Billigurlaub auf dem BalkanWird Albanien das neue Kroatien?
Ein Strandurlaub in Albanien? Wer ans Mittelmeer will, denkt womöglich nicht als erstes an das Land zwischen Montenegro und Griechenland. Doch die Albanische Riviera wird auch bei Gästen aus dem Ausland immer beliebter. Wem Traumstrände nicht genug sind, dem hat Albanien aber auch jede Menge Kultur zu bieten. Und auch abseits der Küste geizt das Balkanland nicht mit landschaftlicher Schönheit. Ein Schatz, der aber auch in Gefahr ist.
Fährt man den Llogara-Pass von 1.000 Meter Höhe hinab, dann hat man es geschafft. Nach mehr als drei Stunden Autofahrt von der Hauptstadt Tirana breitet sich das türkisblaue Wasser an der Albanischen Riviera vor einem aus. Die Strände am Ionischen Meer mit ihren hellen Kieseln und Felsen gelten als die schönsten des Balkanlandes.
An den Hängen oberhalb des Meeres liegen alte Dörfer wie Dhërmi, Himara und Qeparo. Längst haben sie sich mit ihren neuen Ortsteilen bis ans Meer ausgedehnt, denn seit der Jahrtausendwende ziehen die Strände immer mehr Badegäste an. Aber auch wer wandern will, kommt an der Albanischen Riviera auf seine Kosten, wobei Frühjahr und Herbst die besten Jahreszeiten dafür sind. Zwischen den Küstenorten geht es vorbei an Olivenhainen und Zitrusplantagen oder man schlägt den Weg zu den Gipfeln des kargen Küstengebirges ein, von denen einige bis zu 2.000 Meter hoch sind.
Tourismus-Boom an der albanischen Küste
Bis vor wenigen Jahren kamen aus dem Ausland hauptsächlich Individualreisende nach Albanien. Die Abschottung Albaniens unter der kommunistischen Diktatur Enver Hoxhas und die krisenhaften Zeiten, die in den 1990er-Jahren folgten, verhinderten, dass das Land mit seiner landschaftlichen Vielfalt schon früher zu einem Touristenmagnet wurde. Wie sich das veränderte, hat Marsel Kalemi miterlebt, denn er betreibt seit 15 Jahren eine Reiseagentur. Für dieses Jahr spricht Kalemi von einem weltweiten Tourismus-Boom: "Und ich erwarte das gleiche für Albanien. Die Zahlen sind vielverspechend, die Hotels nahezu ausgebucht. Es wird ein sehr arbeitsreicher Sommer."
Die Hotels sind nahezu ausgebucht. Es wird ein sehr arbeitsreicher Sommer.
Marsel Kalemi | Betreiber einer Reiseagentur
Dass neuerdings auch Billigairlines Tirana ansteuern, mag dazu beigetragen, dass Albanien gerade bei Strandurlaubern beliebter wird, meint Kalemi. In Deutschland meldete vor Kurzem das statistische Bundesamt, dass Albanien in ganz Europa die günstigsten Preise für einen Besuch im Restaurant oder eine Übernachtung im Hotel anbietet. Bei deutschen Urlaubern ist das offenbar angekommen, denn Online-Reiseportale verzeichnen enorme Anstiege bei Suchanfragen für Albanien.
Wer nicht über den Flughafen Tirana anreisen und dann mehrere Stunden in den Süden fahren will, kann auch einen Flug auf die griechische Insel Korfu buchen, um an die Albanische Riviera zu gelangen. Von dort aus fahren mehrmals am Tag Fähren nach Albanien. Nach etwa einer halben Stunde erreicht man die Hafenstadt Saranda, einen lebhaften Badeort, in dem wie an vielen Orten der Riviera in letzter Zeit viel und schnell gebaut wurde.
Albanien punktet mit UNESCO-Welterbe
Fährt man von Saranda etwa 20 Kilometer nach Süden, kommt man kurz vor der griechischen Grenze zu einer der vier UNESCO-Welterbestätten Albaniens: der antiken Ruinenstadt Butrint, deren Amphitheater, Kirchen und Mauern idyllisch auf einer Halbinsel in einem See stehen. Etwa 60 Kilometer von Saranda entfernt, liegt im Landesinneren die Stadt Gjirokastra, deren historisches Zentrum ebenfalls vom UNESCO-Komitee ausgezeichnet wurde.
In der "Stadt aus Stein" haben die Osmanen ihre Spuren hinterlassen, die ab dem späten Mittelalter etwa 500 Jahre lang von Istanbul aus weite Teile des Balkans beherrschten. Über der Altstadt von Gjirokastra ragt auf einem Felsen eine Burg auf, unten kann man durchs Basarviertel schlendern und die typischen Stadthäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert bestaunen. In einem davon ist Albaniens kommunistischer Diktator Enver Hoxha zur Welt gekommen. Heute befindet sich dort das Ethnografische Museum der Stadt.
