Vor LandtagswahlenPEN Berlin kommt mit Diskussionsrunden zu Meinungsfreiheit nach Thüringen
Vor den Landtagswahlen hat der Schriftstellerverband PEN Berlin unter dem Titel "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen" eine Diskussionsreihe in Sachsen, Thüringen und Brandenburg organisiert. Bei 37 Veranstaltungen wird über Demokratie und Meinungsfreiheit gesprochen. Das Publikum soll dabei ausdrücklich mitdiskutieren. Nach Veranstaltungen in Sachsen kommt die Diskussionsrunde ab dem 20. August nach Thüringen – den Auftakt macht am Dienstag Sonneberg.
- Die Gesprächsreihe zur Meinungsfreiheit wechselt von Sachsen nach Thüringen und startet dort am Dienstag in Sonneberg.
- Bei der Reihe des Schriftstellerverbands PEN Berlin vor den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg soll das Publikum ausdrücklich mitreden.
- Nach den Veranstaltungen in Sachsen zieht PEN-Sprecher Deniz Yücel ein überraschtes Zwischenfazit.
Am Dienstag startet die Gesprächsreihe "Das wird man ja wohl noch sagen dürfen" des Schriftstellerverbands PEN Berlin in Thüringen. Im Freistaat sind insgesamt zwölf Diskussionsrunden unter anderem in Sonneberg, Suhl, Gera, Greiz und Pößneck geplant. Zu Gast sind etwa die Schriftstellerinnen Marion Brasch, Valerie Schönian, Daniela Danz und Thea Dorn oder die Publizisten Navid Kermani, Nikolaus Blome und Georg Restle sowie der Kabarettist Florian Schröder. Zuvor hatte es eine Reihe von Terminen in Sachsen gegeben.
Publikum soll mitdiskutieren
Offene und harte Gespräche – die wünscht sich der Schriftstellerverband PEN Berlin im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Dafür will man mit den Menschen in den drei ostdeutschen Bundesländern ins Gespräch kommen und einen Austausch über Demokratie und Meinungsfreiheit ermöglichen.
Zum Aufklappen: PEN – Was heißt das?
Die Abkürzung PEN steht für die englischen Worte "Poets, Essayists, Novelists". Gleichzeitig bedeutet "pen" im Deutschen "Stift". Nach Vorbild der vor rund 100 Jahren in England gegründeten Schriftstellervereinigung entstanden auch in vielen anderen Ländern weltweit Zusammenschlüsse von Autoren, Übersetzern und Verlegern.
Das Publikum sei explizit aufgefordert, sich zu Wort zu melden, betont Schriftstellerin und PEN-Sprecherin Eva Menasse: Man wolle keinen "Frontalunterricht". Außerdem sollen die Gesprächspartner auf dem Podium "möglichst knackig zueinander" besetzt sein.
Deniz Yücel, Journalist, Publizist und Sprecher des PEN Berlin, machte bei der Diskussionsrunde in Dresden am 19. August klar, er sei dafür, im Zusammenhang mit Meinungsfreiheit erst über die Freiheit zu reden und später über Grenzen, die es geben sollte. "Aber zuerst ist die Meinungsfreiheit eine Frage von Freiheit und keine Frage von Grenzen", betonte er.
Meinungsfreiheit ist eine Frage von Freiheit und keine Frage von Grenzen.
Deniz Yücel
Diskussionen um Meinungsfreiheit
Anlass für die Gesprächsreihe ist laut PEN Berlin neben den anstehenden Landtagswahlen auch eine steigende Anzahl von Menschen, die das Gefühl hätten, in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt zu sein. "Das Hauptproblem – und das sehen wir wirklich als ein demokratie-politisches Problem – ist, dass die Menschen zunehmend das Gefühl haben, dass sie nicht mehr frei sagen können, was sie denken. Das ist der Grund, warum wir reagieren wollen", so Sprecherin Eva Menasse. Die Menschen sollten die Möglichkeit bekommen, sich bei den Veranstaltungen zu äußern und "vielleicht auch ein bisschen Luft rauszulassen".
Das Hauptproblem ist, dass die Menschen zunehmend das Gefühl haben, dass sie nicht mehr frei sagen können, was sie denken.
Eva Menasse
Zum Aufklappen: Umfrage – Meinungsfreiheit eingeschränkt
Den Angaben von PEN Berlin zufolge ermittelte eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Allensbach im Jahr 2023 erstmals eine größere Zustimmung dafür, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt sei (44 Prozent), als für das Gegenteil, die Meinungsfreiheit sei gegeben (40 Prozent).
PEN Berlin-Sprecher Deniz Yücel sagte MDR KULTUR, man könne jedoch nicht mehr tun, als die Menschen einzuladen. "Ob die Leute kommen oder nicht, ist dann ihre Entscheidung", so der Journalist und Autor. Sie hätten als Team auch prominente Schriftsteller, Künstler und Journalisten kontaktiert, die selbst immer wieder sagen würden, dass die Meinungsfreiheit eingeschränkt sei und sie ausgeladen und ausgeschlossen würden. "Wir haben sie eingeladen. Natürlich haben wir Herrn Tellkamp eingeladen, und ich finde es sehr bedauerlich, dass viele der Einladung nicht gefolgt sind", so Yücel.
Deniz Yücel: Überraschtes Fazit nach Veranstaltungen in Sachsen
13 Veranstaltungen hat Deniz Yücel mit seinem Schriftstellerverband bereits in Sachsen organisiert. Er zeigte sich bei MDR KULTUR zufrieden, gleichzeitig aber überrascht, dass bei fast jeder Veranstaltung das Thema Ostdeutschland zur Sprache kam: "Dass das fast 35 Jahre nach dem Fall der Mauer noch immer so präsent ist, auch bei Leuten, die die DDR gar nicht mehr miterlebt haben, die lange danach geboren wurden. Das fand ich für mich persönlich als Westdeutschen die größte Überraschung."
Sachsen: Diskussionen in Chemnitz und Dresden
Zum Auftrakt der Reihe diskutierten der Leipziger Literaturwissenschaftler Dirk Oschmann und der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk vor rund 300 Gästen in Chemnitz.
Kowalczuk sagte: "Es herrscht Meinungsfreiheit. Aber es herrscht in unserem Land auch das Recht auf Widerspruch. Und das halten viele nicht aus. Sie glauben, wenn sie etwas in die Welt hinaustrompeten, dass ihre Meinung dann gleichzeitig eine allgemeingültige Wahrheit sei."
Beim letzten Sachsen-Termin der Reihe in Dresden im Hygienemuseum am Montag diskutierten die Journalistin Paula Irmschler und die Historikerin Katja Hoyer. Irmschler sagte: "Viele denken, dass es weniger Meinungsfreiheit gibt, weil die Deutungshoheit nicht mehr bei einer Gruppe von Menschen liegt, sondern alle Leute sich äußern können, vor allem im Internet sich organisieren können."
Zum Abschluss der Gesprächsreihe am 19. September im Waschhaus Potsdam spricht Eva Menasse mit der Schriftstellerin Monika Maron – denn in Brandenburg wird erst am 22. September gewählt.
Quellen: MDR KULTUR (Vivien Vieth, Philipp Baumgärtner, Carsten Tesch), redaktionelle Bearbeitung: lig, lk, hro
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 20. August 2024 | 08:10 Uhr