Thronjubiläum "Disneyland für Erwachsene": Ex-Butler der Queen aus Eisenach über Buckingham Palace
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Zu jeder Mahlzeit ein anderes Kostüm, immer die Reihenfolge einhalten und niemals der Königin ins Gesicht schauen: Malcolm Crowson erinnert sich an ein striktes Protokoll für die Hofbediensteten. Als Student hat er im Buckingham Palast und in Windsor Castle gearbeitet, Gästen den Weg gezeigt, Gläser weggeräumt, bei Galadinners serviert. Vor der Lebensleistung der Queen hat er Hochachtung und findet: Monarchie kann durchaus identitätsstiftend sein.

Vor fünf Jahren, zum 65. Thronjubiläum von Elizabeth II, war Malcolm Crowson von Eisenach nach London gereist und hat mitgefeiert. Das sei schon etwas ganz Besonderes, mit nichts anderem zu vergleichen, sagt er: kein Sportereignis, kein Pop-Event, einfach Tradition.
Eine positive Tradition sei gut für eine Gesellschaft, findet der 62-jährige - damit könnten sich die Menschen identifizieren. Auch wenn die Briten ansonsten eher gespalten seien in Royalisten und Republikaner. Er jedenfalls, sagt Crowson, der in Eisenach mit seiner Frau seit vielen Jahren einen Spielzeugladen betreibt, sehe sich eher als Royalist.
Tageweise im Buckingham Palast oder im Windsor Castle
Das könnte auch mit dem Job zusammenhängen, den er vor 45 Jahren an der südenglischen Hochschule Broadstairs für Hotel und Gastronomie angeboten bekam.
Nachdem er eine Schweigeerklärung unterzeichnet hatte, durfte Malcolm Crowson gemeinsam mit sechs anderen tageweise am königlichen Hof bei größeren Veranstaltungen aushelfen, ob bei Galadinners für Botschafter, Bällen oder Gartenpartys. Ein Dozent bereitete sie vor, dann ging es zwei Jahre lang mehrmals im Monat in den Buckingham Palast, auch mal nach Windsor Castle.
Alte Perücken aus Pferdehaar
Für alle Einsätze gab es mehrseitige schriftliche Vorgaben, ein strenges Protokoll mit klaren Regeln für die Kleidung. Zum Frühstück beispielsweise schwarze Schuhe, weiße Strümpfe, eine rote Samthose mit Gold, weißes Hemd und rote Weste.
Ein bisschen so wie ein Disneyland für Erwachsene.
Es folgten Morning Coffee, Lunch, Afternoon Tea und Dinner - und jedes Mal umziehen. Je festlicher, desto schwerer die Kleidung. Dazu kamen Kopfbedeckungen und weiße Perücken. "Aus Pferdehaaren," erinnert sich Crowson, "die waren warm und alt, die haben geduftet, oh!" Mal mussten sie auch nur den Gästen einer Gartenparty den Weg weisen. "Ein bisschen so wie ein Disneyland für Erwachsene", sagt er heute.
Echte Gemälde und schwere Kostüme
Beeindruckt haben ihn die historischen Räume im Palast, allein die Gemälde in den Fluren. Rembrandt, van Dyck, Rubens - alle echt. "Wir sind manchmal von der einen Seite des Palastes zur anderen gelaufen, nur um die Bilder anschauen zu können."
Das Servieren in den ungewohnten Gewändern musste allerdings geübt werden: "Man kommt sich vor, als ob man eine Skijacke anhat. Man muss nah genug an der Person sein, ohne sie vom Stuhl zu schieben." Zum Dinner gab es schwere Jacken mit Fransen auf der Rückseite.
Ich musste mich nach vorne beugen, um gerade zu stehen.
Crowson erinnert sich daran, wie er, beladen mit einer großen Platte Bratkartoffeln, kaum das Gleichgewicht fand, um die Platte auf Servierhöhe zu halten.
