Tiere Höhere Kosten, weniger Spenden: Viele Tierheime in Thüringen sind in Not

25. Dezember 2022, 14:22 Uhr

Den Thüringer Tierheimen geht das Geld aus. Der Landestierschutzverband sieht ihre Existenz in Gefahr. Sein Appell richtet sich an die Politik.

Die Energiekrise trifft die Thüringer Tierheime hart. Laut Kevin Schmidt, Vorsitzender des Landestierschutzverbands Thüringen, geht es um nichts weniger als ihre Existenz. "Wenn nicht bald Hilfe kommt, steht der karitative Tierschutz vor dem Aus". Neben Strom und Gas ist auch das Futter teurer geworden.

Zudem fallen die Tierarztkosten seit dem Herbst deutlich höher aus. Gleichzeitig haben die Tierheime kaum Möglichkeiten, die gestiegenen Kosten zu kompensieren, so Schmidt. Weder beim Personal gebe es Einsparpotenzial, noch könnten Preise angehoben werden.

In der Tierauffangstation in Meiningen hat sich die Stromrechnung beispielsweise um 30 Prozent erhöht - für Wärmelampen, Waschmaschinen und beheizte Katzenhäuser. "Wir können die Tiere ja nicht frieren lassen im Winter", sagt Saskia Specht, ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Meininger Tierauffangstation.

Rücklagen aufgebraucht

Der Tierschutzverein Südthüringen berichtet von einer etwa drei- bis vierfach teureren Gasrechnung im Vergleich zu den Vorjahren. Im Tierheim in Nordhausen werden aus dem gleichen Grund nur noch die Räume beheizt, die von Tieren bewohnt werden.

Zudem wurde in eine neue Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung für das Katzenhaus investiert, um weitere Kosten einzusparen. Dennoch sei vollkommen unklar, wie die Rechnungen auf lange Sicht bezahlt werden sollen.In Schmölln im Tierheim denkt man jetzt darüber nach, eine höhere Fundtierkostenpauschale mit den Gemeinden zu verhandeln.

Oft weniger Spenden

Normalerweise ist die Weihnachtszeit eine gute Zeit für die Tierheime, weil Menschen mehr spenden. Aber in diesem Jahr ist die Situation anders. Unter anderem die Tierheime in Nordhausen, Jena und Schmölln berichten von einem spürbaren Rückgang der Spenden. "Es liegt nicht an der Bereitschaft, sondern den finanziellen Spielräumen", sagt Simone Gräser, stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Gera und Umgebung. Der Verein geht davon aus, dass bei ihm das Geld nur noch drei Monate reichen wird.

Das Tierheim in Ilmenau ist froh, dass zumindest noch für Tier-Notfälle oder spezielle Projekte relativ gut Spendengeld zusammenkommt. Für eine Bilanz zur diesjährigen Weihnachtssaison sei es jedoch noch zu früh, heißt es aus dem Tierheim in Ilmenau.

Der Tierschutzverein Südthüringen beschreibt seine Spendeneingänge als saisontypisch. Wobei er daraufhin weist, dass der Verein viel Energie in seine Öffentlichkeitsarbeit steckt.

Vermittlung gestaltet sich schwieriger

Mehrere Tierschutzvereine machen zudem die Erfahrung, dass es schwieriger geworden ist, Tiere zu vermitteln. Viele der diesjährigen Katzenkinder, egal ob aus dem Frühjahr oder Herbst, säßen noch immer in den Pflegestellen, hieß es etwa aus dem Tierheim in Jena. Und das, obwohl die meisten zahm, geimpft und topfit seien. "Momentan gibt es keine einzige Nachfrage", so die Vereinsvorsitzende Annett Stückrad.

Ähnliches erlebt auch die Meininger Tierauffangstation. Offenbar überlegten sich Menschen derzeit zweimal, ob sie sich ein Haustier noch leisten können. Die ruhigen Schäferhund-Mischlinge Bärli und Pedro, die von den Behörden aus einer nicht artgerechten Haltung entnommen wurden, sind mittlerweile seit über zwei Jahre in der Tierauffangstation. "Dass die beiden immer noch kein Zuhause gefunden haben, überrascht mich", sagt Mitarbeiterin Saskia Specht.

Viele Tierheime zudem überfüllt

Viele Tierheime sind dazu voll belegt. An den Standorten Ilmenau, Schmölln und Meiningen gehen die Tierheim-Betreiber davon aus, dass die hohe Tierzahl noch Nachwirkungen der Corona-Krise sind. Während Homeoffice und Lockdown hatten sich viele Menschen unüberlegt Haustiere anzuschaffen. Nicht wenige davon wurden später wegen Überforderung ins Tierheim gebracht. Mehrere Tierheime berichten von Aufnahme-Stopps in den vergangenen Wochen und Monaten.

Appell an die Politik

Kevin Schmidt vom Landestierschutzverband Thüringen richtet seinen Appell an die Politik. Die einzige außerordentliche Unterstützung, die die Tierheime bisher bekommen hätten, sei vom Deutschen Tierschutzbund gekommen. Laut Schmidt hat die Dachorganisation der Tierschutzvereine allen Mitgliedern einmal 3.000 Euro bezahlt. Wobei der Tierschutzbund selbst ausschließlich Spenden finanziert sei. Dass sich die Vereine in dieser prekären Lage weiter lediglich durch Spendenaktionen über Wasser halten müssen, sei für ein reiches Land wie Deutschland ein Armutszeugnis, so Schmidt.

Anmerkung der Redaktion:

Die Tierheime in Thüringen können nach Angaben des Thüringer Sozialministeriums auch im kommenden Jahr mit einer Million Euro an Fördergeld rechnen. Laut Sozialministerin Heike Werner (Linke) ist das so viel wie in diesem Jahr. Das Geld kann für die Ausstattung oder für Sanierungsvorhaben verwendet werden. Laut Werner konnte der ursprünglich vorgesehene Betrag von einer halben Millionen Euro in den Haushalts-Gesprächen auf eine Million aufgestockt werden. Falls die Tierheime wegen der hohen Energiekosten in Not geraten, können sie laut Werner auch Geld aus dem entsprechenden Sondertopf des Landes abrufen.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 23. Dezember 2022 | 18:35 Uhr

3 Kommentare

knarf am 26.12.2022

Freischreiber:Und was meinen Sie woher die Komunen das Geld nehmen?Richtig von Ihnen bzw.Ihren Steuern!Und wer sorgt mit für überfüllte Tierheime?Natürlich Erwachsene die sich Tiere kaufen um die Langeweile zu überbrücken. Danach werden die Tiere entweder ins Heim gebracht oder auf kriminelle Art ausgesetzt!

aufdemberg am 26.12.2022

Nein für das Tierwohl hat der zu sorgen welcher sich ein Tier anschafft.
Sie möchten etwas bei privat betriebenen und finanzierten Organisationen einklagen?
Was stimmt mit ihren Weltbild nicht.
Ich will, das steht mir zu, ich verlange....
Das erzeugt erst das Tierleid und überfüllte Tierheime.
Die Kommunen müssten weniger Geld aufbringen wenn wir uns anders verhalten würden.

Wurzelsepp am 25.12.2022

Für das Tierwohl haben Kommunen zu sorgen. Sie haben die Tierheime zu unterstützen. Es ist deren Pflichtaufgabe. Da hilft also nicht klagen, sondern Einklagen vor Gericht.

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