Aufgang zur Wartburg, Blick auf Hotel, hinter dessen Dach die Sonne untergeht
Aufgang zur Wartburg mit Blick aufs Hotel: Frühere Beschäftigte des Hauses berichten von großem Druck während der Arbeit. Bildrechte: MDR/Marco Prosch

"Klima der Angst und Resignation" Kritik an Betriebsklima in Wartburg-Hotel: Kette sieht keinen Handlungsbedarf

05. Februar 2022, 20:46 Uhr

Das "Romantik Hotel" auf der Wartburg ist eine von nur zwei Fünf-Sterne-Unterkünften in Thüringen. Doch für Beschäftigte ist das Betriebsklima offenbar alles andere als idyllisch: Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten wirft dem Hotel in einer Pressemitteilung ein "Klima der Angst und Resignation" vor. Auch frühere Mitarbeiterinnen bestätigten dies. Die Verantwortlichen streiten die Vorwürfe ab.

Das "Romantik Hotel" auf der Wartburg liegt herrlich idyllisch. Wer hier übernachtet, kann die schönsten Seiten des Unesco-Weltkulturerbes entdecken. Das Haus ist eine von nur zwei Fünf-Sterne-Unterkünften in Thüringen. Das Hotel auf der Wartburg und auch das zweite Fünf-Sterne-Hotel in Thüringen, das Hotel Elefant in Weimar, gehören zur Arcona-Hotelgruppe.

Diese Woche veröffentlichte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten eine Pressemitteilung, die zu viel Aufmerksamkeit führte. Dem Hotel auf der Wartburg wurde darin ein "Klima der Angst und Resignation" vorgeworfen. Die Arbeitsbedingungen in dem Haus hätten sich seit Antritt des neuen Hoteldirektors Hannes Horsch im Jahr 2019 massiv verschlechtert.

Die Berichterstattung ließ einige frühere Beschäftigte aufhorchen. Drei Frauen meldeten sich daraufhin bei MDR THÜRINGEN. Die Betroffenen zeichnen ein ähnliches Bild wie in der Pressemitteilung, teilweise auch schlimmer.

Betroffene berichten von ihren Erlebnissen

Cassandra Encarnacion war bis Januar Auszubildende im Hotel auf der Wartburg. Sie hat jetzt einen neuen Arbeitgeber. Die 22-Jährige bestätigt, dass das Betriebsklima schlecht gewesen sei. Sie berichtet von vielen Überstunden und einer hohen psychischen Belastung des Personals im "Romantik Hotel".

Nach dem Wechsel der Leitung 2019 hätten viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt. Sie habe sich gemeldet, weil sie den ehemaligen Kollegen helfen möchte: "Das muss aufhören." Encarnacion hatte während ihrer Zeit im Hotel auf der Wartburg das Gespräch mit der Hausleitung gesucht. Ihre Mutter habe sie dabei unterstützt. Danach hatte sie das Gefühl, in Ruhe gelassen zu werden.

Psychische Belastung führte zu Hörsturz

Zwei andere ehemalige Mitarbeiterinnen berichten unabhängig voneinander von so starkem Druck und psychischer Belastung, dass sie zeitweise einen Hörsturz erlitten hatten. Oft seien Beschäftigte herausgepickt und gezielt unter Druck gesetzt worden, berichteten alle drei Mitarbeiterinnen, die sich gemeldet haben. Hotelangestellte hätten deswegen während der Arbeitszeit geweint. Auch grundlegende Regeln des Arbeitsschutzes wurden den Berichten zufolge nicht eingehalten.

So erzählen alle drei von Vorfällen, in denen der Direktor sie selbst oder Kollegen versucht habe, zu Hause aufzusuchen, wenn sie krank geschrieben waren. Der Umgangston mit Untergebenen sei zudem unmöglich gewesen. Das kritisiert auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten. Sie bestätigt zudem, dass kranke Mitarbeiter zu Hause aufgesucht wurden.