Gjirokastra haben die Kulturtouristen schon längst entdeckt, weiß Reiseunternehmer Marsel Kalemi. "Seit dem Jahr 2000 mache ich Touren für das Hotel Kalemi, das meinem Onkel gehört. Heute organisieren wir Reisen und Aktivitäten in ganz Albanien", sagt er. Zwar entwickelt sich Tirana, wo viele Besucher ankommen, rasant, und dort pulsiert auch das Leben. Doch es sind die UNESCO-Städte wie Gjirokastra und Berat, in die Besucher wegen der ungleich sehenswerteren Altstädte pilgern.
Bergwandern in den Albanischen Alpen
Wen es ins Hochgebirge zieht, der muss sich in den Norden Albaniens aufmachen. Von der Stadt Shkodra in der Ebene des Skutari-Sees geht es nach Theth in den Albanischen Alpen. Seit vor kurzem eine neue Straße dorthin fertig gebaut wurde, braucht man kein Allrad-Fahrzeug mehr, um das Bergörtchen zu erreichen. Umgeben von mehreren Zweitausendern, hat sich Theth zu dem Ausgangspunkt für Wanderungen im Hochgebirge schlechthin entwickelt.
Auch der Weitwanderweg "Peaks of the Balkans" führt hier vorbei und nimmt Bergwanderer mit auf eine fast 200 Kilometer lange Tour über die Gipfelgrate im Dreiländereck Albanien-Montenegro-Kosovo. In Albanien kann man ein Stück abseits des Rundwegs die Buchenwälder im Tal des Flusses Gash erkunden, die als UNESCO-Weltnaturerbe unter besonderem Schutz stehen.
Flugzeuge oder Flamingos?
Zurück im Süden Albaniens liegt ein Fluss, den Kanu- und Rafting-Begeisterte schon lange zu schätzen wissen: die Vjosa. In den letzten zehn Jahren haben sich Naturschützer dafür eingesetzt, dass dieser letzte große Wildfluss Europas weiterhin frei fließen kann. Im Frühjahr 2023 dann der Erfolg: Die Vjosa wurde zum Nationalpark erklärt. Staudämme, die aus der Wasserkraft des Flusses Strom erzeugen sollten, wird es an der Vjosa nun nicht geben.
Damit Urlauber die Riviera im albansichen Süden schneller erreichen können, soll im Vjosa-Delta nun ein internationaler Flughafen gebaut werden. Zwar hoffen viele in der Region auf die dringend benötigten Arbeitsplätze, die mit den Touristen kommen sollen. Allerdings gefährde der geplante Flugbetrieb auch den Lebensraum von Zugvögeln in der Narta-Lagune, warnen Umweltschützer.
Kurzfristig würde sich der Flughafen positiv auswirken, aber langfristig wird er die Umwelt zerstören.
Ornold Bazaj | Inhaber einer Öko-Tourismus-Agentur
Aber auch aus der Reisebranche kommen kritische Stimmen. So fürchtet auch Ornold Bazaj, der eine Öko-Tourismus-Agentur betreibt, dass der geplante Flughafen die noch weitgehend unberührte Küstenlinie an dieser Stelle zerstören würde. Die intakte Natur sei es aber gerade, die Urlauber anziehe: "Kurzfristig würde sich der Flughafen positiv auswirken", ist sich Bazaj sicher. "Aber langfristig wird er die Umwelt zerstören und damit auch den Tourismus." So hofft auch er, dass der Bau des Flughafens im geschützten Gebiet nahe der Vjosa-Mündung noch gestoppt werden kann.
Kriminalität: Wie sicher ist Albanien als Reiseland?
Albanien ist ebenso sicher wie andere Reiseländer auch. Das Auswärtige Amt vermerkt in seinen Reisehinweisen für Albanien keinerlei Besonderheiten in puncto Kriminalität. Es wird – wie in anderen Urlaubsländern auch – empfohlen, besonders in Touristengebieten und an Stränden auf Geld, Ausweise und weitere Papiere zu achten. Nichts davon sollte man unnötig mit sich herumtragen, im Auto oder unbeaufsichtigt am Strand liegen lassen. Empfehlungen, die so auch für Kroatien, Italien oder Griechenland gelten.
Was muss man beim Autofahren in Albanien beachten?
Die wichtigsten Magistralen im Land sind meist gut ausgebaut, abseits davon sind die Straßen aber oft in einem schlechten Zustand. Auf kleinen Straßen kommt man teilweise nur mit Geländewagen voran. Unter diesen Umständen kann es mitunter lange dauern, auch kurze Entfernungen zurückzulegen. Von Fahrten in der Dunkelheit wird abgeraten. Mautgebühren gibt es bis auf den Kalimash-Tunnel im Nordosten Albaniens nicht.
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Dieses Thema im Programm:MDR FERNSEHEN | 31. Mai 2023 | 20:15 Uhr