AfD Höcke
Das Thüringer Innenministerium stuft den AfD-Landesverband unter Björn Höcke als "erwiesen rechtsextrem" ein. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa

Verfassungsschutz Innenministerium will AfD-Mitgliedern in Thüringen Waffen entziehen

06. Juli 2022, 18:03 Uhr

Thüringer Waffenbesitzern mit AfD-Parteibuch droht der Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis, wie das Innenministerium am Mittwoch mitteilte. Eine Arbeitsgruppe beim Landesverwaltungsamt soll Landkreise bei entsprechenden Fällen beraten. Stütze ist ein Schreiben des Thüringer Verfassungsschutzes, welches den AfD-Landesverband von Björn Höcke als rechtsextrem einstuft.

Waffenbesitzern mit AfD-Parteibuch droht der Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis. Das Thüringer Innenministeriums teilte am Mittwoch mit, laut dem seit zwei Jahren geltenden Waffengesetz seien Extremisten grundsätzlich als nicht mehr zuverlässig anzusehen.

Mitglieder und Unterstützer verfassungsfeindlicher Organisationen dürften daher keine Waffen besitzen oder erwerben. Das habe das Ministerium bei einer Beratung mit den Waffenbehörden des Landes klargestellt.

Behörden müssen jeden Fall prüfen

Die AfD verfolge im Freistaat rechtsextremistische Bestrebungen, heißt es vom Innenministerium. Es stützt sich dabei auf die Einschätzung des Thüringer Verfassungsschutzes. Innenminister Georg Maier (SPD) sagte, man setze geltendes Recht um. Da könne man vor der AfD nicht Halt machen. Beim Thüringer Landesverwaltungsamt soll eine Arbeitsgemeinschaft "Waffen und Extremisten" eingerichtet werden, die die Behörden in den Landkreisen und Städten bei entsprechenden Fällen berät.

Hintergrund: Immer mehr Waffen in Thüringen

Um 6,5 Prozent stieg im vergangenen Jahr die Zahl der Menschen mit einem kleinen Waffenschein. Diesen benötigt man für das Führen Schreckschuss-, Gas- oder Signalpistolen. Insgesamt kommen in Thüringen 6,8 kleinen Waffenscheine auf 1.000 Einwohner - der Freistaat rangiert in Deutschland dabei noch im unteren Mittelfeld. Bevor man den Kleinen Waffenschein bekommt, prüfen die Behörden die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit - man darf zum Beispiel nicht vorbestraft sein.

Auch die Zahl registrierter scharfer Waffen und Waffenteile in Privatbesitz stieg in Thüringen. Die Zahl stieg um 1,8 Prozent, oder in absoluten Zahlen ausgedrückt um 2.350.

Ob die Einschätzung des Verfassungsschutzes allerdings ausreicht, um Waffenbesitzern allein wegen ihrer AfD-Mitgliedschaft die Waffenbesitzkarte zu entziehen, ist unklar, da die Waffenbehörden jeden Einzelfall prüfen müssen.

"Reichsbürger" in 59 Fällen Erlaubnis entzogen

In den vergangenen Jahren mussten laut Innenministerium schon einige extremistische Waffenbesitzer aus der "Reichsbürgerszene" ihre Waffen abgeben. In 59 Fällen seien die Erlaubnisse entzogen worden. 13 Mal wurde ein Antrag auf eine entsprechende Erlaubnis abgelehnt. Bei weiteren 16 Personen, die der "Reichsbürgerszene" zugeordnet werden, wurden die waffenrechtlichen Erlaubnisse widerrufen.

Verfassungsschutz checkt Waffenbesitzer routinemäßig

Seit 2020 müssen sich Waffenbehörden bei neuen Anträgen und bei Folgeüberprüfungen von Waffenbesitzern beim Verfassungsschutz erkundigen, ob es sich bei den Betroffenen um Extremisten handelt. Bei Mitgliedern einer verfassungsfeindlichen Vereinigung ist laut Gesetz "von einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit auszugehen", auch wenn diese nicht verboten ist. Damit soll verhindert werden, dass Extremistinnen und Extremisten legal an Waffen kommen.

Unterstützung von den meisten Fraktionen

Der schärfere Kurs gegen rechtsextreme Waffenbesitzer wird von den meisten Thüringer Landtagsfraktionen begrüßt. Wie die Grünen Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich sagte, sei der Schritt überfällig. Für CDU-Fraktionschef Mario Voigt ist es wichtig, sich um die Sicherheit der Bürger zu kümmern. Auch SPD und FDP begrüßten die Pläne.

Die AfD nannte das Vorgehen des Innenministers einen "Missbrauch des Waffenrechts als politisches Nebenstrafrecht". Landessprecher Stefan Möller sagte, Maier wähle diese Methode, weil die SPD in einer fairen politischen Auseinandersetzung gegen die AfD in Thüringen keine Chance sehe. Die Partei prüft nun rechtliche Schritte.

MDR (guf, jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 06. Juli 2022 | 11:00 Uhr

218 Kommentare

martin am 08.07.2022

@jana: Auch wenn ich den Beitrag von "faultier" in keiner Weise teile - ein Vergleich mit der terroristischen RAF ist in meinen Augen dann doch eher einer zwischen Äpfeln und Birnen.

Sicher: Bei einzelnen Protagonisten der Thüringer AfD kann man meiner Meinung nach durchaus Ähnlichkeiten beim Verständnis von Gewalt zur Durchsetzung der eigenen politischen Vorstellungen sowie der Selbstwahrnehmung als kämpferische Elite sehen - aber hier geht es um alle Mitglieder der Thüringer AfD - da finde ich den Vergleich dann doch (noch) etwas überzogen.

Falls sich die Thüringer AfD jedoch ihr Radikalisierungstempo beibehält, könnten Sie für die Zukunft durchaus richtig liegen.

martin am 08.07.2022

@knarf2: Bitte überfordern Sie den werten Mitkommentatoren doch nicht mit einem derartigen Ansinnen. Wie soll denn die von "tacitus" gemachte Unterstellung seriös begründet werden?

martin am 08.07.2022

@hossa: Das braucht "tschingis1" für diese Anmerkung gar nicht. Verstehendes Lesen öffentlich zugänglicher Quellen und von MDR Berichten reicht völlig aus.

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