Prinz Charles zugeordnet
Wie nah ist er bei dieser Arbeit der königlichen Familie gekommen? "Ganz nah. Außer der Königin, der nie. Wir durften die nicht mal angucken." Immer leicht am Gesicht vorbeischauen - wer das nicht lernte, konnte den Job nicht machen.
Malcolm Crowson war dem Tisch von Prinz Charles zugeordnet, hatte ihn und seine Gäste zu bedienen. Er schildert den Thronfolger als sehr umgänglich. So sei der auch mal in die Kantine für Bedienstete gekommen, habe die Leute gelobt und Getränke spendiert. Besonders imponiert hat Crowson damals Queen Mum, die Mutter der Königin.
Die habe ihren eigenen Kopf gehabt und nur in ihrem Zelt gab es bei Gartenpartys Gin Tonic und Zigaretten, die jeweils extra für sie hergestellt wurden. Bei Queen Mum "war Temperament drin", sagt Crowson, schildert sie als "sehr lustig und offen".
Queen isst Müsli
Seine Schweigevereinbarung ist längst abgelaufen. Deshalb darf Malcolm Crowson heute berichten, dass die Queen zum Frühstück damals Müsli aß, welches sie in einer Plastikdose aufbewahrte. Ihr Mann, der Duke of Edinburgh, dagegen bevorzugte am Morgen Eier mit Speck.
Sie ist eine ganz bodenständige Person, aber ihre Freizeit genießt sie.
Die Königin sei - obwohl sie keinen Führerschein hat - auch mal mit dem Auto spontan durch London gefahren. Sie habe sich einen Mini aus dem Fuhrpark genommen, die Sicherheitsleute hinterher. Offenbar habe sich die Königin schnell etwas anschauen wollen, erklärt Crowson.
"Sie ist eine ganz bodenständige Person, weiß aber, dass sie ihren Job auszuüben hat. Und das tut sie. Die macht das, aber ihre Freizeit genießt sie." Vor der Lebensleistung der Queen habe er Hochachtung.
Lieber auf Kreuzfahrt als an den Hof
Fotos von seiner Arbeit am königlichen Hof hat Crowson leider nicht. Dafür Einsatzpläne, aus denen hervorgeht, wer damals am Tisch der Königin saß: der Ministerpräsident mit seiner Gattin, der Generalgouverneur von Jamaica, der Duke of Wellington.
Oder die Listen mit den zahlreichen Servicekräften, die eingeteilt waren fürs Servieren, für Getränke, Zigaretten, Likör. Diese Papiere hat er seit mehr als 40 Jahren aufgehoben. Nachdem er damals das College absolviert hatte, kam ein Angebot vom Hof für eine Anstellung. Crowson lehnte ab: Er hatte schon eine Zusage für einen Job auf einem Kreuzfahrtschiff und wollte lieber die Welt sehen.
Keine Queen-Barbie
Seit Mitte der 80er Jahre lebt der Brite in Deutschland, seit 1994 in Eisenach. Er engagiert sich seit vielen Jahren im Gewerbeverein, betreibt gemeinsam mit seiner Frau am Karlsplatz einen Laden für Spielzeug und Souvenirs.
Königliche Andenken aber sucht man in seinem Laden vergebens, die seien in Eisenach nicht gefragt. Auch um die schnell vergriffene "Queen-Barbie" hat sich Crowson nicht bemüht. Er würde sie nicht verkaufen, sagt er. Die Königin auf Tassen, Tellern oder Magneten, ja, aber als Puppe zum Spielen? Nein. "Da fehlt es an Respekt."
MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Johannes und der Morgenhahn | 02. Juni 2022 | 08:30 Uhr
dimehl vor 34 Wochen
Ist dererlei "Hofberichterstattung" eigentlich Aufgabe Öffentlich-Rechtlicher Medien ?
Dafür gibt es diverse "Goldene" und sonstige Blättchen, die Jeder kaufen kann, den so etwas interessiert.