Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Wolf und Wolfsrudel

28. März 2023, 08:43 Uhr


Wie viele Wölfe gibt es in Thüringen?

Im Frühling 2023 geht das Thüringer Umweltministerium von acht standorttreuen Wölfen im waldreichen Thüringen aus. Drei davon leben in der Region Ohrdruf. Ein Rüde werde sich aber wahrscheinlich in nächster Zeit ein eigenes Territorium suchen.

Zwei standorttreue Wölfe seien in der Region Ilfeld in Nordthüringen unterwegs, einer in der Region Zella-Rhön im Wartburgkreis und ein Grenzgänger zwischen Niedersachsen und Thüringen bei Braunlage.

Seit März 2023 gibt es offiziell ein fünftes Wolfsterritorium bei Neuhaus am Rennweg. Hier hat sich laut Angaben des Kompetenzzentrums Wolf, Biber, Luchs ein Wolfsrüde angesiedelt.

Lange war Thüringen für Wölfe eher ein "Transitland". Erstmals wurde laut Nabu ein durchziehender Wolf 2013 bei Jena gesehen. Doch seit 2014 ist eine Wölfin auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf im Landkreis Gotha nachgewiesen.

Die Wölfin von Ohrdruf paarte sich 2017 erstmals - offenbar mit einem Labrador - und brachte sechs Mischlinge zu Welt. Vier der Jungtiere wurden nach Angaben des Nabu auf behördliche Anweisung getötet. Die beiden weiteren Jungtiere gelten als verschollen oder verstorben.

Nach Protesten plante das Thüringer Umweltministerium zunächst, die Wolfsmischlinge zu fangen und in den Bärenpark Worbis überzusiedeln, bevor sie selbst geschlechtsreif werden und sich ein neues Revier suchen. Das aber misslang. Deshalb gab es später eine Abschussgenehmigung für die Jungtiere.

2019 brachte diese Wölfin zum zweiten Mal Jungtiere zur Welt. Fotofallen zeigten im Sommer vier junge Wolfshybride. Vermutlich paarte sie sich mit ihrem eigenen Hybridsohn, mit dem die Wölfin unterwegs war, ehe er im April erschossen wurde. Drei Jungtiere wurden wieder getötet, heißt es vom Nabu.

2019 gesellte sich ein Wolfsrüde zu ihr. Im Sommer 2020 bestätigte das Umweltministerium, dass die beiden Nachwuchs gezeugt haben. Demnach konnten vier Wolfswelpen genetisch nachgewiesen werden, wobei bereits ein Jungtiert tot aufgefunden wurde. Thüringen hat damit in der Region des Standortübungsplatzes sein erstes echtes Wolfsrudel.

Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass das Muttertier verstorben ist. Jedoch hat sich einer der Wolfsfähen mit ihrem Vaterrüden gepaart. Im August 2022 konnten fünf Welpen nachgewiesen werden. In der Region Ohrdruf leben demnach derzeit drei ausgewachsene Wölfe und fünf Welpen. Das Kompetenzzentrum Wolf, Biber, Luchs geht jedoch davon aus, dass der jüngere Wolfsrüde demnächst abwandern wird.

Seit Herbst 2021 hat sich auch ein Rudel bei Ilfeld gebildet. Demnach haben die zwei ansässigen Wölfe Nachwuchs bekommen. Vier Wolfswelpen konnte das Kompetenzzentrum nachweisen.

Damit gibt es insgesamt 17 Wölfe in Thüringen.


Wie sieht der Wolf aus?

Der europäische Wolf, wie er bei uns auch in Thüringen vorkommt, kann ein graubraunes bis dunkelgraues Fell haben. Er wird zwischen 60 und 80 Zentimeter groß und kann bis zu 1,40 Meter lang werden. Meistens haben Wölfe einen dunklen Sattelfelck auf dem Rücken. Im Unterschied zum Haushund haben sie fast immer hängende Schwänze. Außerdem haben sie kleine, dreieckige Ohren, die behaart sind.


Wovon ernähren sich die Wölfe hier?

Laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf ernähren sich die Tiere in Mitteleuropa vor allem von Rehen, Wildschweinen und Rothirschen. Laut dem Nabu ernähren sich der Wolf zu fast 96 Prozent von diesen Tieren. Generell fressen Wölfe die Tiere, die sie leicht erlegen können.

In der freien Wildbahn können das kleinere Tiere wie Rehkitze, Hirschkälber, Hasen und Kaninchen oder generell schwache und kranke Tiere sein. Besonders wenn wildlebende Tiere fehlen, können es aber auch auf Wiesen eingepferchte Schafe und Ziegen sein, da diese nicht fliehen können. Sie machen aber nur einen geringen Anteil an der Beute aus.

