Nachwuchs gesucht Schnuppertag bei der Polizei verschafft Einblick in den Beruf
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Mit einem sogenannten Schnuppertag hat die Thüringer Polizei am Mittwoch um Nachwuchs geworben. Grund dafür seien auch die geringen Bewerberzahlen für die Ausbildungsplätze, so ein Polizeisprecher. Die Teilnehmenden bekamen Einblicke ins Alltagsgeschäft der Polizei. Insgesamt haben 140 Jugendliche Interesse an den Schnuppertagen bei der Landespolizeiinspektion (LPI) Gotha angemeldet, davon knapp 45 Prozent junge Frauen.

Tim Waldhelm geht in die 11. Klasse und muss sich langsam überlegen, wie es nach dem Abi weitergeht. Sein Vater ist Polizist und natürlich kam schon hin und wieder die Frage: "Willst du nicht auch zur Polizei gehen?" Vorgeschrieben haben die Eltern ihm den Beruf allerdings nicht: "Ich habe schon die freie Wahl. Zwischendurch wollte ich auch mal Lehrer werden. Derzeit schwanke ich noch zwischen Polizei und Zoll. Aber nach dem Tag heute liegt momentan die Polizei vorn."
Polizei zum Anfassen
Der Schnuppertag in Eisenach war für die Jugendlichen am Ende wirklich intensiv. Denn wegen der Corona-Regeln hatte man die Jugendlichen in zwei kleine Gruppen aufgeteilt und so konnten Tim, Sitara und Nico sehr konzentriert alles aufnehmen, was ihnen Polizeihauptmeisterin Peggy Schuchardt zeigte und erzählte. Tim konnte im Streifenwagen Probesitzen, in der Einsatzzentrale wurde erklärt, was ein Polizist alles so an seinem Koppel hängen hat und was nach einem Notruf passiert und sogar die Hafträume im Keller konnten die Jugendlichen besuchen.
Besonders interessant fand ich die Zellen, den Streifenwagen und die Ausrüstung.
Und überall gab es Fragen. Themen waren die Ausbildungsmöglichkeiten, die verschiedenen Bereiche der Polizei, die Ausrüstung und auch die soziale Sicherheit des Jobs. Denn mit knapp 1.300 Euro werden die künftigen Polizisten schon in der Ausbildung gut bezahlt.
"Ich will den Menschen helfen"
Peggy Schuchardt selbst ist schon seit 24 Jahren bei der Polizei und sie hat diese Wahl nie bereut: "Wenn ihr morgens zur Arbeit geht, wisst ihr nie, wie der Tag wird. Das ist wirklich spannend."
Und als besonders vielseitig beschreibt sie ihren Beruf auch. Man sei nicht nur Polizist, sondern auch Sozialarbeiter, Ersthelfer, Tröster und vieles mehr. Vor allem geht es darum, Menschen zu helfen, sagt sie. Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Polizisten gibt es nicht im Dienst, erzählt sie. Alle müssten die gleiche Arbeit machen. Natürlich hilft man sich gegenseitig, schließlich arbeitet man ja im Team.
Präsentation überzeugt die Jugendlichen
Nico Oehmig ist jetzt in der 12. Klasse und wollte eigentlich später im IT-Bereich arbeiten. Aber immer nur vor dem Computer zu sitzen, stellt er sich dann doch zu langweilig vor: "So ein bisschen Action sollte es im Job schon auch geben". Nachdem er im Internet viel zum Beruf des Polizisten gelesen hatte, kam er zum Schnuppertag. "Das hier alles so zu sehen, das hat mir erst einmal die Vielfältigkeit des Polizei-Alltags gezeigt. Das hat meine Entscheidung definitiv bestärkt."
Sitara Mohammad wusste dagegen schon sehr früh, was sie werden will. Sie geht jetzt in die 9. Klasse und wollte schon in der Grundschule Polizistin werden. "Das ist ein total spannender Beruf. Vor allem die Kriminalpolizei reizt mich sehr." Fast die Hälfte der etwa 140 Jugendlichen, die sich zum Schnuppertag angemeldet haben, sind übrigens junge Frauen.
"Polizisten brauchen große emotionale Kompetenz"
Auch Dienststellenleiter, Polizeirat Ronny Pommer, nahm sich Zeit für die Fragen der Jugendlichen. Beispielsweise für die nach dem idealen Bewerber: "Ich wünsche mir Leute, die eine gewisse Reife mitbringen, die gerne mir Menschen umgehen, die hifsbereit sind, die für Recht und Gesetz eintreten wollen, die auch Ideale mitbringen, die der Gesellschaft helfen wollen. Natürlich muss man auch mal stark sein können in dem Beruf, man braucht Entschlossenheit, aber auch ein großes Einfühlungsvermögen. Emotionale Kompetenz ist sehr wichtig, ebenso wie Kommunikationsfähigkeit."
