Medien Aus für Funke-Druckhaus in Erfurt: So geht es mit TA, TLZ und OTZ weiter
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30. November 2021, 21:58 Uhr
Das Funke-Druckhaus in Erfurt-Bindersleben hat in der vergangenen Nacht die letzte Ausgabe der Tageszeitungen Thüringer Allgemeine, Thüringische Landeszeitung und Ostthüringer Zeitung gedruckt. Das Unternehmen zahlt damit den Preis für den Strukturwandel in der Branche. Immer weniger Menschen lesen die gedruckte Zeitung. Künftig kommt die Papier-Ausgabe von außerhalb nach Thüringen. 240 Menschen verlieren ihren Job.
Für den Zeitungs-Standort Thüringen ist es eine Zäsur: Die Druckerei der Funke-Mediengruppe schließt zum Jahresende. Von Montag auf Dienstag wurden Thüringer Allgemeine, Thüringische Landeszeitung und Ostthüringer Zeitung das letzte Mal in Erfurt-Bindersleben gedruckt und von dort aus in Thüringen verteilt.
Ab Mittwoch kommen die Titel aus gleich drei Druckereien außerhalb Thüringens: Chemnitz, Halle und Braunschweig. Für Leserinnen und Leser soll sich nichts spürbar ändern, sagt Funke-Thüringen-Chef Michael Tallai: "Bisher haben wir in der Mitte Thüringens gedruckt und bis in die Ränder geliefert. Jetzt fahren wir über die Ränder von Thüringen bis in die Mitte hinein", erläutert er. "Wir gehen davon aus, dass der Leser hoffentlich gar nicht so viel mitbekommt."
Solange die Zeitung allmorgendlich pünktlich im Kasten landet. Damit hatte es in der Vergangenheit durchaus Probleme gegeben, die allerdings mit dem Druckstandort nichts zu tun hatten. Doch die Zustellung ist in den vergangenen Jahren durch den Mindestlohn deutlich teurer geworden. Und wenn ein Zusteller in manch kleinen Ort immer weniger Zeitungen mitnimmt, rechnet es sich immer weniger.
Sinkende Auflagenzahl
Zugleich ist die Auflagenzahl immer weiter zurückgegangen. Etwa 440.000 Exemplare druckte die Funke-Gruppe noch im Jahr 2001 täglich von Montag bis Samstag. Knapp 300.000 Stück waren es dann im Jahr 2011. Aktuell ist die Marke von 200.000 unterschritten. "Wir haben uns entschieden, woanders zu drucken, weil wir nicht wissen, wie sich die Druckauflagen entwickeln. Und wenn Sie dann viel Geld investieren, und vielleicht in zehn Jahren die Maschinen nicht mehr in dem Umfang benötigen, dann ist die Investition sinnlos gewesen", sagt Tallai.
Zudem seien die Maschinen nach 27 Jahren am Ende ihrer Laufzeit. Viele Probleme habe es wegen der alten Maschinen gegeben: häufige Havarien, Notfall-Pläne und mitunter dürftige Druckqualität wurmten auch die Beschäftigten. Nun werden die Druckmaschinen verschrottet, sagt Tallai. Versand- oder Sortieranlagen würden verwertet, vielleicht konzernintern.
Der Postdienst des Unternehmens sei gefragt. Der werde womöglich auch die Räume in Bindersleben nutzen, die die Druckerei in den kommenden Monat frei macht. Denkbar sei aber auch eine Vermietung an eine andere Firma.
Viele verlieren zum Jahresende ihre Jobs
Die Journalisten-Gewerkschaft DJV moniert, dass die Erneuerungs-Investition auf die lange Bank geschoben worden sei - und nun sei es dem Verlag zu viel.