Die Herden versprechen jedoch reiche Beute, da ein einzelner Wolf bei einem Angriff etliche Tiere töten kann. Die Wölfe von Ohrdruf haben auch bewiesen, dass die vorhandenen Schutzmaßnahmen für sie kein Hindernis darstellten und über die Jahre hunderte Nutztiere gerissen. Erst umfangreiche Schutzmaßnahmen wie Herdenschutzhunde konnten die Zahl der Angriffe reduzieren.

An große Hirsche oder ausgewachsene Wildschweine trauen sich Wölfe auf der Einzeljagd eher nicht heran. Diese Tiere verfügen mit ihren Geweihen bzw. Schlagzähnen über gefährliche Waffen. Gerissene Hirsche oder große Wildschweine sind daher meist ein Zeichen dafür, dass mehrere Wölfe gemeinsam auf der Jagd waren.


Wie jagen Wölfe?

Da Wölfe normalerweise in Rudeln leben, jagen sie auch im Verband. Sie kreisen ihre Beute ein und erlegen dann beispielsweise aus einem Rudel Rehe die schwächsten Tiere. Dabei sieht es so aus, als gerieten Wölfe in einen "Blutrausch". Sie erlegen so viel Beute, wie sie bekommen können. Fressen können Wölfe etwa vier Kilo Fleisch pro Tag. Die restliche Beute verwerten sie in den Folgetagen als Aas.

Der Begriff "Blutrausch" wird von einigen Experten in diesem Zusammenhang als nicht angebracht kritisiert, da es sich um normales Jagdverhalten beziehungsweise um den gewöhnlichen Jagdtrieb des Wolfes handelt.

Bei Angriffen auf Nutztiere findet dieses natürliche Jagdverhalten unter unnatürlichen Bedingungen statt. Der Zoologe Axel Gomille beschreibt es so: Wölfe müssen in der freien Wildbahn jede Chance zur Jagd ergreifen, da unklar ist, wann sie das nächste Mal die Gelegenheit zur Jagd haben. Eingepferchte Schafe sind beispielsweise eine leichte Beute - sie können nicht wegrennen und ihnen fehlt oft auch der natürliche Fluchtreflex. Das führt dazu, dass es wie ein "Blutbad" aussieht.


Wie können Schäfer ihre Herden schützen?

Elektrozäune helfen nur bedingt. Der Wolf wächst mit seinen Aufgaben und sucht Schwachstellen, um die Zäune zu überwinden. Je mehr Hunger der Wolf hat, desto mehr Aufwand betreibt er, um an Beute zu kommen. Im Jahr 2020 wurde ein Tier des Ohrdrufer Rudels dabei fotografiert, wie es einen höheren Zaun mühelos übersprang.

Als hilfreicher haben sich spezielle Herdenschutzhunde erwiesen: Seit sie rund um den Übungsplatz Ohrdruf Herden bewachen, ist die Zahl der Angriffe deutlich gesunken - von fast 200 im Jahr 2019 auf nur noch ein Drittel im Jahr 2020. Der Herdenschutzhund ist einer der ältesten Formen des Herdenschutzes.

In Norddeutschland kommen außerdem seit einigen Jahren Esel als Herdenschutz zum Einsatz. Es wird erprobt, ob die wehrhaften Tiere Wölfe tatsächlich angreifen und vertreiben können. Gegen einzelne Wölfe sollen sich Esel durchsetzen können. Doch es ist fraglich, ob sie mehreren Tieren standhalten können.


Was ist das Problem bei Wolfsmischlingen?

Wölfe sind streng geschützt. Dass sie sich mit Hunden paaren, ist eher selten. Passiert es doch, befürchten Experten eine Gefahr für die Wolfspopulation, da der Genpool der Wölfe durchmischt wird. Aus Artenschutzgründen sollen sie deshalb aus der Natur verschwinden.

Hunde wurden über Jahrhunderte nach den Bedürfnissen des Menschen gezüchtet und unterscheiden sich deshalb wesentlich vom Wolf. So werden Hunde früher geschlechtsreif und bleiben in ihrem Verhalten eher "jugendlich", sodass sie sich vom Menschen erziehen lassen. Wölfe hingegen haben Merkmale, die ihre Überlebenbensfähigkeit in der freien Natur ermöglichen.

Ob Hybriden für den Menschen gefährlich sind, ist ungewiss. Das Problem bei Hybriden ist, dass sie sowohl Raub- als auch Haustiere sind. Sie haben also wenig Scheu vor dem Menschen und gleichzeitig einen starken Jagd- und Beutetrieb.

Hybride dürfen geschossen werden, damit sie nicht den Genpool der Art Wolf in der freien Natur verwässern. 

Zuletzt wurden drei Wolf-Hund-Mischlinge Anfang März 2023 in der Rhön abgeschossen, nachdem die ansässige Wölfin sich aus Mangel an Partnern der eigenen Art mit einem frei laufenden Haushund gepaart hatte.

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