Das sind hohe Ansprüche und das spiegelt sich auch in den Aufnahmetests wider. Absolviert werden müssen da ein Intelligenztest, ein Deutsch-Test und eine Sportprüfung, ein gründlicher Gesundheits-Check schließt sich an. "Beim Aufnahmeverfahren werden die gesündesten und besten Menschen herausgesucht", sagt Peggy Schuchardt.
Piercings, Tatoos, bunte Haare
Überrascht waren die Jugendliche auch, dass bei der Polizei sogar auf Körperschmuck geachtet wird: Piercings und Tunnel müssen zum Dienst entfernt werden, Tattoos sind nur erlaubt, wenn sie von der Uniform verdeckt werden. Und natürlich dürfen sie auch nicht extremistisch sein. "Polizisten sind politisch immer neutral" erklärt Peggy Schuchardt.
Nachwuchssorgen bei der Thüringer Polizei
Die Bewerberzahlen für die Polizei liegen bundesweit auf niedrigem Niveau. In Thüringen gab es 2010 noch zehn Bewerber auf eine der etwa 300 Ausbildungsstellen, für das Ausbildungsjahr 2022 sind es nach Angaben des Innenministeriums nur noch zwei. Das Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales hat deshalb eine sogenannte Taskforce ins Leben gerufen, die sich um dieses Thema kümmert.
Diese "Taskforce Nachwuchsgewinnung" betrachtet den Prozess rund um das Einstellungsverfahren und versucht, die Schwächen bei der Nachwuchssuche zu finden und zu beseitigen. Der Online-Auftritt wurde überarbeitet, Plakate werben für den Beruf und es wird ein neues Bewerbermanagementsystems entwickelt.
Innenminister Georg Maier: "Der Polizeiberuf ist zugegeben nicht einfach, aber für eine funktionierende Demokratie unverzichtbar. Er erfordert Verantwortungsbewusstsein, soziale und kommunikative Kompetenz, Teamfähigkeit aber auch psychische und physische Belastbarkeit und Stress-Stabilität. Das zeigt, dass der Beruf anspruchsvoll, krisensicher, aufregend und immer mit höchster Verantwortung verbunden ist."
Dienststellen entwickeln eigene Ideen
Nicht nur der Nachwuchs fehlt, auch im Polizei-Alltag fehlen Leute. Stand Dezember 2021 arbeiten besipielsweise in der LPI Gotha insgesamt 590 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte. Vorgesehen sind aber eigentlich 694 Dienstposten. Entsprechend viel Hoffnung setzt man in diese Schnuppertage. Vier gab es schon seit Oktober, für Januar sind noch noch zwei weitere geplant. Am 19. und 26. Januar kann man in Gotha, Ilmenau und Eisenach noch einmal hinter die Kulissen der Polizei gucken.
Quelle: MDR
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 12. Januar 2022 | 17:54 Uhr
Harka2 vor 18 Wochen
Schichtdienste gibt es vielerorts, z.B. auch im Krankenhaus oder in Gaststätten. Als Polizist kommt aber dazu, dass der Dienst nicht wie in einer RTL/SAT1-Pseudo-Doku spannend ist, sondern meistens nur belastend. Die meisten Polizisten ziehen ihr ganzes Leben lang nie im Dienst die Waffe, dafür aber das Notizbuch. Die wenigsten Einsätze enden mit einer Verhaftung, die meisten nur mit dem Wissen, dass Platzverweise nur temporär nützen.
kleinerfrontkaempfer vor 18 Wochen
Wer mal Schichtdienst geschoben hat weiß wie belastend und Kräfte zehrend das ist.
Alle Achtung wenn dann ein Polizist dies als dauerhaft auf sich nimmt.
Harka2 vor 18 Wochen
Die Politik lässt die Polizei regelmäßig im Stich und macht sie auch gerne zum Buh-Mann. Da ist es kein Wunder, wenn die Attraktivität dieses Berufs nicht mehr groß ist. Zudem erleben die Polizisten häufig, das ihre Arbeit nicht gewürdigt wird und während sie noch Protokolle schreiben die Straftäter wieder auf freien Fuß sind. Präventiefe Maßnahmen finden kaum mehr statt, die Truppe nimmt nur noch Straftaten auf und legt sie ab. Das ist frustrierend.