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PatriotismusRussland: Wiederbelebung der Pioniere?

02. Dezember 2016, 05:00 Uhr

In Russland gibt es seit Mai 2016 die "Russische Schülerbewegung" (RSB). Von Präsident Putin per Erlass ins Leben gerufen, soll sie zur Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen auf Grundlage russischer Werte beitragen.

Am 19. Mai 2016 wurde in Russland die "Russische Schülerbewegung" (RSB) gegründet. An dem Tag, an dem die Sowjetunion jahrzehntelang den Tag der "Lenin-Pioniere" gefeiert hatte. Nicht nur deswegen war in russischen Medien schnell von einer Wiederbelebung der "Pioniere" die Rede. Die kommunistische Organisation war damals fester Bestandteil des sowjetischen Bildungssystems, Basis der ideologischen Erziehung und die erste von mehreren, nur formal freiwilligen Organisationen. 1990 wurde sie aufgelöst.

Per Erlass ins Leben gerufen

Partystimmung: Einschwören auf die neue Schülerorganisation Bildrechte: MDR

Die neue Schülerbewegung hat Präsident Wladimir Putin im Herbst 2015 per Erlass ins Leben gerufen. Finanziert wird die Organisation von der Regierung. Das Budget der RSB beträgt umgerechnet rund 1,6 Millionen Euro. Ziel der Schülerorganisation ist laut Erlass, "zur Persönlichkeitsbildung auf der Grundlage der die russische Gesellschaft prägenden Werte beizutragen". Noch befindet sich das Projekt im Aufbau. Bisher machen landesweit 250 Schulen mit. Zu Schulbeginn haben die Lehrer in den teilnehmenden Schulen die ersten Mitglieder angeworben.

Die neue Schülerbewegung strebt landesweit eine organisierte Jugend an. "Das bietet viele Möglichkeiten - nicht nur für die Kinder, sondern auch für die Erwachsenen. Wir können so in gewisser Weise auf den Prozess der Erziehung und der Bildung unserer Kinder Einfluss  nehmen", sagt Lyubov Gerasimchuk, Leiterin des Projekts im Bildungsministerium der russischen Region Perm.

Kosaken und Kalaschnikow

Auch militärisch-patriotische Erziehung steht auf dem Programm. Bildrechte: MDR

Bei der Gründung der Schülerbewegung war auch der stellvertretende Verteidigungsminister Russlands anwesend. Neben kultureller Bildung und russischer Geschichte steht militärisch-patriotische Erziehung auf dem Programm. Die Schüler erhalten die Möglichkeit frühzeitig zur sogenannten "Jugend-Armee" beizutreten. Dabei soll das Interesse für den Wehrdienst geweckt werden. Bei der ersten Versammlung der Schüler der neuen Bewegung in Perm zeigten Kosaken dafür alte russische Bräuche, und führten ihre traditionellen Waffen vor. Das Gefühl der Einheit scheint die Jugendlichen zu reizen. Sind es nun die neuen Pioniere?

Suche nach Identität

Artem, ein 17-jähriges Mitglied der Schülerbewegung Perm hat eine klare Meinung: "Ich kann mit Sicherheit sagen, dass wir keine Pioniere sind. Es gibt zwar Parallelen, aber die Pioniere hatten damals eine Losung. Ich habe darüber gelesen. Erwachsene haben die Pioniere  gelenkt. Die neue Schülerbewegung ist ganz anders. Wir Kinder bestimmen unsere Zukunft. Wir suchen uns die geistige oder politische Einstellung selbst aus.

Anton Prokofjew, der Vorsitzende der Schülerbewegung Perm, ist da anderer Meinung: "Ich sehe das nüchtern. Wenn es eine Organisation gibt, die sich landesweit mit der Jugend beschäftigt, so wie es zuletzt war, dann ist das eine Pionierbewegung. Es gibt ziemlich viele Ähnlichkeiten. Das Format sieht Parallelen vor. Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied. Es gibt keine Ideologie, beziehungsweise sie ist eine andere. Sie zielt eher auf Patriotismus und Freiheit ab."

Die Meinung vieler russischer Eltern zum Thema ist gespalten: Die einen begrüßen die Kampagne als Perspektive für ihre Kinder, die anderen fürchten eine einseitige ideologische Indoktrination.

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