Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben

SommerinterviewFDP-Landeschef Kemmerich: Bund am Zug bei Hilfen gegen hohe Energiekosten

23. August 2022, 14:20 Uhr

FDP-Landesvorsitzender Thomas Kemmerich sieht im MDR THÜRINGEN-Sommeirnterview das Wohngeld als sinnvolles Instrument, um hohe Belastungen durch Energiepreise zu mindern. Zugleich forderte er längere Atomkraftnutzung und einen Neustart beim Fracking.

von MDR THÜRINGEN

  • Kemmerich für vorsichtige Nutzing von Fracking
  • Längere Nutzung von Atomkraft soll Strom aus Gas ersetzen
  • Kemmerich steht als FDP-Spitzenkandidat für nächste Landtagswahl bereit
  • Umfragewerte von Fünf Prozent sieht er als solide Grundlage

FDP-Landesvorsitzender Thomas Kemmerich sieht bei Hilfen für hohe Energierechnungen vor allem den Bund am Zug, zeigt sich aber auch offen für Thüringer Schutzschirm-Varianten. Der Vorschlag, über das Wohngeld zu helfen, sei am zielgenauesten, sagte er am Dienstag im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte eine entsprechende Reform für nächstes Jahr angekündigt.

Erst wenn es dabei Lücken gebe, sei Thüringen am Zug (im Interview ab 03:07 Minute). "Wir haben den Zugriff auf die Stadtwerke in Thüringen", sagte Kemmerich. Diesen Einfluss solle die Landesregierung nutzen, wenn private Kunden oder Unternehmen ihre Energierechnungen nicht mehr bezahlen können. Es gebe im Landeshaushalt große Reste dafür. Entsprechende Vorschläge seien auf jeden Fall diskutabel.

Für "vorsichtige" Nutzung von Erdgas-Fracking

Er erneuerte seine Forderung nach längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke und Nutzung unterirdischer Erdgasvorräte in Deutschland mit dem umstrittenen Fracking-Verfahren (im Interview ab 05:10 Minute und 11:35 Minute). Neuere Gutachten zeigten, dass Risiken dabei nicht mehr bestünden, sagte Kemmerich. Für die notwendige kurzfristige Lösung sollten bereits vorhandene Bohrlöcher wieder aktiviert werden. "Wir sollten das Verbot aufheben und sie mit aller Vorsicht nutzen."

Auch Nachbarländer wie die Niederlande oder Dänemark gingen diesen Weg. Solches Gas zu importieren statt eigene Vorkommen zu nutzen, sei im höchsten Maße inkonsequent. Ein Tempolimit sei dagegen keine Lösung, da es keine Ölkrise gebe, sondern es um Gas und Strom gehe.

Längere Atomkraftnutzung soll Strom aus Gas ersetzen

Bei Atomkraft forderte er wie zuletzt auch Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) eine Verlängerung und nicht nur einen "Streckbetrieb" (im Interview ab 09:10 Minute). Gas dürfe nicht mehr verstromt werden, deshalb müssten die Atomkraftwerke zusätzliche Strommengen liefern.

Im nächsten Winter sei Deutschland auf sichere und bezahlbare Energie angewiesen. Daher dürften jetzt keine Atomkraftwerke mehr vom Netz genommen und die bereits abgeschalteten müssten wieder in Betrieb genommen werden. Langfristig sehe er Chancen, dass weitere Forschung auch Verfahren erlaubten, die die Atommüllmenge verringerten.

Außerdem stellte sich Kemmerich hinter seinen Parteifreund Wolfgang Kubicki, der sich für die Öffnung der umstrittenen Gas-Pipeline Nordstream 2 ausgesprochen hatte. Dies sei eine Option (im Interview ab 06:10 Minute). Kemmerich sagte aber nicht konkreter, wann und unter welchen Umständen das "am Ende" in Frage käme. "Wenn Putin meint, uns zu erpressen, muss man ihm jede Option nehmen, das zu tun." Deutschland müsse etwas dagegen tun, dass Russland im Moment mehr Geld als früher mit Gaslieferungen einnehme.

Nach Landtagswahl in Thüringen "Lösungen aus Mitte" finden

Mit Blick auf die nächste Landtagswahl erneuerte er seine Bereitschaft, wieder als Spitzenkandidat für die FDP anzutreten (im Interview ab 30:15 Minute). Er glaube nicht an eine Wiederholung der Mehrheitsverhältnisse wie bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten im Februar 2020 mit den Stimmen der AfD. Es müssten "andere Lösungen aus der Mitte" gefunden werden, zu der er während des Interviews zunächst auch die Grünen zählte, im weiteren Verlauf dann nur noch CDU, SPD und FDP nannte. Es dürfe jedoch nicht mit Linke oder der AfD gehen.

Kemmerich sieht "solide Grundlage" für FDP in Umfragen

Im Landtag sind die Thüringer Liberalen nach dem Weggang der Abgeordneten Ute Bergner derzeit nur noch als sogenannte Parlamentarische Gruppe vertreten. Eigene Verantwortung für diese Entwicklung wies Kemmerich im Sommerinterview aber zurück. "Ich bin nicht für Frau Bergner verantwortlich."

Die aktuellen Umfragewerte von etwa fünf Prozent nannte er eine solide Grundlage, auf die die Thüringer FDP im kommenden Landtagswahlkampf aufbauen könne. Anders als die sinkenden Umfragewerte für die Bundes-FDP seien seine Thüringer Liberalen stabil. Außerdem verwies Kemmerich auf seinen hohen Bekanntheitsgrad in Thüringen.

Die MDR THÜRINGEN-Sommerinterviews 2022

Zu den Sommerinterviews sind Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker der sechs Parteien eingeladen, die bei den Landtagswahlen in Fraktionsstärke in den Thüringer Landtag gewählt worden sind. Die Gespräche beginnen jeweils um 11 Uhr:

  • Dienstag, 9. August - Mario Voigt, CDU
  • Freitag, 12. August - Georg Maier, SPD
  • Dienstag, 16. August - Anja Siegesmund, Grüne
  • Freitag, 19. August - Björn Höcke, AfD
  • Dienstag, 23. August - Thomas Kemmerich, FDP
  • Freitag, 26. August - Ministerpräsident Bodo Ramelow, Linke

Jeweils vorher können Sie uns Fragen an die Gäste schicken. Die Fragen werden von der Redaktion gesichtet und nach Relevanz für möglichst viele Thüringerinnen und Thüringer ausgewählt. Die ausgewählten Fragen werden im Interview gestellt.

MDR (csr)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 23. August 2022 | 19:00 Uhr

Kommentare

Laden ...
Alles anzeigen
Alles anzeigen