Bad Salzungen: Thüringer Bibliothekspreis 2023Bibliothek als Wohlfühlort für alle Generationen
Eine "Bibliothek zum Erforschen, Entdecken und Erleben" – so würdigt der Landesverband Thüringen im Deutschen Bibliotheksverband die Stadt- und Kreisbibliothek Bad Salzungen. Sie hat in diesem Jahr den Thüringer Bibliothekspreis gewonnen. Das Anliegen des siebenköpfigen Teams: einen Ort der Begegnung und des Austauschs zu schaffen, der anregt, sich mit Neuem zu befassen und zu experimentieren. Ob mit Robotern, Podcasts oder der Häkelnadel.
- In der Kreativwerkstatt "Maker Space" finden u. a. Literaturclubs, ein Experimentier-Labor und eine Bastelstunde statt.
- Im Dachgeschoss gibt es seit Anfang des Jahres eine Kinderbibliothek, auf den anderen Etagen ist für jeden etwas dabei.
- Über die sogenannte Onleihe können E-Books ausgeliehen werden.
- Die Bibliothek erhielt in diesem Jahr einen Zuschuss von 245.000 Euro von der Stadt, von dem Preisgeld sollen mobile Tische für die Kreativwerkstatt gekauft werden.
"Thüringer Bibliothek des Jahres 2023" steht auf einem bunten Transparent über dem Eingang. Die Stadt- und Kreisbibliothek Bad Salzungen hat es schriftlich vom Bibliotheksverband: Sie sei ein "zentraler Akteur in einer offenen Gesellschaft", heißt es, und entfalte "große Strahlkraft in die Region". Der Preis wird seit 20 Jahren vom Verband gemeinsam mit der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen verliehen und ist mit 10.000 Euro dotiert.
Kreativwerkstatt "Maker Space" als Herzstück der Bibliothek
Seit 1996 ist die Bibliothek in der Domäne neben der Musikschule zuhause. Gleich im Eingang verweist ein Aushang auf die monatlichen Angebote. Sie finden im dem Herzstück der Bibliothek im Erdgeschoss statt, dem sogenannten "Maker Space", einer großen Kreativwerkstatt. Dort gibt es Literaturclubs für Kinder und Erwachsene und für die Allerkleinsten die Vorlesestunde "Rudi liest", ein Bilderbuchkino. Die Vorlesenden sind alle ehrenamtlich aktiv, erzählt Leiterin Dorit Reum, für sie gibt es mittlerweile sogar eine Warteliste. Ebenfalls für Groß und Klein werden Spieletreffs angeboten.
Einmal im Monat verwandelt sich die Kreativwerkstatt in ein Experimentier-Labor. Da werden Roboter programmiert oder naturwissenschaftliche Kästen ausprobiert. Die Bibliothek hat VR-Brillen angeschafft. Bei einem Workshop in den Herbstferien haben Jugendliche dafür eigene Escape-Room-Spiele programmiert. Aus einem anderen Projekt sind die "Podsalzkidz" hervorgegangen, die seither als Stadtreporter unterwegs sind und Podcasts veröffentlichen.
In der Werkstatt wird auch gebastelt, gemalt und gehäkelt – als "Bastelstunde" für Kinder, aber auch als "Kreativtreff" für Erwachsene. Dazu bringen Seniorinnen auch mal Kuchen mit. Es sei wichtig, Raum zu geben für Gespräche, sagt Dorit Reum. Bibliothek ist für sie "ein Wohlfühlort, wo gelernt, entdeckt und geforscht wird – gerade für diese Mischung haben wir den Preis bekommen." Außerdem ziehen die Veranstaltungen Menschen ins Haus.
Wen man einmal reingelockt hat, den lässt man ohne Medien nicht wieder hinaus.
Dorit Reum, Leiterin der Bibliothek
Eigene Kinderbibliothek
Anfang des Jahres ist die Kinderbibliothek mit Büchern, Spielen und CDs ins Dachgeschoss gezogen. Doris Hoppstock und die fünfjährige Ella, ein Nachbarskind, sind dort Stammgäste. "Wir halten uns hier sehr lange auf", erzählt Hoppstock. Die neugestaltete Etage gefällt beiden. Ella führt vor, wie gut sie sich in einem Kriechtunnel versteckt. Ihr Lieblingsort aber ist der Stuhl am Tisch, weil man da am besten Bücher anschauen kann. Sie weiß auch mit Bilderbüchern umzugehen, die auf Knopfdruck laut vorlesen oder Geräusche fabrizieren, wenn man mit einem Stift auf Tiere tippt.
In der mittleren Etage wurde für die Jugend der Bestand an gefragten Mangas und Comics erweitert, sagt Dorit Reum. In einer abschirmten Ecke sitzen zwei Schülerinnen an ihren Notebooks. Die 16-jährigen bereiten sich auf eine Deutschklausur vor. Die Bibliothek sei ein Ort der Ruhe, hier könne man sich besser konzentrieren, sagen sie. Im Erwachsenenbereich finden sich neben Sachbüchern und Belletristik auch Zeitschriften, Regionalliteratur und Bücher in Blindenschrift. Wer seine Lesebrille vergessen hat, kann sich am Eingang eine ausleihen – oder eine Lupe nutzen.
"Onleihe" ist sehr gefragt
Ein Mann, der sehr lange nicht mehr in der Bibliothek war, will sich anmelden, um die sogenannte "Onleihe" für E-Books zu nutzen. Nach einer kurzen Runde durch die Etagen ist er beeindruckt: gar nicht so altbacken wie gedacht, meint er und staunt über die ordentlichen Bücher – "gar nicht zerfleddert". Er will mit mehr Zeit wiederkommen und seinen Sohn mitbringen.
1.170 aktive Nutzerinnen und Nutzer verzeichnet Dorit Reum bisher in diesem Jahr, Tendenz steigend. Die Bibliothek kooperiert mit Schulen und Kindergärten, mit dem Mehrgenerationenhaus und der Demokratiewerkstatt des Wartburgkreises.
Zuschuss der Stadt
Die Stadt zahlt in diesem Jahr einen Zuschuss von 245.000 Euro, 55.000 Euro mehr als in den Vorjahren. Die Summe falle der steuerschwachen Kurstadt schon schwer, sagt Bürgermeister Klaus Bohl (Freie Wähler). Doch habe die Bibliothek als "wertvolle Bildungseinrichtung" Priorität, das Team sei "mit sehr viel Herzblut" dabei.
Vom Preisgeld will Dorit Reum mobile Tische für die Kreativwerkstatt anschaffen, damit der Raum sich leichter umgestalten lässt für die verschiedenen Angebote. Und im Eingangsbereich soll künftig eine Kaffeemaschine stehen, damit sich die Gäste noch wohler fühlen.
Redaktionelle Bearbeitung: as
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 25. Oktober 2023 | 06:15 Uhr
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