Corona-Einschränkungen Polen: Zweites Osterfest im Zeichen von Corona

04. April 2021, 05:00 Uhr

87 Prozent der Polen sind Katholiken. Ostern gilt in Polen als das wichtigste christliche Fest des Jahres. Doch in der Corona-Krise ist auch diesmal wieder alles ganz anders.

Normalerweise sind an Karsamstag die polnischen Straßen in den Städten voll mit Familien, die kleine mit Buchsbaum geschmückte Körbe zur Kirche tragen. Darin: ein Stück Butter in Form eines Lamms, Brot, Salz, Wurst, ein Ei. Denn eine der wohl wichtigsten polnischen Ostertraditionen ist es, die Speisen in der Kirche mit Weihwasser segnen zu lassen, um sie im Familienkreis am Ostersonntag zu essen.

Doch ein "normalerweise" wird es auch in diesem Jahr in Polen nicht geben. Denn das Land steckt tief in einer neuen Corona-Krise. Die polnische Regierung hat deshalb den Lockdown kürzlich bis weit über Ostern hinaus verlängert. Am 9. April soll über weitere Maßnahmen entschieden werden. Friseure etwa und Kindergärten mussten ihre Arbeit deshalb vor einigen Tagen bereits wieder einstellen, Hotels dürfen nur noch Dienstreisende berherbergen. Einkaufszentren, Sportstätten, Schulen, Museen und Kinos sind bereits seit Tagen geschlossen.

Kirchen nicht von strengen Regeln betroffen

Die Kirchen sind von den strengen Corona-Regeln seltsamerweise nicht betroffen. Sie sollen auch an den Ostertagen für jedermann zugänglich sein. Im ganzen Land soll es zudem Ostergottesdienste geben, wobei auf jede Person aber 15 Quadratmeter Platz entfallen müssen. Noch vor einem Jahr waren zu den Osterfeierlichkeiten maximal fünf Personen in einer Kirche zugelassen und das bei deutlich geringeren Fallzahlen als heute. Insofern sorgt diese Entscheidung der konservativen polnischen Regierung durchaus für Verwunderung.

Mehrheit der Polen für Schließung der Kirchen

Dass die katholische Kirche eine Sonderrolle spielen darf, wird selbst im katholischen Polen überwiegend kritisch betrachtet. Eine knappe Mehrheit der Polen ist laut einer Umfrage nämlich dafür, die Kirchen ganz zu schließen, auch über Ostern. Doch immerhin 45 Prozent, vor allem Bewohner ländlicher Gegenden, plädieren dafür, sie offen zu halten. Vor allem über Ostern.

Ostern ist großes Familienfest

Ostern wird in Polen traditionell in "großer Runde" gefeiert: Tanten, Onkel, Cousins, Cousinen, Oma, Opa – alle kommen zusammen. Dafür reist die Familie aus ganz Polen und Europa an. Megastaus auf den deutschen Autobahnen Richtung Polen gibt es vor dem Osterwochenende jedes Jahr, auch ohne Krise.

Für viele Polen gehört der Kirchgang an Ostern seit ihrer Kindheit zur freudigen Pflicht. In diesem Jahr könnten einige von ihnen Ostern trotz Corona wieder in der Kirche feiern. Vor allem in ländlichen Regionen werden wohl etliche Polen diese Möglichkeit nutzen. Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln sollen auf jeden Fall eingehalten werden, betonen Vertreter der katholischen Kirche. Inwieweit dies in der Realität umzusetzen sein wird, steht freilich dahin. Fest steht wohl: Es wird für viele Polen erneut ein eher betrübliches, für manche von ihnen gar ein sehr einsames Fest sein.

Alter Brauch fällt erneut aus

So manche polnische Frau wird sich über das eingeschränkte Osterfest auch dieses Jahr wieder freuen. Denn zum polnischen Ostern gehört auch eine etwas obskure Tradition. Zum "Śmigus-Dyngus" am Ostermontag übergießen junge Männer wildfremde Frauen auf der Straße mit Wasser; in den Familien begießen Kinder die Erwachsenen. Auch das fällt in diesem Jahr natürlich wieder aus.

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Dieses Thema im Programm: MDR Sachsenspiegel | 21. März 2021 | 19:00 Uhr

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