Klimawandel Wachsfiguren schmelzen auf Schloss Friedenstein in Gotha

11. August 2022, 17:29 Uhr

Auch hinter den Schloss- und Burgmauern von Thüringer Museen sorgt der Klimawandel für viel Wärme. In Gotha mussten auf Schloss Friedenstein 14 Wachsobjekte wegen der Hitze aus ihren Vitrinen genommen werden. Den Rest des Sommers verbringen sie in einem klimatisierten Raum.

Auch in Thüringen werden die Sommer immer heißer und trockener. Der Klimawandel bereitet den Förstern, den Landwirten und inzwischen auch den Museumsdirektoren Sorgen. Denn auch hinter dicken Schloss- und Burgmauern wird es ungewohnt warm. Und das hat Folgen für Ausstellungsstücke und am Ende für Museumskonzepte und Museumssanierungen.

Weil es aufgrund der anhaltenden Hitze und Trockenheit in den Innenräumen von Schloss Friedenstein 25° C und mehr geworden sind in diesem Sommer, mussten die 14 Wachsobjekte der Kunstkammerausstellung aus den Vitrinen genommen werden. Und das bereits im vierten Jahr in Folge. In diesem Jahr müssen Besucher allerdings besonders lange auf die Schmuckstücke verzichten, erklärt Stiftungsrestaurator Thomas Huck.

Es war früh im Sommer bereits heiß und bis Ende August sei keine Abkühlung in Sicht. Durch die dicken Mauern kühlen sich die Innenräume auch nicht so schnell wieder ab. Das dauert, sagt er. Lüften sei keine Option. Über Nacht die Fenster aufzureißen, sei aus konservatorischen und aus Sicherheitsgründen keine Option. Deshalb müssen die Wachsobjekte umziehen ins Depot der Stiftung Schloss Friedenstein. Das befindet sich im Perthes-Forum.

Räume heizten sich langsam auf

Die Kunstkammer, zu der die Wachsobjekte gehören, befindet sich im Nordflügel von Schloss Friedenstein. Dieser Bereich ist bereits teilsaniert. In den 90er-Jahren wurden neue Fenster eingebaut. Aber trotz allem führen die hohen Außentemperaturen und die hohe Sonneneinstrahlung dazu, dass sich die Räume ganz langsam aufheizen. Die Ausstellungsvitrinen sind zwar relativ dicht, sagt Huck, aber dennoch heizen auch diese sich dann zeitversetzt auf.

Bei 25 Grad schmilzt eine Wachsfigur zwar nicht, aber die Oberflächen werden weicher. Dadurch lagern sich Schmutz- und Staubpartikel ein. Die Oberflächen werden rauer und werden zum Teil stark geschädigt. Geschieht das über einen langen Zeitraum, so Huck, sieht man das dem Objekt auch mit bloßem Auge an. Die Verantwortung der Restauratoren ist es, dies zu verhindern. Deshalb werden die Wachsfiguren in eine kühlere, klimatisierte Umgebung gebracht.

Kühlbare Vitrinen als Alternative

Eine Alternative wären kühlbare Vitrinen im Museum. Da gibt es verschiedene Ansätze, sagt der Restaurator. Kühlbare Vitrinen sind aber zum einen teuer, man hat durch sie ein Geräuschproblem und Kühlvitrinen erzeugen Abwärme ähnlich einem Kühlschrank, die man in einem Ausstellungsraum auch nicht gebrauchen kann. Außerdem könnte man komplette Fassaden oder ein ganzes Gebäude abschatten.

Dies würde in der Regel Eingriffe in die Bausubstanz bedeuten. Bei historischen, denkmalgeschützten Gebäuden ist das ein Problem. Ebenso wie der Einbau von Klimaanlagen, denn auch die würden die historische Bausubstanz verändern.

Vor dem Hintergrund der Energiepreisentwicklung sei Kühlung so ziemlich der größte Kostenfaktor im Unterhalt, heißt es. Auch ein Bekleben aller Fenster mit Folien sei kostenintensiv und greife ins Gesamtbild ein.

Wachsfiguren ziehen um

Also ziehen die Wachsfürsten mit ihrem Gefolge wohl weiterhin um in die Sommerfrische ins Depot. Vom Friedenstein hoch oben über der Stadt geht es hinab nach Gotha ins Perthes-Forum. Dafür kommen die Wachsfiguren aber nicht in eine Kühlbox. Denn Kälte und Luftfeuchtigkeitsschwankungen, sagt Restaurator Thomas Huck, sind genauso gefährlich wie Hitze. Vorsichtig wurden die Objekte also in gepolsterte und isolierte Klimakisten gepackt und ins Depot gefahren.

Ein Vorgang, der nach allen restauratorischen Gesetzen umsichtig geplant und realisiert wird. Bis zum Sommerende stehen sie in einem klimatisierten Raum des Depots in einem Metallschrank. Statt Ausblick in die Kunstkammerräume im ersten Stock des Nordflügels von Schloss Friedenstein blicken die Wachsherzöge samt Gattinnen jetzt auf eine geschlossene Schranktür. Ihre Nachbarn sind für diesen Sommer andere Objekte des Kunstkammerbestandes im Depot wie Elfenbeinschnitzereien oder Tonkrüge.

Vitrinen trotzdem nicht leer

Die Vitrinen in der Ausstellung sind dennoch nicht ganz leer. Statt der Wachsobjekte sind deren Fotos zu sehen mit Text. Zu lesen ist neben einer Entschuldigung auch die Begründung, warum die Objekte gerade nicht gezeigt werden können. Für die Besucher sei das sicher ernüchternd, räumt Huck ein.

Doch im Sinne des Objektes hofft er auf Verständnis. Und wenn dann die Tage wieder kühler werden, kehren die Wachsherzöge samt Familie im September zurück aus der Sommerfrische und ziehen wieder ein ins Schloss.

MDR (jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 11. August 2022 | 17:00 Uhr

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