Die Geschäftsführung sieht kein Problem

In einem Gespräch hat MDR THÜRINGEN den Geschäftsführer der Arcona Hotelgruppe, Alexander Winter, und den leitenden Hoteldirektor der Wartburg, Hannes Horsch, mit den geschilderten Vorfällen der Betroffenen und der Gewerkschaft konfrontiert. Winter und Horsch streiten die Vorwürfe ab.

Geschäftsführer Winter bezeichnete sie als "haltlos". Er behalte sich außerdem rechtliche Schritte gegen die Veröffentlichung der Pressemitteilung durch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten vor. Die geschilderten Vorfälle stritt Hoteldirektor Horsch ab. Er könne sich solche Äußerungen nicht erklären. Horsch bestätigte lediglich, dass er in einem Fall versucht habe, eine krank geschriebene Mitarbeiterin zu Hause aufzusuchen. Beide Verantwortlichen lehnen es ab, die internen Prozesse durch Externe prüfen zu lassen. Der Hoteldirektor der Wartburg, Horsch, werde im Amt bleiben.

Wartburg-Stiftung fordert Geschäftsführung zur Klärung auf

Der Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, Jens Löbel, reagierte entsetzt und enttäuscht auf die Aussagen der Geschäftsleitung. Es müsse sich dringend etwas ändern: "Das Betriebsklima wird nicht besser, wenn man nicht bereit ist, darüber zu reden."

Auch die Wartburg-Stiftung forderte die Geschäftsführung dazu auf, alles Interne so schnell wie möglich zu klären. Die Stiftung verpachtet die Immobilie an die Arcona Hotelgruppe. Franziska Nentwig, Vorstand der Wartburg-Stiftung, äußerte sich besorgt: "Die internationale Reputation der Wartburg als Geschichts- und Kulturort könnte davon beeinträchtigt werden."

MDR

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 05. Februar 2022 | 19:00 Uhr

6 Kommentare

Sozialberuflerin am 06.02.2022

Aber warum melden sich die Betroffenen hier in der Presse?
Warum wird nicht mit einer Sammelklage dagegen vorgegangen?
Warum bleibt man bei dem Arbeitgeber, wenn die Zustände so unzumutbar sind? Vorallem so lange!

55 Mitarbeiter lassen sich das solange gefallen?

Das man im Gastgewerbe nicht die optimalsten Arbeitsbedingungen vorfindet, kann ich mir nur zu gut vorstellen!
Und ich denke, im Moment ist jeder Gastwirt /Hotelbetreiber froh, seine Leute halten zu können
Also einen neuen Job zu finden, in dem man auf mehr Menschlichkeit seitens des Arbeitgebers trifft, ist nicht so schwer!

Also woran liegts, dass man mit Angst zur Arbeit gehen MUSS?

Ich schließe nicht aus, dass die geschilderte Situation so ist
Jedoch finde ich, ist sie einseitig geschildert

Tim Taler am 05.02.2022

Natürlich müssen solche Sachen in die Presse! Man sieht doch, dass trotz direkter Gespräche ehemaliger Angestellter und Kenntnis bei der Gewerkschaft sich nichts ändert. Im Gegenteil, jetzt melden sich auch andere Betroffene.

Sozialberuflerin am 05.02.2022

Wie auch schon bei ersten Artikel bzw. Bericht, frage ich mich immer noch...
Wie ist es möglich, dass diese Zustände solange dort herrschen können?

Im ersten Artikel war von von 55 Mitarbeitern die Rede und das dieses schlechte, angsteinflößende Betriebsklima schon vor der Pandemie dort üblich war.
( Quelle, "Streit um Betriebsklima im Hotel auf der Wartburg" MDR am 01.02.22)

Wie? Wie kann das so lange, ohne Anzeigen, ohne Anwälte, ohne Kündigungswellen mit sovielen Mitarbeitern möglich sein?

Wenn dem so ist, ist das absolut zu verurteilen!
Aber meinen Eindruck, dass hier noch was anderes dahinter steckt, bleibt!!

Ob Hotels in dieser Form, auf welchen historischen Mauern auch immer, gebraucht werden, ist ein anderes Thema!

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