: ESO/L. Calçada

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 24. Juli 2022 | 18:48 Uhr

1 Kommentar

DermbacherIn am 25.07.2022

Wie heißt es so schön, die Rhön ist schön, aber ohne RhönerInnen ist sie noch schöner.

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