Tschechien Tschechen können sich teurere Drogen leisten - dank Wirtschaftswunder
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Bislang war Tschechien als Drogenküche Europas bekannt, die den westeuropäischen Markt mit der Billigdroge Crystal beliefert. Doch nun gehen teure Drogen auch den umgekehrten Weg: nach Tschechien. Eine überraschende Folge des Wirtschaftswunders, das unsere Nachbarn gerade erleben.
Die tschechische Wirtschaft brummt. Das Bruttoinlandsprodukt kennt seit Jahren nur einen Trend: nach oben. Allein 2017 legte es um 4,5 Prozent zu. Die Arbeitslosigkeit ist auf ein Rekordtief gesunken und lag 2017 bei 2,9 Prozent - Wirtschaftswissenschaftler sprechen bei derart niedrigen Werten von einer Vollbeschäftigung. Die Firmen haben oft Mühe, die benötigten Arbeitskräfte zu finden oder auch nur zu halten - und locken deshalb mit höheren Gehältern. Das hat einen überraschenden Nebeneffekt. Die Tschechen, die immer mehr Geld in der Tasche haben, können sich immer mehr leisten. Und manche leisten sich offenbar nicht nur ein teureres Auto oder einen längeren Auslandsurlaub, sondern offenbar auch teurere Drogen. Das legt jedenfalls der jüngste Fahndungserfolg der tschechischen Polizei nahe.
Polizei deckt Drogen-Netzwerk auf
Erst kürzlich nahmen die tschechische und die moldawische Polizei einen großen Drogenhändlerring hoch. Die Gruppe, die unter dem Namen "Die Jungs vom Lande" bekannt ist, kaufte in den Niederlanden Kokain und Ecstasy ein und "importierte" sie nach Tschechien. Alle 14 Tage brachten Schmuggler mehrere Kilogramm Drogen nach Tschechien. Dort übernahm ein Netz von Zwischenhändlern den Vertrieb an die Endverbraucher. Neben dem Schmuggel synthetischer Drogen unterhielt die Bande in Tschechien eigene Marihuana-Plantagen. Die Drogen waren vor allem für den Prager und Brünner Markt bestimmt. Der Hauptorganisator war laut Polizei ein Tscheche, der die Geschäfte auch aus Tschechien heraus organisierte.
App organisiert Drogenhandel
Um den Überblick über ihre Geschäfte zu behalten, arbeiteten die Drogenhändler mit einer speziellen App, die über mehrere Jahre hinweg den Lagerbestand, Schulden der Käufer und Bestellungen von Drogen verwaltete, berichtet der Leiter der tschechischen Antidrogen-Zentrale (NPC) Jakub Frydrych. Die Verhafteten stammen aus Tschechien und der Republik Moldau. Die tschechische Polizei hat 14 Tatverdächtige angeklagt. Ihnen drohen Gefängnisstrafen von bis zu 18 Jahren.
Teure Drogen auf dem Vormarsch
Der Fall sticht hervor, weil Tschechien bisher eher als Küche für die billige Droge Crystal Meth bekannt war, mit der es Deutschland und Westeuropa belieferte. So belegt eine Statistik aus dem Europäischen Drogenbericht 2017, dass 2015 und 2017 am häufigsten Methamphetamine bzw. Crystal Meth in Tschechien beschlagnahmt wurde.
Jetzt gehen die Drogen aber offenbar den umgekehrten Weg, von Westeuropa nach Tschechien. Und zwar die deutlich teureren Drogen. "Es gibt in letzter Zeit einen eindeutigen Trend nach oben, was die Beliebtheit und den Konsum von Kokain angeht," sagt Jiří Plesl, der Leiter des Drogen-Zentrums "Drop In". Jakub Frydrych erklärt das mit der ausgesprochen guten Wirtschaftslage. "Wir beobachten dass das Angebot an hochwertigem Kokain zunimmt, was ganz offenkundig mit der steigenden Kaufkraft zu tun hat, insbesondere in den großen Zentren", sagt er.
So verhalf das tschechische Wirtschaftswunder der Drogenbande zu Gewinnen von mehreren Milliarden Kronen. Ein Gramm Kokain kostet auf dem tschechischen Schwarzmarkt rund 1.200 bis 3.000 Kronen (umgerechnet 47 bis 118 Euro).
Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: MDR aktuell | 09.01.2018 | 17:45 Uhr