Hitze & Trockenheit Wird in Thüringen das Trinkwasser knapp?

10. August 2022, 20:00 Uhr

Hitze, Trockenheit und fehlender Regen haben die Grundwasserstände in Thüringen teils drastisch sinken lassen. Im Emsetal wird zum Sparen von Trinkwasser aufgerufen. Sitzen wir bald wortwörtlich auf dem Trockenen? Der Frage sind wir nachgegangen und können sagen: Es ist kompliziert mit dem Wasser. Vor allem, wenn es fehlt.

Hitze und Trockenheit dominieren seit Wochen den Alltag vieler Menschen in Thüringen. Die Landwirtschaft ächzt unter dem fehlenden Niederschlag, immer wieder kommt es zu kleineren und größeren Bränden. Der erlösende Regen lässt auf sich warten - zumindest in größeren Mengen.

Sitzt Thüringen also bald auf dem Trockenen - noch mehr als bisher schon? Das Wasser fehlt nämlich nicht nur auf den Feldern oder in den Flüssen, wo der Feuerwehr das Löschwasser ausgeht.

Emsetal: Trinkwasser-Quellen in Gefahr

Ein Beispiel ist das Emsetal im Landkreis Gotha. Dort machen die fehlenden Niederschläge den Trinkwasser-Quellen zu schaffen. Der zuständige Wasser- und Abwasserzweckverband Gotha und Landkreisgemeinden (WAG) hat inzwischen in bestimmten Regionen dazu aufgerufen, neben der Grundversorgung Trinkwasser einzusparen, etwa für Poolbefüllungen oder intensive Gartenbewässerung.

"Aktuell besteht das Problem darin, dass das Emsetal nicht fernwassertechnisch angeschlossen ist. Wir können das Emsetal nur über Quellen und eine Tiefbohrung versorgen und derzeit sind durch die lange Trockenheit die Quellen extrem zurückgegangen", sagt Ronny Dethloff vom Zweckverband. Zudem habe die Trockenheit auch Auswirkungen auf die Emse selbst - den namensgebenden Fluss des Tals - und auf das Grundwasser. Bei dem Tiefbrunnen betrage der Füllstand aktuell nur 47 Prozent des normalen Niveaus. Auch hier komme also weniger Wasser hoch als sonst.

Woher unser Trinkwasser kommt

Nach Angaben des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) stammt das Trinkwasser in Thüringen aus zwei wesentlichen Quellen. Die eine Hälfte des Bedarfs werde durch die sechs Trinkwassertalsperren im Freistaat gedeckt - als sogenanntes "Fernwasser". Die andere Hälfte des Wasserverbrauchs werde aus dem Grundwasser abgedeckt, also aus örtlichen Quellen und Brunnen.

Insofern sei das Verhältnis bei der Nutzung dieser beiden Wasservorräte beinahe ausgeglichen. Laut der Thüringer Fernwasserversorgung (TFW), welche die Trinkwassertalsperren unterhält, gibt es aber durchaus regionale Unterschiede, bedingt durch die örtlichen Gegebenheiten. So werde in manchen Versorgungsgebieten reines Fernwasser eingesetzt. Andernorts mehr auf Grundwasser gesetzt wird.

Keine Knappheit in den Trinkwassertalsperren

Natürlich wirken sich Hitze und Trockenheit auch auf die Trinkwassertalsperren und das Grundwasser aus - allerdings in unterschiedlichem Maße. Was die Trinkwassertalsperren betrifft, befürchtet die Thüringer Fernwasserversorgung aktuell keine besondere Knappheit. Zwar steige im Sommer der Wasserbedarf und die Temperaturen seien hoch, ein akutes Problem für die Trinkwasserversorgung über die Talsperren sei das aber nicht. "Die klimatischen Veränderungen sind spürbar, für die Trinkwasserversorgung aber noch nicht bedrohlich", teilt die TFW auf Anfrage mit.

Gestützt wird diese Einschätzung von den Zahlen. Keine der sechs Trinkwassertalsperren in Thüringen lag am 9. August 2022 unter 70% ihres maximalen Füllstandes. In zwei Fällen - in den Talsperren Neustadt und Schönbrunn - war sogar mehr Wasser in den Stauseen als im Jahr 2018, das laut dem Deutschen Wetterdienst das bisher wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 war. 

Die klimatischen Veränderungen sind spürbar, für die Trinkwasserversorgung aber noch nicht bedrohlich.