Auch der Betriebsrat der Drucker ist sicher: "Es wäre möglich gewesen, dass ein erheblicher Teil hier weiter im Herzen Thüringen produziert werden kann." Natürlich hätte diese Investition kleiner ausfallen müssen als es einmal geplant war, das weiß auch Drucker-Betriebsrats-Chef Dustin Hertel. So verlieren er und seine Kollegen zum Jahresende ihre Jobs, bei einigen reicht die Kündigungsfrist noch einige Monate weiter. Er selbst weiß noch nicht, wie es für ihn weitergeht. "Es gibt einige, die schon was Neues haben. Aber viele suchen noch."
Mulmiges Gefühl nach 30 Jahren im Betrieb
Trotzdem sei es für viele ein mulmiges Gefühl, nach teilweise 30 Jahren Betriebszugehörigkeit aufzuhören. "Die haben nie etwas anderes kennengelernt." Die Identifikation mit den Zeitungen sei immer hoch gewesen. Und obwohl das Aus im September 2020 bekanntgegeben wurde, seien die meisten dabei geblieben bis zum Schluss. "Es gab nie Auffälligkeiten wie erhöhten Krankenstand. Der Hackerangriff über Weihnachten 2020: Die Kollegen waren alle hier und haben sich den Hintern aufgerissen. Das Schneechaos hat viele abgehalten, auf Arbeit zu kommen. Aber hier waren alle da", sagt Hertel.
Da sei den Kollegen sauer aufgestoßen, dass man die eine Notausgabe in der vergangenen Woche auf ungeimpfte Drucker geschoben habe. Von zuletzt 270 Druckern, Handwerkern und Versandmitarbeitern seien zuletzt noch etwa 240 übrig gewesen. Der Verlag hatte sich nach harten Verhandlungen, Mahnwachen und einem kurzen Streik mit Gewerkschaft und Betriebsrat auf Treue- und Bleibe-Prämien geeinigt, auch um die Produktion bis zum Schluss abzusichern.
In Zukunft hofft Tallai darauf, dass mehr Menschen Online-Angebote nutzen. Auch die E-Paper seien immer gefragter. Etwa 10 Prozent der Auflage sind inzwischen E-Paper, werden also nicht mehr per Zusteller ausgeliefert, sondern über das Datennetz. Hier sieht der Verlagschef noch Luft nach oben: "Wenn ich auf dem Dorf wohne und die Zeitung auf einem digitalen Weg beziehen möchte, aber kein Internet habe, ist es natürlich schwierig."
Die Corona-Pandemie habe die Nachfrage nach digitalen Produkte steigen lassen. Auch das macht den Strukturwandel hin zu mehr digitaler Nutzung schwierig - das Zustell-Netz muss trotzdem aufrecht erhalten werden. Und trotz weiter steigender Preise für das gedruckte Zeitungs-Abo: Manche Leser werden auf gedruckte Zeitungen aus gut 30 Lokalredaktionen des Verlags in Thüringen nicht verzichten wollen.
Quelle: MDR (jml/mm)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 30. November 2021 | 19:00 Uhr
Fakt am 02.12.2021
@Kleingartenzwerg:
Man kann's eben nicht jedem Leser recht machen. Manchmal kommt es aber auch vor, dass man, wenn Leute über die man geschrieben hat, sich echauffieren, sich sagt: "Alles richtig gemacht".
Kleingartenzwerg am 02.12.2021
Mit meinem Weltbild hat das nichts zu tun, eher mit meiner Meinung über die Arbeitsergebnisse einiger Journalisten und Medienmitarbeiter die sich dann noch echauffieren dass ihre Produkte nicht mehr gekauft werden.
Fakt am 02.12.2021
@Kleingartenzwerg:
>>"Korrekt, wir sprechen von freien Journalisten und nicht von Architekten, Zahnärzten, Anwälten usw."<<
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Korrekt, und Journalisten sind genau wie Ärzte, Zahnärzte, Architekten und Anwälte unter den freien Berufen, sogar unter den Katalogberufen, aufgelistet.
Ergo: Nix mit Freelancern! Aber ich will Ihr Weltbild nicht zerstören, bleiben Sie ruhig bei Ihrer Meinung, ob sie nun stimmt oder nicht.