Müll treibt in einem Fluss vor Bergpanorama.
Viele Flüsse in Bosnien-Herzegowina sind seit Jahrzehnten durch wild entsorgten Müll verdreckt. Etwa die Drina, die eigentlich als Naturparadies des Landes gilt. Bildrechte: picture alliance/AP Photo | Eldar Emric

Westbalkan Bosnien-Herzegowina: Schwimmende Müllberge verpesten Flüsse

28. Januar 2021, 05:00 Uhr

Zehntausende Kubikmeter Müll treiben auf dem bosnischen Fluss Drina. Die Abfälle bedrohen die Umwelt und Energieversorgung des Landes. Auch die Nachbarländer Serbien und Montenegro sind betroffen.

Es ist jeden Herbst und Winter das gleiche Bild: Auf dem Fluss Drina in Bosnien-Herzegowina treiben riesige Müllinseln. Es sind zehntausende Kubikmeter Abfall: von buntem Plastik über Haushaltsmüll und Tierkadavern bis zu Reifen und Haushaltsgeräten. 

Gefahr für Umwelt und Energieversorgung

Der Müll ist nicht nur eine Gefahr für die Umwelt, sondern kann auch die Energieinfrastruktur des Landes lahmlegen. Denn die Drina, die über die Save in der Donau mündet, ist einer der wasserreichsten Flüsse des Landes und wichtig für die Energiegewinnung von Bosnien-Herzegowina. In seinem Mittellauf befinden sich mehrere Stauseen und Wasserkraftwerke.

So wurde etwa das Wasserkraftwerk "Hidroelektrane na Drini" nahe der Stadt Višegrad Anfang Januar 2021 von den Müllmassen fast lahmgelegt. Die Geschäftsführung musste alle Mitarbeiter und auch Freiwillige aus dem Ort mobilisieren, um den Fluss vor dem Kraftwerk soweit vom Müll zu befreien, dass die Stromproduktion weitergehen konnte.

Entsorgter Müll landet wieder im Fluss

Der Umweltaktivist Dejan Furtula von der lokalen Umweltorganisation "Eco Centar" kennt das Problem seit Jahrzehnten. Er klagt, die Regierung würde durch ihre Untätigkeit das Leben der Menschen in der Region gefährden: "Die Fischer finden sogar Plastikflaschen im Inneren von Fischen. Wir sind alle in Gefahr, das ganze Ökosystem."

Hinzu komme, dass auch der Müll, der regelmäßig aus dem Fluss gefischt wird, nicht ordentlich entsorgt werde. Stattdessen lande er auf einer Deponie nur 500 Meter vom Flussufer entfernt und werde dort verbrannt. "Der giftige Plastikqualm von dort landet über den Regen dann im Grundwasser und das fließt schlussendlich in die Drina zurück", sagt Umweltaktivist Furtula.

Vogel steht in einem Fluss, in dem Müll treibt.
Auch im Nachbarland Serbien sind viele Flüsse verdreckt. Etwa die Sava, die auch durch die Hauptstadt Belgrad fließt. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Darko Vojinovic

Probleme auch in Serbien und Montenegro

Das Müllproblem betrifft nicht nur Flüsse in Bosnien-Herzegowina. Auch die beiden Nachbarländer Serbien und Montenegro haben damit zu kämpfen. Die Zuflüsse der Drina haben dort ihren Ursprung und sind bereits verschmutzt bevor sie Bosnien-Herzegowina erreichen.

Auch der serbische Umweltaktivist Siniša Laković kämpft gegen die Müllschwemme - in der Stadt Priboj, 50 Kilometer südöstlich von Višegrad. Hier ist der Fluss Lim betroffen, der in die Drina mündet. Laković schätzt, dass auf dem Höhepunkt der Müllschwemme rund 20.000 Kubikmeter Müll im Fluss trieben: "Das Problem gibt es seit Jahrzehnten und wird vor allem von den unkontrollierten Mülldeponien verursacht."

Fehlende Abfallentsorgung als Ursache

In vielen Gemeinden gibt es keine öffentliche Abfallentsorgung. Die Menschen entsorgen ihren Müll daher auf wilden Deponien. Diese befinden sich oft entlang der Flüsse. Besonders in Monaten mit starken Regenfällen und Schneeschmelze wird der Müll in die Gewässer geschwemmt und beginnt seine Reise stromabwärts, wo er langsam zu riesigen Müllinseln anwächst.

Die serbische Umweltministerin Irena Vujović forderte deshalb Anfang des Jahres die Behörden von Montenegro auf, gegen die wilden Deponien vorzugehen und an einer Langzeitlösung zu arbeiten. Bereits mehrfach hatten sich zuvor Vertreter der drei Balkanländer Bosnien, Serbien und Montenegro zusammengesetzt und über eine Lösung des Problems beraten. Bislang ohne konkrete Ergebnisse.

(ahe,dk)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 30. Januar 2021 | 07:15 Uhr

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