Urlaub in SüdosteuropaKroatien: Sitzen deutsche Touristen vor leeren Tellern?
Deutsche fahren gerne nach Kroatien in den Urlaub. Die Corona-Inzidenzen sind gesunken, Strände, Restaurants und Cafés wieder geöffnet. Aber müssen Touristinnen und Touristen in diesem Jahr länger auf einen Platz im Restaurant warten? Lokale gibt es genügend, doch die Gastronomie klagt über Personalmangel, da viele Kellnerinnen und Kellner in andere Berufe oder ins Ausland abgewandert sind. Das Problem ist nicht neu, hat sich aber durch die Corona-Pandemie verschärft.
Die gute Nachricht vorweg: Das Robert Koch-Institut hat die Reisewarnungen für Kroatien weitestgehend aufgehoben. Nur die Gespanschaften Medimurje und Zadar gelten aktuell als "einfache" Risikogebiete.
Allerdings sorgte eine überraschende Änderung der Einreisebestimmungen zwischenzeitlich für einiges Chaos und stundenlange Wartezeiten an den Grenzen: Seit dem 1. Juli verlangen die kroatischen Behörden von Reisenden das neue, EU-weit gültige Corona-Zertifikat - und das unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen. Bescheinigungen aus den einzelnen Länder, denen zufolge die einreisende Person geimpft, genesen oder getestet ist, werden aber ebenfalls akzeptiert.
Vor der Covid-19-Pandemie kamen 2,8 Millionen deutsche Touristinnen und Touristen ins Land. Das kroatische Gastgewerbe hofft auf eine gute Sommersaison 2021. Doch auch wenn Strände, Restaurants und Cafés wieder geöffnet haben, steht den Hoteliers und Gastronominnen der Schweiß auf der Stirn: Neben den Abstandsgeboten könnte der Mangel an Personal in diesem Jahr ihren Umsatz gefährden.
Jasmina leitet ein Restaurant in Split und sucht momentan fünf Leute, die an den Tischen bedienen. Deren zukünftiger Arbeitsplatz liegt auf einer Anhöhe, von der aus man über die Altstadt und den Hafen blickt, im Hintergrund baut sich das Dinarische Gebirge auf. Überhaupt Kellner zu finden sei das kleinere Problem, so Jasmina. Schwieriger sei es hingegen, ausgebildete Leute für den Job zu gewinnen, die genügend Erfahrung hätten und denen der Umgang mit den Gästen gut gelinge.
Der Arbeitsmarkt für Kellnerinnen und Köche aber ist so leer gefegt wie selten zuvor. Von etwa 40.000 Kellnern seien während der Covid-19-Pandemie rund 11.000 in andere Berufe oder ins Ausland abgewandert, sagt Vedran Jakominić, ein Vertreter der Gastrobranche, dem Wirtschaftsblatt Poslovni Dnevnik.
Pandemie verstärkt ohnehin vorhandene Tendenzen
Den Arbeitskräftemangel gibt es aber nicht erst seit der Pandemie. Er habe sich schon vorher angekündigt, gibt Jakominić in einem anderen Interview gegenüber dem Sender N1 zu bedenken. Ein Grund sei, dass Arbeitskräfte ins EU-Ausland abwandern. Es seien größere Anstrengungen nötig, um junge Menschen für eine Ausbildung in Hotels und Gaststätten zu interessieren, um Angebot und Nachfrage nach Arbeitskräften auszutarieren, sagt Jakominić.
Aber auch der Fiskus trage zum Engpass bei, die Folge seien unattraktive Löhne. "Das Problem ist in etwa entstanden, als die Mehrwertsteuer so sehr angestiegen ist, dass wir die Beschäftigten nicht mehr so bezahlen konnten, wie ihre Arbeit es wert wäre. Die Gastronomie ist eine Branche mit sehr stressigen Jobs und die Leute verdienen es, für ihre Arbeit einen angemessenen Lohn zu erhalten", erklärt der Branchenvertreter.
