Härtefallprogramm Hilfe für Unternehmen - Essenslieferant aus Ohrdruf wartet sehnsüchtig darauf

29. November 2022, 19:40 Uhr

Hohe Energiekosten treffen nicht nur Betriebe, die besonders viel Gas oder Strom brauchen. Und bisher profitiert längst nicht jeder von den Versuchen der Politik, die Kosten zu begrenzen. Nun hat der Thüringer Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bekanntgegeben, wie im Freistaat geholfen werden soll. Ein Unternehmen aus Ohrdruf wartet sehnsüchtig darauf.

Eine Handvoll Mitarbeiter flitzt zwischen der Küche und den weißen Kastenwagen hin und her, mit denen die Essen der "Enjoy Catering" in Kindergärten und Schulen ausgefahren werden. Zusammen mit Essen auf Rädern sind es etwa 2.500 Portionen pro Tag, berichtet Inhaber Lars Bauer, der vor 19 Jahren mit drei Leuten angefangen hat und heute 26 Menschen beschäftigt.

"Über mangelnde Nachfrage kann ich mich nicht beschweren", sagt er. "Aber die Kosten sind immens." Er zieht eine Aufstellung der Kosten des ersten Halbjahres hervor, die er an Schulverwaltungsämter und Landratsamt geschickt hat. Im Februar hätten die Stromkosten bei 3.400 Euro gelegen, im Mai bereits bei 5.900.

Einigen Kindergärten war es zu teuer

Schon damals habe er darum gebeten, wenigstens 15 Cent pro Essen mehr nehmen zu können, um die Mehrkosten halbwegs aufzufangen. Die Ämter hätten das weiter nach unten delegiert, es gebe keine anderen Hilfsmöglichkeiten. Aber durch die Preissteigerungen, die nun nötig geworden sind, seien Abnehmer ausgestiegen. "Wir verlieren zum Jahresende Kindergärten, die das nicht mitmachen."

Es gebe noch immer Konkurrenz, die manchmal billiger sei. "Aber längst nicht alle kochen wirklich selber und achten darauf, woher ihre Ware kommt." Erhöhe er nun einfach die Preise, dann kommt "im Umkehrschluss, dass viele Eltern ihre Kinder nicht mehr mitessen lassen. Somit verliere ich wieder Essen und Umsatz." Zumal der Fahrer trotzdem fahren müsse - ob nun für 50 oder 100 Portionen pro Einrichtung.

Das Härtefallprogramm in Thüringen

Bauer gehört zu den Unternehmern, die schon lange auf ein Härtefallprogramm aus der Politik warten. Denn trotz Strom- und Gaspreisbremse sind die Kosten an vielen Stellen aus dem Ruder gelaufen - oft unverschuldet. Am Dienstag verkündete das Thüringer Wirtschaftsministerium nun die Details des "Thüringer Existenzsicherungsprogramms". Das beinhaltet verbilligte Kredite für Investitionen in Erneuerbare Energien und mehr Energieeffizienz. Denn Unternehmen sollten vor allem auch langfristig krisenfest gemacht werden.

Hauptsäule sind allerdings 120 Millionen Euro für Unternehmen, "deren Energiekosten sich mindestens verdoppelt haben und denen deshalb absehbar eine Zahlungsunfähigkeit droht", heißt es im Programm. Ob Unternehmen die Hilfe bekommen, muss von deren Steuerberater nachgewiesen werden. Die Anträge können ab Donnerstag bei der Thüringer Aufbaubank gestellt werden, noch im Dezember sollen erste Hilfen zur Auszahlung kommen.

"Eigentlich müsste ich jetzt Leute entlassen"

Bauers Betrieb droht nicht unbedingt die Insolvenz, aber seine Finanzlage sei schwierig. "Eigentlich müsste ich jetzt Leute entlassen", sagt er. Aber die seien dann eben weg und kämen nicht wieder. Und eigentlich sei die Auftragslage gut, die Nachfrage hoch. Aber die Preise auf ein ehrliches Niveau anheben könne er nicht so einfach, denn in Schulen würden das mitunter auch Schulkonferenzen entscheiden - und nicht immer gingen die mit. "Da bliebe nur mir im Zweifel die Kündigung eines Liefervertrags."

