Moskau Russlands Post liefert Pakete per Roboter aus

01. November 2021, 18:08 Uhr

Russlands staatliche Post gilt auch 30 Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion als einer der letzten Horte sozialistischer Service-Mentalität. Schlecht gelauntes Personal, Schlangen und Lieferzeiten, die eher an Brieftauben, als an ein modernes Unternehmen denken lassen. Umso mehr sorgte die Nachricht für Furore, dass der staatliche Konzern nun auf modernste, unbemannte Roboter für die Auslieferung seiner Pakete setzen will.

Fotomontage Mann vor Fahne
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Bisherige technische Experimente des Unternehmens sorgten eher für Spott bei den Russen. Vielen ist noch der erste, ziemlich kurze Testflug einer russischen Postdrohne in Erinnerung. Unmittelbar nach dem Start endete der Jungfernflug in der sibirischen Stadt Ulan-Ude mit einem Crash in die nächstgelegene Hauswand.

Privater Partner mit Expertise

Solche Bilder soll es diesmal nicht geben, denn für seine Tests hat der Staatskonzern einen privaten und technisch versierten Partner an Bord geholt. Die Roboter, die an große Seifenkisten mit sechs Rädern erinnern, wurden eigentlich vom russischen Suchmaschinengiganten Yandex entwickelt. Ein IT-Unternehmen, das dem Konkurrenten Google in Russland erfolgreich Paroli bietet und eigene unbemannte Fahrzeuge für die Straße entwickelt. In den vergangenen Jahren hat Yandex seinen Roboter bereits für den hauseigenen Lieferservice Yandex.Eda in der Moskauer Innenstadt erfolgreich getestet.

Laut russischer Post sollen in den kommenden Tagen zunächst 36 solcher Seifenkisten-Roboter durch die Moskauer Innenstadt rollen und Pakete von den Filialen bis zu den Hauseingängen der Kunden ausfahren. In der ersten Phase werden vier Postfilialen in Moskaus mondänem Innenstadtviertel Chamowniki mit den Yandex-Robotern bestückt. Später werden 23 weitere Filialen in anderen Stadtteilen hinzukommen.

Bei der russischen Post gibt man sich reformfreudig. "Das rapide Wachstum beim E-Commerce wird auch die Lieferprozesse transformieren und die Logistik wird zu dem Bereich, wo am meisten automatisiert werden kann", sagt Stanislaw Tschernin, Leiter der Abteilung Innovationen bei der russischen Post.

Technik aus fahrerlosen Autos

Auch bei Yandex ist man sich sicher, dass das neue Projekt nicht das Schicksal der Postdrohnen erleiden wird. "Unsere fahrerlosen Roboter werden in Russland und anderen Ländern bereits erfolgreich angewendet", sagt Artjom Fokin, der die Abteilung für fahrerlose Technologien bei Yandex leitet. "Die Automatisierung des Paketservice der russischen Post, einem der weltweit größten Postanbieter, ist ein logischer Schritt für uns."

Für die Nutzer soll die Roboter-Lieferung über eine App verfügbar sein. Wer im Umkreis von zwei Kilometern bei einer der angeschlossenen Filialen wohnt, kann per Smartphone die Lieferung seines in der Postfiliale eingetrudelten Paketes per Rover zu sich nach Hause bestellen. In der Testphase wird der Service kostenlos angeboten.

Die fahrenden Roboter orientieren sich in der Stadt über Laser-Sensoren, sogenannte Leadars, die auch bei unbemannten Straßenfahrzeugen zum Einsatz kommen. Eine ähnliche Technologie verwendet Yandex bei der Entwicklung eines fahrerlosen Taxis, das bereits auf den Straßen der russischen Hauptstadt getestet wird.

Drohnen wieder im Einsatz

Für die russische Post dürfte das Roboter-Projekt vor allem einen Imagegewinn bringen. Denn auch wenn der Konzern sich ein straffes Reformprogramm verordnet hat und landesweit in moderne Sortieranlagen und Logistikzentren investiert, ist es vor allem der Service in den Filialen, der regelmäßig viele Russen zur Weißglut bringt.

Im Übrigen hat die russische Post offensichtlich auch aus seinem missglückten Drohnen-Experiment von 2018 gelernt. Denn nun will der Konzern an der alten Idee festhalten und holte bereits im Juli die russische Hubschrauber-Holding Russian Helicopters als Partner dazu. Der Rüstungskonzern soll nun schon in diesem Jahr unbemannte Fluggeräte liefern, die in entlegenen Regionen Russlands, etwa auf der Halbinsel Tschukotka im äußersten Nordosten des Landes, Pakete in entlegene Dörfer bringen sollen. Verläuft dieser Test erfolgreich, soll das Projekt auch auf andere dünnbesiegelte Gebiete der russischen Arktis ausgeweitet werden.

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Quelle: MDR

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