Gastronomen fordern bessere Geschäftsbedingungen
Während der Corona-Pandemie senkte der kroatische Staat die Mehrwertsteuer für Restaurants zumindest von 25 auf 13 Prozent. Für die Betreiberinnen und Betreiber von Gaststätten könnte die Steuer allerdings noch mehr abgesenkt werden. Zum Vergleich: In Deutschland müssen in der Gastronomie aktuell nur sieben Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen berechnet werden.
Auch das Instrument "dauerhafte Saisonkraft" könnte der Gesetzgeber nachbessern, meint Gordan Škorić von der Online-Jobbörse Danasradim gegenüber der Zeitung Poslovni Dnevnik. "Dauerhafte Saisonkraft" – der Begriff bedeutet einen besonderen Typ von Arbeitsvertrag, der Angestellten über das ganze Jahr hinweg soziale Sicherheit bietet und sich offenbar bewährt hat. Kellnerinnen und Köche erhalten als "dauerhafte Saisonkräfte" ihr Gehalt für sechs Monate geleistete Arbeit über das ganze Jahr hinweg ausgezahlt. Ihren Status als Angestellte können sie dabei für zwölf Monate behalten, anstatt sich im Herbst arbeitslos melden zu müssen.
Kroatische Arbeitskräfte gehen in die EU, andere kommen nach Kroatien
Seit dem EU-Beitritt Kroatiens 2013 ist es für kroatische Bürgerinnen und Bürger deutlich einfacher geworden, im westlichen Ausland für höhere Löhne zu arbeiten. Hier zeigt sich ein typisches Muster, das nicht nur die Gastronomie betrifft: Auf der einen Seite wandern kroatische Köchinnen und Kellner nach Österreich, Deutschland und Frankreich ab. Dafür kommen dann Menschen aus Bosnien und Herzegowina und aus Serbien etwa an die dalmatinische Küste und halten dort die Gastronomie am Laufen. So verdienen zwar alle mehr als in ihren Heimatländern, sind aber weit weg von zu Hause.
Zu allem Übel konnten die kroatischen Gastwirtinnen und -wirte in diesem Sommer erst sehr spät im Jahr damit anfangen, Personal aus dem Ausland anzuwerben. Lange war nicht genau absehbar, wann die Pandemie-Bestimmungen gelockert werden würden. Und weil Bosnien und Herzegowina und Serbien nicht in der EU sind, muss auch noch Zeit für Visa und andere Genehmigungen eingeplant werden. Branchenvertreter Jakominić kritisiert deshalb, dass Kroatien schon längst Anwerbeabkommen für bestimmte Berufe mit den Nachbarländern hätte schließen sollen, um diesen kostspieligen Leerlauf zu verhindern. Für die bosnischen und serbischen Saisonkräfte ist es außerdem im Juni bereits sehr spät im Jahr, um ihre Jobs für den Sommer unter Dach und Fach zu bringen.
Zurück nach Split an die Küste Dalmatiens. Im Restaurant mit der guten Aussicht macht sich Managerin Jasmina hingegen keine allzu großen Sorgen, dass sie nicht genügend Kellner finden wird. Die meisten ihrer Mitarbeiter seien aus Split und der Region. Es gehöre eben zur Branche, dass um diese Jahreszeit alle Restaurants gleichzeitig nach Personal suchten.
Das müssen Sie für Ihren Kroatien-Urlaub wissenSeit dem 01. Juli 2021 verlangen die kroatischen Behörden von allen Reisenden
das neue, EU-weit gültige Corona-Zertifikat, den so genannten "grünen Pass" - und zwar unabhängig davon, woher sie kommen.
Es werden aber auch Bescheinigungen aus den einzelnen Ländern akteptiert, so lange sie belegen, dass der oder die Betroffene geimpft, genesen oder getestet ist.
Hinweis: In einer vorherigen Version war der alte Stand vom 17.06.2021 angegeben. Die tagesaktuellen Einreisebestimmungen entnehmen Sie bitte der Internetseite des kroatischen Innenministeriums:
https://mup.gov.hr/uzg-covid/deutsch/286213
Quelle: MDR
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