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Erneuerbare EnergieDas sagen Thüringens Waldbesitzer zum Windradverbot in Wäldern

19. Juli 2022, 09:00 Uhr

Thüringen ist beim Ausbau der Windkraft eher ein Entwicklungsland. Nun soll der Ausbau beschleunigt werden. Dafür soll es jedoch feste Regeln geben. So haben sich Regierungskoalition und CDU auf einen Mindestabstand von 1.000 Metern von Windkraftanlagen zu Wohngebäuden verständigt. Auch im Wald sollen keine Windräder aufgestellt werden. Das allerdings gefällt nicht jedem Waldbesitzer im Freistaat.

Thüringen ist reich – zumindest reich an Bäumen. 330 Millionen wachsen im Freistaat auf einer Fläche von 550.000 Hektar Wald. Etwa 40 Prozent davon sind in Privatbesitz. Doch die Zeiten sind fordernd für die Waldbesitzer. Trockenheit durch Klimawandel macht den Bäumen zu schaffen. Dazu eine Borkenkäfer-Plage, die den Bestand der Fichten reduziert.

Das erlebt auch Jens Schindhelm von der Forstbetriebsgemeinschaft Sonneberger Grenzland. Seine Zustand-Beschreibung für den Wald braucht wenig Worte: "Dem Wald geht’s nicht nur schlecht, sondern sehr schlecht. Es stehen vielleicht noch 30 oder 40 Prozent der Bäume."

Die Folge: die Einnahmen für Forstbetriebsgemeinschaft gehen zurück. Auch wenn der Preis für Schadholz inzwischen wieder gestiegen ist und das Land Thüringen in diesem Jahr etwa 20 Millionen Euro an Fördermitteln den Waldbesitzern zur Verfügung stellt. Die Einnahmen decken kaum die Ausgaben.

Dem Wald geht’s nicht nur schlecht, sondern sehr schlecht. Es stehen vielleicht noch 30 oder 40 Prozent der Bäume.

Jens Schindhelm | Forstbetriebsgemeinschaft Sonneberger Grenzland

Windräder im Thüringer Wald umstritten

Finanziell weiterhelfen könnte der Forstbetriebsgemeinschaft eine andere Verwendung der Kalamitätsflächen, also der Waldflächen, die stark zerstört sind: die Nutzung durch Windenergie. Das würde Pachteinnahmen generieren, vielleicht auch eine Beteiligung an den Einspeise-Vergütungen. Schindhelm winkt ab: "Ich bin für Windräder, dort wo die Räder schon stehen. Ich bin für Re-Powering."

So möchte er sich Windräder über Baumkronen nicht vorstellen. Nicht nur, weil sie das Landschaftsbild verändern würden. Die Risiken für den Wald, für die Natur und damit für den Menschen sind ihm zu hoch. "Die Verwirbelungen hinter den Windrädern, dadurch trocknet der Boden noch mehr aus. Die Versiegelung der Fundamente, wir stören dadurch die Hydro-Geologie, die Wasserführung wird unterbrochen", schildert Schindhelm. Er würde auf den Kalamitätsflächen lieber der Natur ihren Lauf lassen. Damit dort wieder Bäume wachsen. Irgendwann.

Thüringer Wald zukunftssicher umbauen

Auf einem Nordthüringer Hügel vor Holzthaleben drehen sich vier große Windräder bedächtig im Wind. Ein leises Surren liegt in der Luft. Jörg Steinmetz ist nicht nur der Bürgermeister, sondern auch im Vorstand der Waldgenossenschaft. Windräder auf den Kalamitätsflächen kann er sich gut vorstellen. Wie auch seine Vorstandskollegen.

Vor zehn Jahren schon haben sie einen entsprechenden Beschluss gefasst. "Versprechen tun wir uns natürlich auch, dass wir durch diese Wertschöpfung, die generiert werden kann, in der breiten Masse davon profitieren. Unsere Genossenschaft hat über 130 Mitglieder. Und wir generieren damit Einnahmen, die es uns möglich machen, den Wald zukunftssicher umzubauen", erklärt Steinmetz.

Windräder auf Kalamitätsflächen: Debatte im Landtag

Steinmetz ordnet die Bedenken der Südthüringer Waldbesitzer unter Berührungsängste ein. In Holzthaleben gibt es die nicht. Hier leben die Menschen seit 20 Jahren mit den Windrädern am Horizont. Sie haben sich arrangiert. "Dass das nicht schön ist, ist mir auch klar, aber es gibt bestimmte Notwendigkeiten, wo ich natürlich diese subjektiven Faktoren abwägen muss. Was ist mir wichtiger: Eine windradfreie Landschaft oder eventuell irgendwann einmal eine etwas unabhängigere Energie-Versorgung", konstatiert Steinmetz.

Eine Abwägung auch für den Thüringer Landtag. Dürfen Windräder auf Kalamitätsflächen gebaut werden? Über diese Frage wollen die Abgeordneten im Zuge der Überprüfung des Thüringer Waldgesetzes sprechen. Noch in diesem Jahr sollen die Gespräche beginnen.

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Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 19. Juli 2022 | 06:00 Uhr

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