Flammen lodern in den Trümmern des Passagierflugzeugs MH 17.
298 Menschen kommen beim Abschuss der MH17 am 17. Juli 2014 ums Leben. Bildrechte: imago/ITAR-TASS

Ukraine MH17-Absturz: Ermittlungen auf gutem Weg?

17. Juli 2019, 05:00 Uhr

Fünf Jahre nach dem Abschuss der Malaysia-Airlines-Maschine MH17 über der Ostukraine könnten die Ermittlungen jetzt an Fahrt aufnehmen. Die Ukraine hat angeblich einen wichtigen Zeugen aus dem Separatistengebiet entführt. Moskau bestreitet jedoch nach wie vor alle Vorwürfe.

Es klingt wie eine Episode aus einem Agentenfilm: Mitarbeiter des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU haben Ende Juni 2019 den Separatisten Wladimir Zemach aus seiner Wohnung in der Kleinstadt Snischne auf dem Gebiet der selbst ernannten Volksrepublik Donezk entführt und nach Kiew gebracht. Hier soll ihm wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation der Prozess gemacht werden. In der Ukraine wird die Operation als großer Erfolg gefeiert. Zum einen, weil sie tief auf dem Gebiet der Separatisten stattfand und zum anderen, weil die ukrainischen Sicherheitsbehörden in Zemach einen Schlüsselzeugen im Fall der abgeschossenen MH17-Passagiermaschine sehen. Nach Erkenntnissen des internationalen Ermittlerteams gilt Snischne als der Ort, von dem aus das Passagierflugzeug am 17. Juli 2014 abgeschossen wurde.

Zemach soll zunächst bis Ende August in Untersuchungshaft bleiben. Sollte er verurteilt werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren Haft. Mindestens ab Herbst 2014 soll er eine wichtige Position bei der Flugabwehr der Separatisten in Snischne innegehabt haben. Was er jedoch genau zum Zeitpunkt des MH-17-Abschusses gemacht hat, bleibt offen. Zemach wird unterstellt, den Absturz nicht nur gesehen, sondern auch die verwendete Buk-Rakete versteckt zu haben. Als Beleg dafür soll ein Videointerview aus dem Jahr 2015 dienen, in dem er sich damit brüstet, Details über den Abschuss zu kennen.

Luftabwehrrakete vom Typ Buk

298 Menschen kamen beim Abschuss der über die umkämpftes Ostukraine fliegenden Malaysia-Airlines-Maschine MH17 ums Leben. Der Flug von Amsterdam hatte Kuala Lumpur zum Ziel, 193 Passagiere waren Niederländer. Daher sind es die Niederlande, die auch ein größeres internationales Ermittlerteam anführen. Noch 2018 kam dieses zu dem Schluss, dass das Flugzeug mit einer Luftabwehrrakete vom Typ Buk abgeschossen wurde. Die Rakete soll zu den prorussischen Separatisten im Donbass transportiert worden sein, die früher bei der russischen Armee in Kursk stationiert war. Diese Darstellung wurde damals von Moskau abgelehnt. Der Kreml macht wie auch zuvor die Ukraine für die MH17-Katastrophe verantwortlich.

Vier Verdächtige

Fünf Jahre nach dem Absturz haben die Ermittler jüngst wieder einen Schritt nach vorne gemacht. Während einer Pressekonferenz am 19. Juni 2019 wurde ein internationaler Haftbefehl gegen vier Hauptverdächtige verkündet. Sie gehören allesamt zum Lager der prorussischen Separatisten, welche seit Frühjahr 2014 im ostukrainischen Donbass gegen die ukrainische Armee kämpfen. Dieser Krieg hat nach UN-Angaben bereits mehr als 13.000 Menschenleben gekostet. Konkret angeklagt werden dabei drei russische Staatsbürger: der ehemalige Separatistenkommandeur Igor Girkin, sein Mitstreiter und Stellvertreter Sergej Dubinskij sowie der ranghohe Mitarbeiter des Geheimdienstes der selbst ernannten Volksrepublik Donezk Oleg Pulatow. Der weitere Angeklagte Leonid Chartschenko hat einen ukrainischen Pass. Er führte ehemals ein Separatistenbataillon an.

Den vier Verdächtigen wird vorgeworfen, am Transport der Buk-Rakete aus Russland beteiligt gewesen zu sein. Gleichzeitig sprechen die Ermittler direkt von der Mitverantwortung der russischen Seite. Als Beleg führen sie unter anderem abgehörte Telefonate von Wladislaw Surkow an. Er ist ein Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Surkow habe in einem Gespräch die Verstärkung der militärischen Unterstützung der Separatisten zugesichert. Die fortschreitenden Ermittlungen machen Anklagen gegen weitere Personen wahrscheinlich. Die Hauptverhandlung soll am 9. März 2020 vor einem Gericht in Den Haag beginnen. Russland hatte zuvor im Sommer 2015 ein UNO-Tribunal durch sein Vetorecht im UN-Sicherheitsrat verhindert.

Russland kritisiert die Ermittlungen

Der Prozess wird mit größter Wahrscheinlichkeit in Abwesenheit der Angeklagten stattfinden. Moskau weigert sich, seine beschuldigten Staatsbürger auszuliefern. Kremlsprecher Dmitrij Peskow erklärt: "Die Position des Präsidenten ist klar: Eine Ermittlung ohne Teilnahme der russischen Seite kann nicht ernst genommen werden." Die Ermittler hingegen beklagen die mangelnde Kooperationsbereitschaft der russischen Seite. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Ergebnisse des gemeinsamen Ermittlungsteams seinerseits ausdrücklich begrüßt.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Juli 2019 | 14:30 Uhr

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