Kiesseen in Barchfeld-ImmelbornSchwimmende Häuser und Wohnmobilplätze am Badesee
Zwischen Barchfeld und Immelborn liegen sie rechts und links der Bundesstraße 62: zwei Seen, entstanden durch den Kiesabbau, beliebt bei Badegästen. Die Gemeinde muss dort etwas tun, weil der eine See verlandet - und weil Abwässer künftig besser entsorgt werden müssen. Deshalb plant sie einen großen Schritt für den Tourismus mit schwimmenden Häusern, Parkplätzen und einem Wohnmobilplatz. Verlierer sind vermutlich die Dauercamper.
Seit dieser Woche kann man sie im Rathaus einsehen: die Entwürfe für den Bebauungsplan für die beiden Kiesseen zwischen den Ortsteilen Barchfeld und Immelborn. Sie sind seit vielen Jahren ein beliebtes Ziel von Campern, Badegästen, Anglern, Stand-Up-Paddlern und Modellbootbauern.
Nun gehe es um eine "geordnete touristische Erschließung", sagt Bürgermeister Ralph Groß (CDU). Sein Ziel: "ein Kleinod schaffen, das für Thüringen beispielgebend ist" und Touristen von weither anzieht. Und zwar mit Besonderheiten wie schwimmenden Häusern.
Badeverbot und Anschluss an Kläranlage
Dass die Gemeinde ein Großprojekt plant, liegt auch daran, dass sie im Zugzwang ist: Die Abwässer von Kiosk und Campingplatz am südlichen See dürfen ab 2026 nicht mehr wie bisher in die Werra entsorgt werden, das Gelände soll an die örtliche Kläranlage angeschlossen werden.
Außerdem sorgt der Kiesabbau, der die Seen geschaffen hat, auch dafür, dass der südliche See verlandet. Durch die Kieswäsche wird das Wasser auch trüb. Deshalb herrscht dort schon in diesem Jahr Badeverbot.
Steg mit schwimmenden Häusern
Am nördlichen See aber, der seit 1999 ebenfalls in Teilen zum Baden genutzt wird, fehlt es an Infrastruktur. Dort gibt es neben Kassenhäuschen und Bootsverleih einige mobile Toiletten, mehr nicht. Doch der Badebetrieb muss schon in diesem Jahr komplett dorthin umziehen.
An diesem See plant die Gemeinde einen langen Steg ins Wasser, an dem ein Investor aus Berlin sechs oder sieben schwimmende Häuser errichten will. Außerdem ist ein Gebäude vorgesehen mit Kiosk, öffentlichen Toiletten und Platz für die Vereine, die den See nutzen - die Stand-Up-Paddler und die Modellbootbauer.
Stand-Up-Paddler hoffen auf Lösung
Stehpaddler Heidrun Danz und Torsten Ansorg sind trotz des kühlen Wetters am Freitagvormittag aus Schmalkalden angereist. Was sagen sie zu den Plänen? "Wir sind natürlich nicht begeistert von den schwimmenden Häusern", sagt Danz.
Das Gelände, das der Verein jetzt nutzt, wäre davon betroffen. Aber sie sähen ein, dass die Gemeinde wegen des Abwassers etwas unternehmen muss. "Wir hoffen, dass trotzdem für uns eine Lösung gefunden wird, dass wir mit unseren Brettern ans Wasser können. Wir wollen ja auch schwimmen und surfen."
Wohnmobile statt Dauercamper
Der Bürgermeister geht davon aus, dass Paddler, Modellbauer und auch der Bootsverleih den geplanten Steg nutzen können. Kritik an den Plänen gibt es aber auch am südlichen See, wo nicht nur entlang der Bundesstraße mehr als 200 Parkplätze entstehen sollen. Dort liegt ein Campingplatz.
Auf dieser Fläche will die Gemeinde zum einen acht bis zehn kleine Häuser, "mobile homes" oder "tiny houses", aufstellen, zum anderen ist ein Wohnmobil-Stellplatz für 32 Fahrzeuge geplant. Für Dauercamper wäre dann kein Platz mehr, sagt der Bürgermeister.
"Keine schöne Sache"
Campingplatz und Badebetrieb hat Inka Hauser-Ilgen gepachtet. Ihr Mann Volkmar sorgt auf dem Gelände für Ordnung. Er unterstützt die Pläne der Gemeinde. Sie können funktionieren, sagt Ilgen, weiß aber auch, dass seine 19 Dauercamper darüber traurig sind. Einige von ihnen haben sich im hinteren Teil des Platzes sogar eine FFK-Zone geschaffen.
Im Bereich davor sitzt Heiko Friedrich aus Eisenach braungebrannt im Campingstuhl. Seit über 30 Jahren kommt er hierher wegen des guten Essens, der Pflege und Sauberkeit, wie er sagt - "und weil man hier nicht so erdrückt wird".
Seit vier Jahren ist auch er Dauercamper und nun ziemlich sauer. Dass die Gemeinde sie künftig hier nicht mehr haben will, sei "keine schöne Sache - aber wenn sie meinen, sie dürfen so in die Natur eindringen - ?" Volkmar Ilgen versteht den Ärger seiner Stammgäste und hofft: "Vielleicht gibt's ja noch eine irgendeine Lösung, von der wir jetzt noch nicht wissen."
Umsetzung erst in zwei Jahren
Es dauert noch einige Zeit, bis aus den Plänen Tatsachen werden können. Bürgermeister Ralph Groß geht davon aus, dass erst in den Jahren 2025/26 der Anschluss an die Kläranlage kommen wird. Der ist aufwändig, weil die Werra durchquert werden muss. Danach erst kann Neues entstehen.
Dafür braucht die Gemeinde auf jeden Fall Fördermittel. Und um die zu beantragen, bedarf es eines Bebauungsplans. Der Entwurf liegt noch bis Ende Juni öffentlich aus. In der ersten Woche haben vier Bürger das genutzt, sagt Bauamtsleiterin Lydia Weithaas. "Nachdem sie sich alle Gegebenheiten angeschaut und alle Erklärungen bekommen haben, waren alle sehr zufrieden damit."
Einer der größten Seen Südthüringens
Die Gemeinde handele "vorausschauend", sagt Bürgermeister Ralph Groß: "Diese touristische Erschließung soll ja nicht für die nächsten fünf Jahre sein, sondern für die nächsten 30, 40, 50 Jahre.
Wenn der Kiesausbau fertig ist, gibt das einen der größten Seen in Südthüringen." Dann, so hofft er, wird auch die seit langem geplante Werraquerung der B62 fertig sein und nicht mehr eine vielbefahrene Bundesstraße die Seen teilen, sondern eine Kreisstraße mit einer Tempo-30-Zone.
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MDR (gh)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachmittag | 03. Juni 2023 | 15:15 Uhr
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