Thüringer Fernwasserversorgung

Ein Schild mit der Aufschrift "Talsperre Scheibe-Alsbach".
Die Talsperre Scheibe-Alsbach in Südthüringen ist eine der Trinkwassertalsperren im Freistaat. Baden ist hier verboten. Bildrechte: MDR/Nicky Scholz

Wintermonate sind besonders relevant

Generell lasse sich laut TFW sagen, dass der Fernwasserbedarf an heißen Tage steigt. Für die Versorgung sei aber vor allem der Zufluss im Winterhalbjahr entscheidend. Im Sommer besteht dann eher die Herausforderung, in den Trinkwasseraufbereitungsanlagen die hohe Nachfrage zu bedienen. Der zurückliegende Winter 2021/2022 habe sich dahingehend positiv auf die Talsperren ausgewirkt, sodass Thüringen im Mai mit hohen Füllständen in den Sommer starten konnte.

Ab Mai beginnt das hydrologische Sommerhalbjahr und damit die "Entnahmesaison" für die Talsperren. Bei normalem Witterungsverlauf erreichen sie im Oktober und November ihren niedrigsten Füllstand. Sie haben dann wieder genug Platz für die Niederschläge und Schneeschmelzen im darauffolgenden Winterhalbjahr.

Grundwasserstände teils stark gesunken

Beim Grundwasser verhält sich die Situation ein wenig anders. Hier machen sich der fehlende Niederschlag und die anhaltende Hitze deutlicher bemerkbar. Nach Angaben des Umweltministeriums sind die Grundwasserstände in Thüringen seit April stark abgesunken. Bereits an der Hälfte der Messstellen sei ein starkes bis extremes Niedrigwasser zu verzeichnen. Das betreffe vor allem Ost- und Nordthüringen, besonders flächenhaft aber auch das Einzugsgebiet der Unstrut.

Legende - Grundwasser Stände

Stufe 7 Stufe 6 Stufe 5 Stufe 4 Stufe 3 Stufe 2 Stufe 1

Eine Tendenz zu niedrigen Grundwasserständen sei insbesondere im vergangenen Jahrzehnt verstärkt zu beobachten. Die außergewöhnlichen Hitze- und Trockenjahre, wie sie mehrjährig von 2018 bis 2020 auftraten, haben laut TMUEN wie nie zuvor zu Wassermangel in den Flüssen, Seen und den Vorräten im Boden geführt. Weitreichende Schäden und Kosten in den wasserabhängigen Sektoren der Land-, Forst- und Wasserwirtschaft seien die Folgen gewesen. Bislang sei es auch 2022 viel zu trocken, zu warm und zu sonnig.

Versorgungsengpässe als lokale Phänomene

Auf eine generelle Trinkwasserknappheit lässt sich also in Thüringen aktuell nicht schließen. Dennoch kann es aufgrund lokaler Gegebenheiten zu Engpässen kommen. Vor allem dort, wo die Wasserversorgung primär über das Grundwasser abgedeckt wird - oder wo gar kein Anschluss an die Fernwasserversorgung besteht, wie etwa im Emsetal.

Bis jetzt ist unsere Tiefbohrung stabil, das heißt, die Trinkwasserversorgung ist stabil, aber die Glaskugel haben wir alle nicht.

Christian Ludwig Wasser- und Abwasserzweckverband Gotha

Dort sitzt man trotz Wassermangel noch nicht ganz auf dem Trockenen. "Bis jetzt ist unsere Tiefbohrung stabil, das heißt, die Trinkwasserversorgung ist stabil, aber die Glaskugel haben wir alle nicht", sagt Christian Ludwig vom Wasser- und Abwasserzweckverband Gotha. Dafür gebe es noch die Hochbehälter, in denen das kostbare Nass gespeichert wird, nachdem es aufbereitet wurde. Auch hätten die Ortschaften zum Teil noch eigene Wasserquellen. Trotzdem gelte es, sorgsam mit dem Trinkwasser umzugehen. Denn der Regen lässt auf sich warten.

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MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 08. August 2022 | 19:00 Uhr

22 Kommentare

DER Beobachter am 12.08.2022

Wann gab's denn das letzte Mal Schnee? Ich meine, so richtig, länger bleiben und regelmässig und unsere Flüsse nötig füllend und grundwasserspiegelsteigernd?

DER Beobachter am 12.08.2022

Wobei explizit Mitteldeutschland schon immer die trockenste Region war, schon vor den Konsequenzen der Braunkohle und des Klimawandels. Die haben es "nur" potenziert...

martin am 11.08.2022

Und dann hätten wir noch die Straßen, Stromtrassen, ....
Aber die WKA sollen es wieder sein.

Schon bemerkenswert, was die Anlagen nach Meinung einiger Zeitgenossen so alles bewirken können. Das sind offensichtlich solche Wunderwerke der Technik, wie die Siemens Turbine, die für 60 bis 80% der NS-1 Leistung verantwortlich sein soll.

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