Ein Mann spricht in ein Mikrofon
Waltershausens langjähriger Bürgermeister Michael Brychcy (CDU) stellt sich bei der Frage zur Zusammenarbeit mit der AfD gegen die Landes- und Bundesspitze seiner Partei. Macht aber eine Ausnahme. Bildrechte: picture alliance/dpa | Bodo Schackow

"In Sachfragen" CDU und AfD: Brychcy für Umdenken, Voigt lehnt Zusammenarbeit ab

09. Juni 2023, 22:01 Uhr

Die CDU lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD strikt ab. Dies bestätigte Bundeschef Friedrich Merz erst kürzlich. Gegen diese Haltung stellt sich Waltershausens CDU-Bürgermeister Michael Brychcy - und erntet Kritik. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD weiter aus.

Der Bürgermeister von Waltershausen, Michael Brychcy (CDU), hat sich für eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen. In Sachfragen komme die Politik auf der Kommunal- und Landesebene im Osten sonst überhaupt nicht mehr voran.

"Nicht alle in dieser Partei sind Faschisten", sagte der 62-Jährige Kommunalpolitiker aus dem Kreis Gotha MDR THÜRINGEN. Er selbst binde schon längst die AfD-Abgeordneten bei Sachfragen im Stadtrat mit ein. "In solchen Fällen lehne ich parteipolitische Spielchen ab", sagte Brychcy, der dem Landespräsidium der Thüringer CDU angehört. Das könne seiner Meinung nach auch im Landtag funktionieren.

Nur mit Björn Höcke und dem rechten Flügel der AfD könne man nicht reden, so der CDU-Politiker. Dies gelte auch für die jetzige AfD-Fraktion im Landtag, präzisierte Brychcy im Gespräch mit MDR THÜRINGEN am Freitagnachmittag. Wie die Zusammensetzung der Fraktion in Zukunft aussehe, könne niemand wissen.

CDU-Landeschef Voigt lehnt Zusammenarbeit ab

Brychcy verzichtet im nächsten Jahr auf eine weitere Kandidatur als Bürgermeister, will aber als Abgeordneter in den Landtag einziehen. Seine Partei nominiert im nächsten Jahr die Kandidaten. Im Wahlkreis 14 (Landkreis Gotha) hatte 2019 die AfD das Direktmandat gewonnen.

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt schließt eine Zusammenarbeit mit der AfD weiter aus. Die Union müsse sich jedoch intensiv um mögliche AfD-Wähler kümmern, sagte er MDR THÜRINGEN. So habe er den Vorstoß von Brychcy auch verstanden.

CDU-Spitze lehnt Zusammenarbeit ab

Der langjährige Kommunalpolitiker und Präsident des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes stellt sich mit seinem Vorstoß gegen die Landes- und Bundesspitze seiner Partei. Die CDU lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD mit dem Verweis auf deren Verfassungsfeindlichkeit strikt ab.

Diese Haltung hatten CDU-Bundeschef Friedrich Merz sowie der Thüringer Landesvorsitzende erst kürzlich bestätigt. Der CDU-Oberbürgermeister von Altenburg, Andre Neumann, hatte erst vor wenigen Tagen bei MDR THÜRINGEN eine Zusammenarbeit seiner Union mit den Linken ins Gespräch gebracht.

Kritik an Brychcys Vorstoß

Für seinen Vorschlag erntete Brychcy, der auch im Landespräsidium der Thüringer CDU ist, massiv Kritik. "So wird einer ausgewiesen extrem rechten Partei kontinuierlich der Weg bereitet, wirkmächtig zu werden und Gestaltungsverantwortung zu erhalten", schrieb der Linke-Fraktionschef Steffen Dittes bei Twitter.

Der Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, Jens-Christian Wagner, schrieb ebenfalls bei Twitter: "#Brandmauer oder #Flutgraben?" Wagner gilt als einer der schärfsten Kritiker der Thüringer AfD mit ihrem Landechef Björn Höcke, die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird.

Thüringens SPD-Chef und Innenminister Georg Maier fragte bei Twitter, ob sich die CDU als Juniorpartner der AfD anbiete. "Eine Abgrenzung nach rechts sieht anders aus." Mit der AfD könne man nicht zusammenarbeiten, hier gebe es keinen Mehrwert, sagte Maier MDR THÜRINGEN am Nachmittag.

Gothas Landrat Onno Eckert (SPD) sagte MDR THÜRINGEN, Brychcy habe sich weit aus dem Fenster gelehnt. Er frage sich angesichts dessen Äußerung, nicht alle Mitglieder der AfD seien Faschisten, wo die Grenze für eine Zusammenarbeit liege. Eckert sagte, in seinen Augen sei die Zusammenarbeit mit einer Partei bereits ausgeschlossen, wenn diese auch nur einen einzigen Faschisten in den eigenen Reihen dulde.

Umfragen: AfD in Thüringen vorn

Die AfD lag in den jüngsten Umfragen in Thüringen auf dem ersten Platz - vor der Linken von Ministerpräsident Bodo Ramelow und vor der CDU. Höcke hatte erst kürzlich den Anspruch seiner Partei auf Regierungsbeteiligung bekräftigt. 2024 wird ein neuer Landtag gewählt.

Mit Blick auf mögliche schwierige Mehrheitsverhältnisse, die sich in Thüringen ergeben könnten, zeigte sich Brychcy offen für ein Bündnis seiner Partei mit den Linken. "Wenn demokratische Parteien sagen: Wir machen eine Koalition und jeder einen Schritt zurückgeht und nicht nur nach Ideologie handelt, dann kann ich mir sogar so etwas vorstellen."

CDU unterstützt keine AfD-Anträge

In Thüringen unterstützt die CDU-Fraktion im Landtag keine Anträge der AfD. Umgekehrt fanden aber schon CDU-Anträge mit Hilfe von AfD-Stimmen eine Mehrheit. Ende Januar verabschiedeten die oppositionellen Abgeordneten von CDU, AfD und FDP eine Änderung des Thüringer Spielhallengesetzes. Kürzlich verhalf die AfD einer von Linke, SPD und Grünen initiierten Ausweitung eines Untersuchungsausschusses zu einer Mehrheit.

Mehr zum Umgang mit der AfD in Thüringen

MDR (dr/mm), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 09. Juni 2023 | 05:00 Uhr

342 Kommentare

MDR-Team vor 44 Wochen

Liebe Nutzer,

wir schließen diesen Kommentarbereich für heute. Ab morgen können Sie unter diesem Beitrag wieder kommentieren.

Liebe Grüße
Ihre MDR THÜRINGEN Online-Redaktion

Ilse vor 44 Wochen

Erichs Rache

Heh heh, diese Partei wird fast ausnahmslos, von der Generation Abendrot gewählt u. außerdem war an dem auch noch kein Staatsanwalt interessiert.

SZ Rentner vor 44 Wochen

@ Wessi
Ich stelle mir mal vor jemand aus dem anderem Lager hätte das :
"Viele lange hier lebende sind über Generationen saufaul."

Ins Spiel gebracht wie würden sie dann schreien pauschale Verurteilung von armen Arbeitslosen .

Mehr aus der Region Gotha - Arnstadt - Ilmenau

Auf über 400 Hektar haben sich seit 2003 mehr als 20 Firmen angesiedelt, im gesamten Gebiet sind über 9000 Arbeitsplätze entstanden. mit Video
Auf über 400 Hektar haben sich seit 2003 mehr als 20 Firmen angesiedelt, im gesamten Gebiet sind über 9000 Arbeitsplätze entstanden. Bildrechte: MDR/Christian Görmer

Mehr aus Thüringen