Das Unternehmen kommt aus einer schwierigen Corona-Zeit. "Im Winter 2020/21 wurde mitunter von einem Tag auf den anderen die Schließung von Schulen angeordnet." Er als Speise-Lieferant sei dann auf seinen Kosten sitzen geblieben." Und auch aktuell gebe es neben den Energiepreisen auch jede Menge andere steigende Kosten.

"Früher war es mal Rindfleisch oder Geflügel. Jetzt ist es querbeet." Mitunter seien lange bestellte Waren von einem Tag auf den anderen nicht lieferbar. "Letztens gab es keine Germknödel, da haben wir auf die Schnelle Eierkuchen gemacht." Der Kunde habe sich beklagt, aber "ehe ich kein Essen liefere, liefere ich lieber was anderes".

Lob der Industrie- und Handelskammer

In solchen Situationen seien viele Unternehmen, heißt es bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt. Manche könnten von Preisbremsen nicht profitieren - gerade kleine und mittlere Betriebe profitierten bisher nicht von Energiekosten-Dämpfungsprogrammen. Die nun von Bund und Land auf den Weg gebrachten Hilfen seien "nötig und an der Zeit", sagt Peggy Lindner, Abteilungsleiterin Unternehmensförderung bei der IHK.

Lob kommt aus der Kammer, dass ausdrücklich nicht nur Gas und Strom, sondern alle Energieträger geltend gemacht werden können. Nun müsse es nur noch schnell gehen. Schon damit die 26 Catering-Mitarbeiter bleiben können.

MDR (flog/sar)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 29. November 2022 | 19:00 Uhr

19 Kommentare

DermbacherIn am 01.12.2022

Ich verstehe ihren Beitrag nicht, natürlich ist das Unternehmen nach 19 Jahren! etabliert, es hat aber jetzt aufgrund der Preissteigerungen mit Problemen zu kämpfen, dies hat nichts damit zu tun, dass das Unternehmen nicht konkurrenzfähig wäre!

DermbacherIn am 01.12.2022

Viele Caterer für Schulessen bzw Kindergartenessen werden jetzt bei den gestiegenen Preisen Probleme zu bekommen umso wichtiger wäre es das Essen abwechslungsreich zu gestalten, muss bei diesem Caterer nicht der Fall ist wenn Frau sich seinen Speiseplan betrachtet, auch wurde er sehr viel sparen, stellte er auf Mehrwegverpackungen um!

Thommi Tulpe am 30.11.2022

O. B.: Was rede ich schön?
Ich stelle "einfach nur" ohne Sentimentalität fest.
Würde die Politik alles "sponsern", was nicht konkurrenzfähig ist, hätten wir wieder Sozialismus.
Sicher ist es bedauerlich, wenn Arbeitsplätze gefährdet sind. Noch bedauerlicher ist es, wenn es um das Mittagessen für Kindern geht.
Sie verwechseln "nur" leider immer wieder wegen Ihrer politischen Einstellung - wie viele andere bedauerlicherweise auch! - Ursache und Wirkung.
Hat die Bundes- oder Thüringer Landesregierung die Ukraine überfallen? Haben diese Regierungen sich selber den Gashahn zugedreht, sodass die Energie- und Rohstoffpreise "durch die Decke geschossen" sind?
Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass ein "Kuschelkurs" mit Putins Russland wieder zu einst gewohnten Zuständen zurückführen wird. Vor allem: Wie sollte dieser "Kuschelkurs" begonnen werden, wenn Putins Russland daran überhaupt kein Interesse mehr hat?
Diese Frage konnte nicht einmal AfD-Front"frau" Alice Weidel beantworten.

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